Nachhaltige Mode Fair Fashion – ein Überblick über den Label-Dschungel

Jule Zentek, dpa/mit

24.3.2019

Die Frage der Nachhaltigkeit beschäftigt die Mode. Sogar viele der günstigeren Ketten haben inzwischen eigene Eco-Linien und -Siegel.
Die Frage der Nachhaltigkeit beschäftigt die Mode. Sogar viele der günstigeren Ketten haben inzwischen eigene Eco-Linien und -Siegel.
Source: Armedangels

Fair produzierte Mode hat längst nicht mehr nur mit schnöden Leinenhemden und Baumwollhosen zu tun. Nur leider ist die Begriffsvielfalt nach wie vor verwirrend: Was macht nachhaltige Mode genau aus, und wo kann man sie kaufen?

Vier Modekollektionen jährlich, für jede Jahreszeit eine – das war einmal. Längst bringen die Textilfirmen bis zu zwölf Kollektionen im Jahr in die Läden. Weltweit werden jedes Jahr 100 Milliarden Kleidungsstücke angefertigt. Die Fashion-Branche will bis 2030 um 60 Prozent wachsen.

Etwa 220 Franken – so viel geben die Schweizer monatlich für Mode aus. 40 Prozent von 500 Deutschschweizerinnen gaben 2018 in einer Umfrage des Kleinanzeigenportals Tutti.ch an, die Hälfte ihrer Kleider in den letzten zwölf Monaten nicht getragen zu haben.

Würden wir Kleidergenossinnen und -genossen jetzt sofort aufhören, Mode zu kaufen, könnten wir mit der vorhandenen Garderobe sage und schreibe sieben Jahre lang auskommen. Fast Fashion nennt sich diese Art von Hamsterkäufen.

Es gibt einen Gegentrend

Doch es gibt einen Gegentrend: Neben der Nutzung von ökologischem Material wollen immer mehr Menschen, dass ihre Kleidung unter fairen Arbeitsbedingungen produziert wird – die Slow Fashion.

Hessnatur produziert seine Mode gemäss den Anforderungen des Global Organic Textile Standards (GOTS) und der Fair Wear Foundation.
Hessnatur produziert seine Mode gemäss den Anforderungen des Global Organic Textile Standards (GOTS) und der Fair Wear Foundation.
Source: Hessnatur

Die Nachfrage nach fair produzierter Mode nimmt zu, ist global betrachtet jedoch immer noch im unbedeutenden Bereich, weltweit soll sie bei gerade mal fünf Prozent liegen. Und das ist eine eher optimistische Schätzung.

Auch in der Schweiz ist das nicht anders: Laut einer Erhebung von Swiss Fair Trade lag der Umsatz mit fair produzierten Textilien in der Schweiz zwischen 2015 und 2016 bei 25,5 Millionen Franken. Dazu zählen allerdings nur Produkte, die von Swiss Fair Trade selber angeboten werden.

Zum Vergleich: Inditex, der Mutterkonzern des spanischen Textilkonzerns  Zara, verzeichnete allein in den ersten sechs Monaten dieses Jahres einen Umsatz von 12 Milliarden Euro – weltweit wohlgemerkt.

Fair, nachhaltig oder eco-fair – wo liegen die Unterschiede?

Viele Begriffe tummeln sich in der nachhaltigen Modewelt. Auf den ersten Blick scheinen sie ähnlich, doch es gibt Unterschiede. Wer von fairer Mode spricht, meint gute Arbeitsbedingungen entlang der Produktionskette.

«Grün» ist Mode, wenn sie aus ökologisch abbaubaren Materialien besteht und bei der Herstellung weitestgehend auf den Einsatz von Chemikalien verzichtet wurde.

