NaturromantikEin wunderbares Land zum Wandern: Schweden
Karolin Krämer, dpa
23.5.2018
Wandern hat in Schweden Tradition: Schon vor mehr als 100 Jahren legte der Wanderverein STF den Grundstein für den Kungsleden. Heute zählt der Königspfad zu den bekanntesten Wanderwegen Skandinaviens. Die Wildnis lässt Einsamkeit vermuten – doch allein ist man nicht.
Moosgrüne Ebenen, glasklare Bäche, grasende Rentiere: Der Kungsleden – übersetzt Königspfad – erfüllt jegliche Klischees, die man von Schweden nur haben kann. Unterteilt in einen südlichen und nördlichen Teil, verläuft der längste Fernwanderweg Schwedens auf rund 800 Kilometern.
Entlang der norwegischen Grenze schlengelt er sich durch wilde Birkenwälder, über glitzernde Schneefelder und bergige Fjällregionen. Eine Tour mit Zelt und Kocher:
Tag 1: Mit dem Zug Richtung Norden
Etwa 440 Kilometer misst der nördliche Kungsleden, unterteilt ist er in fünf Abschnitte. Wir wählen den südlichsten. Von Ammarnäs führt er auf rund 78 Kilometern durch das Naturreservat Vindelfjällen nach Hemavan.
Mehrmals am Tag fahren die Züge der Bahngesellschaft SJ von Stockholm nach Östersund. Von dort aus geht es weiter mit dem Länstrafiken-Bus, zunächst bis Sorsele, schliesslich bis Ammarnäs. 14 Stunden dauert die gesamte Fahrt, vorbei an Wäldern und Seen, durch abgelegene Dörfer mit blutroten Häusern und uralten Scheunen.
Wanderer auf dem Kungsleden: Regenschutz gehört für Feriengäste auf jeden Fall ins Gepäck.
Bild: Gösta Fries
Der gesamte Abschnitt des Kungsleden zwischen Ammarnäs und Hemavan ist gut sichtbar mit roten Kreuzen markiert.
Bild: Karolin Krämer
Immer am Wasser entlang: Rund zehn Kilometer führt der Weg entlang des tiefblauen Flusslaufes, der sich zwischen den imposanten Bergen des Syterskalet hindurchschlängelt.
Bild: Karolin Krämer
Rentier entlang des Kungsleden: Wanderer haben große Chancen, den Tieren zu begegnen.
Bild: Martin Olson
Idyllisch gelegen: die Hütte Syterstugan.
Bild: DPA
Imposante Bergspitze vor rosa Himmel: 1767 Meter misst der höchste Gipfel des Vindelfjällen Naturreservats, der Norra Sytertoppen.
Bild: Karolin Krämer
Blick auf Vindelfjällen, etwa eine Meile östlich von Tärnasjön – hier zeigen sich Rentiere.
Bild: Martin Olson
Einsam stehen die Wanderhütten entlang des nördlichen Kungsleden in der Landschaft.
Bild: Martin Olson
Bereits von weitem lässt sich der umfassende Ausblick hinter der Viterskalsstugan erahnen.
Bild: Karolin Krämer
Nordische Wildnis in Vindelfjällen – der nördliche Kungsleden führt mitten durch das Naturreservat.
Bild: Martin Olson
Hinter der Viterskalsstugan kann man noch einmal den Ausblick über die tiefgrüne Tundra-Vegetation geniessen, bevor es hinunter nach Hemavan geht.
Bild: Karolin Krämer
Unterwegs im Reservat Vindelfjällen – die Baumgrenze ist in Skandinavien deutlich niedriger als in den Alpen.
Bild: Martin Olson
Brücke über den Tärnasjö – der nördliche Kungsleden lässt sich bequem erlaufen.
Bild: Martin Olson
Am späten Abend kommen wir in Ammarnäs an. Im Gegensatz zum T-Shirt-Wetter in Stockholm sind hier Jacke und lange Hose angesagt. Selbst im August kann es nachts auf frische 3 bis 5 Grad abkühlen, während am Tag auch mal die 20-Grad-Marke geknackt wird. Die lange Robe zu später Stunde schützt außerdem vor den vielen Mücken, die uns während der Suche nach einem geeigneten Zeltplatz umschwirren.
Tag 2: Rentiere, Regen – und die erste Sauna
Kurz hinter Ammarnäs führt der Weg am nächsten Tag oberhalb des Tjulån-Tals durch einen Wald und hinauf zur ersten von insgesamt fünf bewirtschafteten Hütten. Für rund 45 bis 50 Euro pro Person kann man hier nächtigen. Mit 800 Metern liegt die Aigertstugan bereits an der Grenze zur baumlosen Bergtundra.
