Für Ruhesuchende Mljet – das immergrüne Inselparadies

Alexandra Stahl, dpa

2.8.2019

Mehr als 1200 Inseln gibt es in Kroatien. Eine davon ist Mljet bei Dubrovnik. Wer Ruhe sucht, ist hier genau richtig. Einst soll dort Odysseus gestrandet sein – glauben die Bewohner.

Auf Mljet braucht man ein Auto, aber kein Navigationsgerät: Es gibt nur eine Hauptstrasse. Rund 50 Kilometer ist die bergige Insel in der kroatischen Adria lang und drei Kilometer breit.

Im Westen liegt ein Nationalpark, im Osten Sandstrand, dazwischen 17 kleine Dörfer mit weniger als 1000 Menschen. Auch Odysseus, eine der bekanntesten Figuren der griechischen Mythologie, soll einst nach Mljet gekommen sein.

Es war ein Schiffbruch, der ihn ans Ufer gespült haben soll. Er soll sieben Jahre geblieben sein. Hauptgrund dafür war Kalypso, eine Meeresnymphe, mit der Odysseus ein paar Kinder gezeugt haben soll, während zuhause in Griechenland Frau, Kind und Hund auf ihn warteten. Dorthin kehrte er am Ende auch zurück.

Homer meinte ihre Insel, glauben die Bewohner

Das alles ist eine Legende, aufgeschrieben vom griechischen Dichter Homer in der Ilias. Homer schreibt allerdings nicht von Mljet und Griechenland, sondern von Ogygia und Ithaka. Aber auf Mljet sind die Bewohner überzeugt, dass mit Ogygia ihre Insel gemeint ist.

Mehr als 1200 Inseln gibt es in Kroatien. Eine davon ist Mljet bei Dubrovnik. Wer Ruhe sucht, ist hier genau richtig.
Mehr als 1200 Inseln gibt es in Kroatien. Eine davon ist Mljet bei Dubrovnik. Wer Ruhe sucht, ist hier genau richtig.
Bild: iStock

«Odysseus cave» steht auf einem Schild an der Hauptstrasse unterhalb des Dorfes Babino Polje, das mit rund 200 Einwohnern zu den grössten auf Mljet zählt. Ein schmaler Feldweg durch Gräser, Gestrüpp und Spinnweben führt zu einem Küstenweg.

Nach einer Weile taucht wieder ein Schild auf, dahinter ist unten die Meereshöhle zu sehen, in der Odysseus und Kalypso sich vergnügt haben sollen. Der Zugang vom Land aus ist nur über Geröll möglich, dazwischen ein paar improvisierte Steintreppen. Im Meer hinter der Höhle sind Köpfe im Wasser zu sehen, Baden ist dort beliebt. Kurz vor dem Meer liegt eine winzige Bar, es läuft Reggae-Musik.

Wie sah Odysseus überhaupt aus? Man hat einen älteren Mann mit weissem Rauschebart im Kopf. «Cold Drinks, Warm Souls» steht auf Holzbrettern und darüber in der Steinwand «Hotel Penelopa» – ein kleiner Witz, Odysseus' Frau hiess Penelope. Nach der Mini-Bar kommt nur noch das türkisblaue Meer. Manche springen vom Felsen hinein, andere klettern hinunter. Schwimmschuhe sollte man dabei haben. Der Eingang zur Höhle ist knapp fünf Meter breit, viele kommen mit dem Boot.

Plagen, biblische Schriften, tiefer Glaube

Niemand auf Mljet bezweifle, dass Odysseus da war, erzählt Frano Hazdovac am Hafen von Sobra, wo die Fähren anlegen, die die Menschen auf die Insel bringen und wieder weg. Der 39-Jährige holt Touristen ab, bringt sie zu ihren Unterkünften, erklärt ihnen die Insel. «Mit der Odysseus-Geschichte wächst man hier auf», sagt Hazdovac.

Aber wo ist der Beweis, dass Homer Mljet meinte? Hazdovac holt aus. Seine Grossmutter habe ihm von den Knäueln aus Schlangen erzählt, die die Berge herunter gerollt seien, erzählt er. Auf der Insel habe eine Plage geherrscht, Apostel Paulus sei von einer gebissen worden. «Das steht in der Bibel», sagt er.

Okay, aber was hat das mit Odysseus zu tun? Beide, Paulus und Odysseus, antwortet Hazdovac, seien aus derselben Richtung gestartet, erlitten Schiffbruch und strandeten auf einer Insel. Bei Paulus hiess sie Melita, bei Odysseus Ogygia. Und beides soll Mljet sein. Der Müll, der heute an die Küsten gespült werde, sei oft griechischer Müll, ergänzt Hazdovac. Die Strömung könnte also dafür sprechen.

Ogygia wurde unter anderem auch in der Nähe von Kreta vermutet. In einem Vortrag der Humboldt-Gesellschaft aus dem Jahr 2006 ist keine Rede von Mljet. Aber von Malta. Homer habe vom «Nabel des Meeres» geschrieben, dazu passe die Lage der Insel.

Odysseus als Touristenmagnet

In Babino Polje, dem grössten Dorf auf Mljet, gibt es kein Restaurant, aber Post, Grundschule, Kiosk, einen Bäcker und eine Bar. Ein Mann, der auf einer Terrasse sitzt und den Abend geniesst, erzählt wieder von den Schlangen. Und was ist mit Odysseus? Der Mann lacht. Das stimme doch nicht, Mljet wolle Touristen anlocken.

Als Aushängeschild braucht Mjlet Odysseus nicht, Kroatiens achtgrösste Insel steht für sich. Wer entspannen will, mietet ein Auto am Hafen von Sobra und fährt über Serpentinen durch Wälder, fast immer mit dem Blick aufs Meer. Wer am Sandstrand baden will, fährt in den Osten.

Wer Seen mag, den zieht es nach Westen. Dort liegt ein knapp 5400 Hektar grosser Nationalpark, darin mehr als 100 Vogelarten und fast 650 Pflanzenarten, Steinmarder und Igel, ein Kloster und zwei Seen. Sie heissen grosser See und kleiner See. Beide sind salzhaltig, weil sie mit dem Meer verbunden sind. An vielen Stellen kann man Fahrräder leihen, der grosse See ist in einer knappen Stunde umrundet.

Die Natur hat man auf Mljet im Grunde für sich. Touristen kommen zwar, aber man tritt sich nicht auf die Füsse. Restaurants und Cafés gibt es exakt so viele, dass kein Mangel herrscht, vor allem aber kein Überfluss. Souvenirshops sind rar, fast alle Unterkünfte privat. Es gibt ein einziges Hotel in Pomena im Westen: «Odisej».

Vicko Strazicic-Biskup hat dort seit der Eröffnung im Jahr 1978 gearbeitet, erzählt er, zuletzt als Restaurantmanager. Vor zwei Jahren hat er aufgehört. Auch er ist mit dem Mythos aufgewachsen. Jeder auf Mljet kenne die Geschichte von dem Seefahrer und Kalypso. Ob es stimmt, weiss aber auch der 64-Jährige nicht. Einen Beweis gebe es jedenfalls nicht, sagt er.

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