Immer mehr ZwischenfälleTod durch Selfie – wie weit geht man für ein Foto?
dpa/mit
7.1.2019
Wenn das perfekte Foto mit dem Leben bezahlt wird: Mehr als 30 Inder sterben jedes Jahr beim Selfie-Machen. Daran ändern auch Verbotszonen nichts. Auch in der Schweiz kommt es immer wieder zu Zwischenfällen, zuletzt entlang der Geleise der Rhätischen Bahn.
«Ist das nicht verboten?» fragt ein Twitter-User die Rhätische Bahn (RhB) über das soziale Netzwerk. Das Bild zeigt zwei Personen, die sich gefährlich nahe an den Geleisen auf dem Landwasserviadukt bei Filisur (GR) aufhalten – während eine Bahn heranfährt. Es sieht so aus, als würden die beiden für ein Foto posieren. Simon Rageth von der Unternehmenskommunikation der Rhätischen Bahn gibt bei «20 Minuten» an, dass es sich beim Zug im Hintergrund um eine Inbetriebsetzung von Steuerwagen handle, der Zug also ausserfahrplanmässig verkehre. Die Personen auf dem Bild können also unmöglich gewusst haben, dass zu diesem Zeitpunkt ein Zug über das Viadukt fährt. Eine lebensbedrohliche Situation.
Lieber Jan, Ja, das siehst du richtig. Dies ist nicht nur verboten, sondern auch lebensgefährlich. Wir können nur an den Verstand von jedem Menschen appellieren, dass solche gefährlichen Situationen nicht mehr vorkommen. Beste Grüsse Rhätische Bahn
Auch im Top-Urlaubsziel Sri Lanka begeben sich Touristen vor pittoresken Kulissen immer wieder in Gefahr. Traumstrände, Natur, wilde Elefanten – Sri Lankas Charme zieht Touristen an. Darunter eine 35-jährige Deutsche, die vor wenigen Wochen den Horton-Plains-Nationalpark im zentralen Hochland des Inselstaates besuchte. An einer mehr als 1'000 Meter hohen Klippe, die «World's End» genannt wird, wollte sie ein Selfie machen – und stürzte in den Tod.
Der weltweit beliebte Reiseführer «Lonely Planet» hat Sri Lanka zum Top-Reiseziel im kommenden Jahr erklärt. Eine gute Nachricht für das Land im Indischen Ozean, das neun Jahre nach dem Ende eines jahrzehntelangen Bürgerkrieges die Einnahmen aus dem Tourismus gut gebrauchen kann. Umso wichtiger, dass sich Tragödien wie die der deutschen Touristin nicht häufen.
Doch mit ihrer Vorliebe, sich selbst vor schönen Kulissen zu fotografieren, begeben sich Touristen nicht selten in Gefahr – in Sri Lanka zum Beispiel auf den pittoresken Bahnstrecken durch den Dschungel des Landesinneren. «Die Zahl der Ausländer, die aus fahrenden Zügen auf das Trittbrett steigen, um Selfies zu machen, nimmt zu», sagt der Sicherheitschef von Sri Lankas Bahngesellschaft, Anura Premaratna. «Unsere Schaffner müssen ihnen ständig sagen, dass sie im Wagen bleiben sollen.»
In diesem Jahr hat es ihm zufolge schon 450 Todesfälle auf den Zugstrecken Sri Lankas gegeben – wie viele davon bei Selfies passierten, sei statistisch nicht erfasst. Ein vergangenes Jahr beschlossenes Selfie-Verbot auf Bahnschienen werde bisher nicht durchgesetzt.
Sogar Fahrten mit der Rolltreppe dienen als Motiv
Der grosse Nachbar Indien ist aber mit Abstand das Land mit den meisten Selfie-Toten, wie zwei Studien ergeben haben. Forscher der indischen Universitätskrankenhaus-Kette AIIMS berichteten vor wenigen Monaten, es habe zwischen Oktober 2011 und November 2017 weltweit 259 Todesfälle beim Selbstfotografieren gegeben – etwa die Hälfte davon in Indien.
Im Jahr 2016 hatten Wissenschaftler des Instituts für Informationstechnologie (IIT) in Delhi und der US-amerikanischen Carnegie Mellon University eine Studie mit ähnlichen Ergebnissen präsentiert. Mit weitem Abstand folgen demnach hinter Indien Länder wie Pakistan, Russland und die USA. Seit März 2014 seien 139 Inder beim Selfie-Machen gestorben, sechs davon ausserhalb Indiens, erklärt Ponnurangam Kumaraguru, einer der Autoren der IIT-Studie. Hinzu kämen fünf Ausländer in Indien.
