Umstrittene Operation Armee findet Waffen und Fotos der Geiseln im Al-Schifa-Spital

Von Philipp Dahm

17.11.2023

Israels Armee: Waffen im Schifa-Krankenhaus gefunden

Israels Armee: Waffen im Schifa-Krankenhaus gefunden

Die israelische Armee hat nach eigener Darstellung im Schifa-Krankenhaus im Gazastreifen Waffen gefunden. Der Einsatz in der Klinik dauere noch an. In einer Abteilung der Klinik sei ein Zimmer mit spezieller Technologie und Kampfausrüstung der islamistischen Hamas gefunden worden, hiess es.

16.11.2023

Die israelische Armee will bei ihrem Militäreinsatz im Al-Schifa-Spital nicht nur Waffen der Hamas, sondern auch Fotos der Geiseln gefunden haben. Die Operation findet Unterstützung wie Kritik.

Von Philipp Dahm

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Die israelische Armee beklagt schon seit Langem, Hamas betreibe in Tunneln unter dem Al-Schifa-Spital ein Kommando-Zentrum.
  • Die USA wollen dafür ebenfalls eigene Beweise haben.
  • Seit dem 15. November ist dort eine Militär-Operation im Gange.
  • Die Armee präsentiert nun Waffen, die im Spital gefunden worden sein wollen. Auch Fotos der Geiseln habe man entdeckt.
  • Beschlagnahmte Computer werden ausgewertet.
  • Die UN und Saudi-Arabien kritisieren die israelische Operation im Al-Schifa-Spital.

Das Al-Schifa-Spital hat eine bewegte Geschichte. Ursprünglich gehörte es zur Kaserne der früheren Kolonialmacht Grossbritannien. 1946 wurde es in ein Zentrum für Personen mit ansteckenden Krankheiten umgewandelt. Ab 1948 avancierte der Ort zum zentralen Spital von Gaza.

Nach dem Sechs-Tage-Krieg 1967 übernahm das israelische Militär die Kontrolle: Ausgerechnet unter ihnen wurde das Spital ausgebaut und erweitert, wobei auch Teile jener unterirdischen Anlagen gebaut wurden, die heute angeblich als Schlupfwinkel für die Hamas dienen sollen. 2005 haben die Palästinenser das Kommando übernommen.

Ende Oktober etwa warnt der israelische Konteradmiral Daniel Hagari, unter dem Al-Schifa-Spital betreibe die Hamas eine Kommandozentrale. «Terroristen» würden sich dort wie auch in anderen Kliniken «frei bewegen».

Warum Al-Schifa? «Damit ihr sie nicht angreift»

Die rund 4000 Angestellten und die Patienten in den 1500 Betten würden als Schutzschilde genutzt, sagt Hagari und präsentiert eine entsprechende Infografik – zu sehen im unten stehenden Post.

Bestätigt werde das durch gefangene Hamas-Kämpfer wie Amer Abu Awash, berichtet der «Guardian», der in einer Befragung aussagt: «Im Al-Schifa-Spital gibt es Untergrundgeschosse. Al Schifa ist nicht klein, es ist ein grosser Ort, der genutzt werden kann, um Dinge zu verstecken.» Warum Hamas sich dort verschanze? «Damit ihr sie nicht angreift», sagt Awash.

Israelische Armee stürmt Al-Schifa-Krankenhaus in Gaza-Stadt

Israelische Armee stürmt Al-Schifa-Krankenhaus in Gaza-Stadt

Die israelische Armee ist in das Al-Schifa-Krankenhaus in Gaza-Stadt eingedrungen und hat mehrere Hamas-Kämpfer getötet. Nach Angaben der Hamas sind im Spital hunderte Patienten und Tausende Zivilisten eingeschlossen.

16.11.2023

Am 15. November rückt die israelische Armee deshalb gegen das Spital vor, in dessen Komplex sich laut den UN um die 15'000 Menschen befinden sollen. Sie tötet angeblich fünf Hamas-Kämpfer, ohne eigene Verluste beklagen zu müssen. Nach eigenen Aussagen leisten die Soldaten anschliessend Hilfe bei verbliebenen Patienten.

Angeblich Waffen und Fotos der Geiseln entdeckt

Nun präsentiert die Armeeführung Ergebnisse der militärischen Razzia: Angeblich wurden im medizinischen Bereich des Spitals massenhaft Waffen entdeckt. Maschinengewehre, Granaten und Schutzwesten wollen die Israeli hinter Ausrüstung wie einem Magnetresonanz-Tomografen gefunden haben.

Ein Bild aus einem Video der israelischen Armee vom 15. November, in dem beschlagnahmte Waffen aus dem Al-Schifa-Spital präsentiert werden.
Ein Bild aus einem Video der israelischen Armee vom 15. November, in dem beschlagnahmte Waffen aus dem Al-Schifa-Spital präsentiert werden.
AP

Die Terrristen sollen aber nicht nur Waffen in dem Spital lagern. «Wir haben viele Computer und andere Ausrüstung beschlagnahmt, die Aufschluss über die derzeitige Lage geben könnten – hoffentlich auch mit Blick auf die Geiseln», erklärt Oberstleutnant Jonathan Conricus der BBC, die die Razzia begleiten durfte.

Tatsächlich habe die Armee auf einem Laptop Bilder der Geiseln gefunden, die nach dem 7. Oktober entstanden seien. Die Hamas sei «einige Tage zuvor» noch dort gewesen. Überprüfen lassen sich diese Angaben allerdings nicht. 

Völkerrechtsbruch und Kriegsverbrechen

Das Weisse Haus hat am 14. November mitgeteilt, es habe eigene Beweise dafür, dass die Hamas das Al-Schifa-Spital als Zentrale nutze. «Das ist ein Kriegsverbrechen», zitiert «Reuters» Sprecher John Kirby.  Grünes Licht für den israelischen Militär-Einsatz habe man aber nicht gegeben, bemüht sich Washington einen Tag später eiligst zu erklären.

Weitere Waffen aus dem Zentrum für Magnetresonanz-Therapie, die die israelische Armee am 15. November präsentiert.
Weitere Waffen aus dem Zentrum für Magnetresonanz-Therapie, die die israelische Armee am 15. November präsentiert.
AP

Die Hamas behauptet, dass bei der Durchsuchung unterirdischer Ebenen Mitarbeiter festgenommen worden seien, die für den Betrieb der technischen Anlagen des Spitals zuständig seien. Verifizieren lässt sich das nicht. Saudi-Arabien verurteilt Israels Militäraktion innerhalb des Schifa-Krankenhauses im Gazastreifen scharf: Aus Riad heisst es, es handle sich um einen offenkundigen Verstoss gegen das Völkerrecht.

Kritik an der Militär-Operation kommt auch von den UN. Man habe zwar keine eigenen Kenntnisse von dem Geschehen, doch es sei «klar, dass Spitäler auf keine Art und Weise in irgendeinem Kampf genutzt werden dürfen. Sie sind durch das humanitäre Völkerrecht geschützt», betont Sprecher Stephane Dujarric in New York.

Mit Material von AP.