Hersteller, die ihre Mode nach ökologische und soziale Kriterien fertigen lassen, können das mit einem Label verdeutlichten. Zum Beispiel trägt die Marke Lanius das «Global Organic Textile»-Siegel 
Hersteller, die ihre Mode nach ökologische und soziale Kriterien fertigen lassen, können das mit einem Label verdeutlichten. Zum Beispiel trägt die Marke Lanius das «Global Organic Textile»-Siegel 
Source: Lanius

Beide Aspekte lassen sich aber auch vereinen, erklärt Sophia Schneider-Esleben, Designerin für Nachhaltigkeit aus Kassel. «Eco-fair fasst ökologische Materialien und faire Produktionsbedingungen zusammen.» Auch hier wird so wenig Chemie wie möglich eingesetzt.

Schwierig ist es mit dem Begriff «nachhaltig». Denn was nachhaltig ist und was nicht, wird von jedem Designer und Label anders interpretiert. «Die meisten setzen daher Schwerpunkte und spezialisieren sich entweder auf den fairen oder ökologischen Aspekt», sagt Dominique van de Pol, Mode- und Trendexpertin für Nachhaltigkeit aus Essen.

Nur wenige Kleidermarken vereinen beides. Was einem selbst am Herzen liegt, muss also jeder für sich selbst entscheiden.

Wie erkennt man faire und ökologische Mode?

Ob auf diese Aspekte geachtet wurde, zeigen zertifizierte Siegel. Meistens sind sie direkt am Etikett angebracht. Die App «Siegelklarheit», sie kann kostenlos in iTunes und im Google Play Store runtergeladen werden, kann helfen, sie zu verstehen: Dazu einfach das Siegel mit der Kamera des Smartphones scannen und die Informationen so abrufen.

Wer von fairer Mode spricht, meint gute Arbeitsbedingungen entlang der Produktionskette.
Wer von fairer Mode spricht, meint gute Arbeitsbedingungen entlang der Produktionskette.
Source: Kay Nietfeld

Welche Siegel sind am bekanntesten?

Siegel und Zertifikate helfen bei der Auswahl der Produkte. Leider gibt es noch kein einheitliches Siegel für ökologisch und fair hergestellte Produkte, deshalb sollte man nach Kleidung suchen, die möglichst mehrere Siegel tragen.

Allen voran steht das «Global Organic Textile»-Siegel (GOTS). Es hat strenge ökologische und soziale Kriterien entsprechend der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO).

Die strengsten Richtlinien für eine nachhaltige und soziale Textilproduktion in Europa hat das «Naturtextil IVN Zertifiziert BEST»-Siegel vom Internationalen Verband der Naturtextilwirtschaft (IVN). Bei Outdoor-Produkten weist das Siegel von Blue Sign darauf hin.

Von Fairtrade gibt es gleich zwei Siegel: Das Baumwoll-Siegel deckt die erste Stufe der Textil-Produktion ab und steht für umweltschonend und fair produzierte Rohbaumwolle. Von dort bis hin zum fertigen Produkt setzt der Fairtrade-Textilstandard an. Er achtet auch auf faire Arbeitssituation entlang der Lieferkette. Ebenfalls darauf achten das Siegel der Fair Wear Foundation (FWF).

Das Problem: «Manche Labels können sich eine Zertifizierung nicht leisten», erklärt Designerin Schneider-Esleben. Sie empfiehlt, sich gerade bei kleineren Labels im Internet oder im Geschäft beim Händler über die Produktionsbedingungen zu informieren.

Sind diese Kleidungsstücke nicht teuer?

Selbst mit kleinem Budget findet man mittlerweile bei den grossen Ketten Kollektionen aus Bio-Materialien. «Durch den gezielten Kauf von Bio-Kollektionen zeigt man dem Unternehmen, wohin die Richtung gehen sollte», sagt van de Pol. Der Preis für ein T-Shirt aus Bio-Baumwolle liegt dabei oft nur minimal höher als der für ein Marken-T-Shirt aus konventioneller Baumwolle.

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