Ein Grund für die hohen Zahlen mag Indiens Bevölkerungszahl von 1,3 Milliarden Menschen sein. Eindeutig ist das Selbstfotografieren auf dem Subkontinent aber auch weiter verbreitet als in manch anderen Ecken der Welt. Leute mit ausgestrecktem Arm und auf sich selbst gerichtetem Handy sieht man in indischen Städten überall: in Restaurants, Einkaufszentren, U-Bahnen, Flugzeugen – oder einfach auf der Strasse. Selbst eine Fahrt auf einer Rolltreppe ist für manche offensichtlich denkwürdig genug, fotografisch festgehalten zu werden.
Selfies mit Touristen sind beliebt
Ein Phänomen, das wohl die meisten Indien-Besucher kennen, ist es, dass Inder gerne auf Ausländer zugehen, um mit ihnen Selfies aufzunehmen – manchmal, ohne vorher zu fragen. Ein junges Paar aus der Schweiz wurde vergangenes Jahr im bei Touristen beliebten Ort Fatehpur Sikri von einer Gruppe indischer Jugendlicher übel zusammengeschlagen – Berichten zufolge, weil sie ein gemeinsames Selfie abgelehnt hatten.
Fremdenführer erzählen, sie müssten Touristen inzwischen vor aggressiven Selfie-Anfragen schützen. Fotos – vorzugsweise mit jungen, weissen Frauen – mit der Kennung #selfiewithforeigner (Selfie mit Ausländer) machen unter Indern in sozialen Medien die Runden.
Kumaraguru, Co-Autor der IIT-Studie über Selfie-Todesfälle, führt den Selfie-Wahn darauf zurück, dass viele Inder erst seit kurzem Zugang zu internetfähigen Handys haben. Billig-Smartphones und mobile Internetdaten für wenig Geld machten dies möglich. «Und jedes neue Handy wird in Werbungen vor allem als Kamera vermarktet», sagt er. Ausserdem hänge es damit zusammen, dass zwei Drittel der Bevölkerung jünger als 35 Jahre sind. Ein gewisser Hang der jungen Inder zur Selbstdarstellung spiele wohl auch eine Rolle.
No-Selfie-Zonen werden eingerichtet
Den Studien zufolge sind es vor allem junge Männer, die riskante Selfies machen – etwa an Klippen, auf den Dächern hoher Gebäude oder am Rande von Gewässern. Ertrinken ist demnach eine häufige Todesursache. In der indischen Unterhaltungs- und Finanzmetropole Mumbai und im bei Urlaubern beliebten Küstenbundesstaat Goa gibt es inzwischen Orte, an denen Selfies verboten sind. An einer neuen Brücke in Delhi soll eine Ecke für Selfies eingerichtet werden, nachdem Menschen sich aus fahrenden Autos lehnten und auf der Brücke herumkletterten, um besonders gute Fotos zu schiessen.
Die «No-Selfie Zones» in Mumbai und Goa zeigten kaum Wirkung, zumal sie nicht ausgeschildert seien, sagt Kumaraguru. Der IT-Professor und Experte für soziale Medien meint, eine bessere Lösung zu haben: Zusammen mit Kollegen hat er eine App namens Saftie entwickelt, die eine Datenbank mit rund 7'000 Orten weltweit enthält, an denen es gefährlich sein kann, ein Selfie zu machen. Ausserdem kann die App durch die Handy-Kamera erkennen, ob man beim Selfie-Schieessn einem Abgrund oder Gewässer zu nahe steht.
Noch hat Saftie nicht sehr viele Nutzer. Kumaraguru hofft aber, dass Internetunternehmen wie Google oder Snapchat die Technologie in ihre Anwendungen integrieren. «Es geht hier darum, Leben zu retten», so bringt Kumaraguru es auf den Punkt.
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Am Donnerstag sind die Flughäfen Hamburg, Stuttgart, Karlsruhe/Baden-Baden, Köln und Berlin betroffen.
Nach Schätzungen des Flughafenverbandes ADV sind allein davon etwa 90 000 Reisende betroffen, mehr als 580 Flugverbindungen dürften abgesagt werden.
Nachwehen könnte zudem der zweitägige Streik des Lufthansa-Kabinenpersonals in Frankfurt und München haben.
Und was noch dazu kommt: Auch an diesem Freitag können Fluggäste in Deutschland nicht überall damit rechnen, wie geplant ans Ziel zu kommen: Verdi hat auch für Freitag zu weiteren Warnstreiks des Luftsicherheitspersonals aufgerufen.
Dann soll es nach Angaben von Verdi nach und nach die fünf Flughäfen Hannover, Dortmund, Weeze, Dresden und Leipzig treffen.
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