Besonders für Familien und Saunaliebhaber scheint die acht Kilometer kurze Wanderung zur ersten Hütte ein beliebtes Ausflugsziel zu sein. «Hier gibt es die beste Sauna», ruft uns ein junger Vater zu. «In 18 Kilometern gibt es zwar noch eine», fügt er hinzu, «aber das hier ist die beste.»
Wenig später begegnen wir dem schwedischen Nationalmaskottchen. Knapp zehn Meter vor uns grast eine Rentier-Herde. Kurz darauf passieren wir den höchsten Punkt der Etappe, die Juovvatjåhkka-Rasthütte. Bereits ab 1200 Metern beginnt in dieser Region die alpine Zone.
Das merkt man. Es ist merklich kühler hier, windig und sehr neblig. Ausserdem setzt ein heftiger Regen ein. Doch selbst bei schlechter Sicht sind die grossen roten Wegkreuze des Kungsledens noch gut zu erkennen.
Tag 3: Eine Moränenlandschaft und noch mehr Saunen
Weiter geht es an Tag drei zur Hütte Tärnasjöstugan, die an einem mit Steinen gesäumten See liegt, dem Tarnasjö. Nach wenigen Sekunden taucht ein älterer Schwede mit Handtuch über der Schulter auf: «Hier werden gleich sehr viele nackte Menschen rauskommen und in den See springen», warnt er und deutet auf die Sauna neben dem Steg. Bevor es zur unfreiwilligen Begegnung kommt, gehen wir weiter.
Auf dem Weg zur Syterstugan zeigt sich die wohl interessanteste Landschaft der Wanderung. Der Weg verlässt irgendwann den See. Kurz darauf erschließt sich eine Moränenlandschaft, bestehend aus kleinen Inselchen, Seen und Teichen, die durch sieben Brücken miteinander verbunden sind.
Überhaupt ist dieser Teil des nördlichen Kungsledens ausgesprochen wanderfreundlich gestaltet, zumindest im Vergleich zu manchen Abschnitten der südlichen Route, wo man auch mal mit nassen Füssen rechnen muss. Nach einem kurzen Anstieg taucht die Syterstugan umrahmt von zwei Flussläufen auf. Mittlerweile scheint auch die Sonne wieder, und das steinige Ufer lädt zum kurzen Nickerchen ein.
Als wir die Augen wieder öffnen, springt vor uns eine Horde Senioren durch die Fluten des Svärfarsbäcken, dem Schwiegervaterbach. Die Vermutung liegt nahe, dass es auch hier eine Sauna gibt.
Tag 4: Naturromantik im Syterskalet
Am Vorabend der letzten Etappe schlagen wir unser Zelt an einem kleinen Fluss im Syterskalet auf. Das Tal zieht sich wie ein langer Korridor durch das Bergmassiv Norra Storfjället und führt von Syterstugan zur zwölf Kilometer entfernt gelegenen Viterskalsstugan.
Wir folgen dem Weg durchs Tal, wo am Abend warme Luft weht, während die Sonne den Bewuchs an den tiefvioletten Hängen zum Leuchten bringt. Später glüht der Himmel rosarot hinter den schneebedeckten Bergspitzen.
Tag 5: Gebirgspanorama am Urstrom-Tal
Hinter der Viterskalsstugan erwartet uns zum Ende der Wanderung ein weiterer Höhepunkt: der Ausblick über die tiefgrüne Tundravegetation und das weite U-Tal. Der Abstieg nach Hemavan hingegen ist vergleichsweise unspektakulär.
Durch verwucherte Birkenwäldchen und über kleine Pfade erreichen wir gegen Abend das Naturmuseum des kleinen Skiörtchens. Nach fünf Tagen mit Zelt und ohne Dusche steht uns der Sinn vor allem nach einem: einer schönen, warmen Sauna.
Wandern in Schweden: Kungsleden
Ausrüstung: Mückenschutz - in Form von Spray oder dicht gewebter Kleidung - sollte obligatorisch sein. Zugleich bieten die zahlreichen Flüsse und Seen dem Wanderer einen grossen Vorteil: Nahezu alle Fliessgewässer können bedenkenlos als Trinkwasserquellen genutzt werden, man muss keine grossen Wasservorräte mitschleppen.
Wildcampen: In Schweden gilt das Jedermannsrecht. So darf man sein Lager für eine Nacht an einem beliebigen Platz aufschlagen, wenn man Rücksicht auf Flora und Fauna nimmt.
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