Atomwaffen-Abrüstung Atomwaffen-Abrüstung: Hat Kim Jong Un Trump hinters Licht geführt?

Von Eric Talmadge, AP

5.7.2018

Wirklich Handfestes wurde beim historischen Trump-Kim-Gipfel in Singapur nicht vereinbart. Doch Nordkorea scheint es mit der nuklearen Abrüstung alles Andere als ernst zu meinen. Anlass genug für US-Chefdiplomat Pompeo, erneut ins Land zu reisen. Es sollen endlich Taten folgen.

Dreieinhalb Wochen nach dem Gipfel in Singapur wird US-Aussenminister Mike Pompeo erstmals nach Pjöngjang reisen. Seine grösste Aufgabe dürfte ab Freitag sein, die wachsende Skepsis darüber auszuhebeln, ob Nordkorea es mit der nuklearen Abrüstung tatsächlich ernst meint. Bereits zweimal hat Pompeo Staatschef Kim Jong Un getroffen. Nach Händeschütteln und Small Talk sollte es nun also um Konkretes gehen.

Medien berichteten zuletzt unter Berufung auf Geheimdienste, Nordkorea baue die Infrastruktur für sein Atom- und Raketenprogramm aus. Dies wäre kein Verstoss gegen Versprechen, die Kim in Singapur gegeben hat. Ausserdem wäre es auch nicht besonders überraschend, wenn Pjöngjang die Entwicklung seiner Technik so lange fortsetzt, bis es unmissverständlich zustimmt, das Gegenteil zu tun.

War alles nur ein leeres Versprechen? Kim Jong Un zeigt derzeit keine Anzeichen dafür, dass er sein Atomwaffen-Arsenal wirklich abrüsten will.
War alles nur ein leeres Versprechen? Kim Jong Un zeigt derzeit keine Anzeichen dafür, dass er sein Atomwaffen-Arsenal wirklich abrüsten will.
Bild: Keystone

Zugleich verdeutlicht der etwaige Ausbau: Nordkorea hat in Singapur keine besonders grossen Zugeständnisse gemacht. Nun testet das Land höchstwahrscheinlich aus, wie weit es angesichts der aktuellen Situation ohne Konsequenzen gehen kann.

Um dem zu begegnen, müssten die USA eine Aufzählung des nordkoreanischen Raketen- und Atomwaffenarsenals sowie der entsprechenden Einrichtungen bekommen. Danach müsste Pjöngjang sein Einverständnis geben, Beobachter zur Bestätigung dieser Informationen ins Land zu lassen - die dann wiederum auch beaufsichtigen müssten, was tatsächlich am Boden passiert. Wäre dies getan, müsste noch ein Zeitplan mit spezifischen Schritten und Fristen ausgearbeitet werden. Unklar ist bei diesen Gedankenspielen aber, wie stark Washington Pjöngjang nun drängen wird.

Abrüstungsplan binnen eines Jahres

Nach dem Gipfel von US-Präsident Donald Trump und Kim in Singapur waren die Botschaften aus dem Weissen Haus sehr unterschiedlich. Trump twitterte in dieser Woche, ganz Asien sei angesichts des historischen Treffens begeistert. «Ohne mich wären wir jetzt im Krieg mit Nordkorea!», schrieb er.

Sein Nationaler Sicherheitsberater John Bolton sagte am Sonntag, Pompeo werde der nordkoreanischen Führung einen Abrüstungsplan binnen eines Jahres vorlegen. Tage später ruderte eine Sprecherin im Aussenministerium dann zurück.

Die Enthüllung von Geheimdienstinformationen kurz vor Pompeos Reise könnte absichtlich erfolgt sein, um Pjöngjang wissen zu lassen, dass es sorgfältig beäugt wird. Sie kann aber auch als Warnung der US-Geheimdienste an die eigene Regierung gedeutet werden, die Trumps rosige Einschätzungen mit Sorge betrachten.

Unterdessen wird im US-Kongress ein Gesetzentwurf erwogen, demzufolge alle Vereinbarungen Trumps mit Kim durch die Abgeordneten gebilligt werden müssten. Nach Vertrauen in den Präsidenten sieht das nicht unbedingt aus.

Wichtiger als die Frage nach den Zielen Washingtons ist, wie viel Kim aufzugeben bereit wäre. Wesentliche Veränderungen seit der Neujahrsansprache des Machthabers hat es bislang nicht gegeben. Damals bekundete Kim seinen Wunsch, diplomatische Gespräche mit dem Nachbarn Südkorea aufnehmen zu wollen. Als politisches Ziel schrieb er aus, die Wirtschaft stärken und ausländische Beziehungen verbessern zu wollen, schliesslich habe die Nation ihre Atomstreitmacht «perfektioniert».

Kim will «maximalen Druck» auflösen

Kim hat zudem versprochen, sein Land sei eine «vernünftige, Frieden liebende Atommacht». Es werde seine Nuklearwaffen lediglich einsetzen, wenn «feindliche Kräfte» die Souveränität und Interessen des Landes verletzten.

In Singapur bekräftigte er erneut, sich der nuklearen Abrüstung auf der koreanischen Halbinsel verpflichtet zu fühlen. Eine zeitliche Angabe blieb aber aus. Kims Unterschrift unter der Vereinbarung von Singapur ist daher bei Weitem kein konkretes Versprechen, sein über Jahre entwickeltes Arsenal ohne Zugeständnisse aufzugeben. Gerade das sei ja nun der Grund für Trump gewesen, ihm überhaupt auf gleicher Augenhöhe zu begegnen, sagte der Staatschef gar.

Kims Spiel ist deutlich komplexer als das Aushandeln einiger Deals mit dem US-Präsidenten. Auch wenn er Trump einmal getroffen hat - mit Chinas Präsident Xi Jinping kam er bereits dreimal zusammen. Peking hat in Kims Strategie mit Washington bedeutendes Gewicht und das wird es auch behalten, egal welchen Weg Nordkorea einschlägt.

Nicht zu vergessen sind die zwei Treffen Kims mit dem südkoreanischen Präsidenten Moon Jae In. Sie öffneten kulturellem Austausch und Verhandlungen über Wirtschaftsprojekte die Tür, um etwa Nordkoreas Infrastruktur zu verbessern. Vor einem Jahr wären solche Massnahmen noch undenkbar gewesen, da Trump auf eine harte Sanktionspolitik des «maximalen Drucks» gesetzt hatte. Während Pompeo also bei einem Treffen mit dem Machthaber bedeutende Schritte zur nuklearen Abrüstung aushandeln könnte, ist für Kim das Wichtigste, den «maximalen Druck» aufzulösen.

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