Massentourismus auf Mallorca «Dieses Jahr hat es so viele Menschen auf der Insel wie nie zuvor»

Vanessa Büchel

27.7.2024

Vielen Mallorquiner*innen wird es zu viel mit den Tourist*innen. Sie gehen auf die Strasse, um auf die Probleme aufmerksam zu machen, die der Massentourismus mit sich bringt.
Vielen Mallorquiner*innen wird es zu viel mit den Tourist*innen. Sie gehen auf die Strasse, um auf die Probleme aufmerksam zu machen, die der Massentourismus mit sich bringt.
Clara Margais/dpa

Der Ärger auf Mallorca ist gross: Nicht zum ersten Mal demonstrierten Tausende Menschen gegen den Massentourismus. Eine Liechtensteinerin, die seit drei Jahren dort ist, berichtet über die Stimmung vor Ort. 

Vanessa Büchel

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Auf Mallorca gingen erneut Tausende von Menschen auf die Strasse, um gegen den Massentourismus zu protestieren.
  • Eine Liechtensteinerin, die seit drei Jahren zwischen Palma und Liechtenstein hin- und herpendelt, bestätigt: Der Unmut ist gross, die Baleareninsel überläuft.
  • Es müsse etwas passieren und eine Lösung gefunden werden, die für alle stimmt. 
  • Denn ganz ohne Tourismus ginge es nicht. Die Insel habe ihm viel zu verdanken und sei dadurch reicher geworden.

In den letzten Monaten beschäftigt vor allem ein Thema die Bewohner*innen von Mallorca: Die beliebte Ferieninsel wird mehr und mehr von Tourist*innen überrannt. Einheimische demonstrieren, wollen so die Regierung zum Handeln bringen. Sie haben ein klares Konzept, was geschehen soll: Der Tourismus muss noch mehr reguliert werden. 

Viele Orte auf der Baleareninsel sind stark überlaufen und haben mit den Folgen, wie unter anderem Wohnungsnot, Überfüllung und Preisanstiegen, zu kämpfen. Diese spüren auch Maria S. und ihr Bekanntenkreis.

Maria pendelt seit drei Jahren mit ihrem Lebenspartner zwischen Liechtenstein und Mallorca hin und her, war aber zum ersten Mal schon vor 30 Jahren dort. «Damals hatte es deutlich weniger Menschen, aber da gab es noch nicht so viel wie heute», meint die Liechtensteinerin im Telefongespräch mit blue News. Damit spielt sie auf die gut ausgebaute Infrastruktur an, die Mallorca, so glaubt sie, dem Tourismus zu verdanken hat. 

«Die Mallorquiner, die ich kenne und die in der Stadt leben, sind nach meiner Erfahrung glücklich über das Wachstum des Tourismus. Sie wissen, was sie ihm zu verdanken haben.» Denn dank dem Tourismus hätten sie Jobs, eine fantastische Infrastruktur mit guter medizinischer Versorgung, Verbrennungsanlagen, sauberen Strassen, aber auch viel Geld fliesse über die Tourismusbranche ins Land. Die Insel sei durch den Boom reicher geworden.

Doch Maria sagt: «Wir denken wie die Demonstranten auch, dass etwas passieren muss. Die Regierung ist gefordert, den Tourismus zu reduzieren.»  

Maria S.: «Man müsste die Anzahl Flüge und Kreuzfahrtschiffe reduzieren»

Denn die Insel sei voll. Die Liechtensteinerin empfinde, dass es in diesem Jahr so viele Menschen auf der Insel hat wie nie zuvor. «Mein Partner lebte vor Mallorca 13 Jahre auf Ibiza, wir sind grad im Anschluss an die Corona-Zeit umgezogen. Und ich hatte seither das Gefühl, dass es sukzessive zugenommen hat», so Maria.

Doch in Palma, wo das Paar lebt, spüre man den grossen Andrang nur während der Hochsaison und vor allem zwischen 11 und 17 Uhr, wenn die Kreuzfahrtschiffe anlegen. 

«Die haben sie ja bereits reguliert. Es dürfen nur noch drei täglich hier einen Stopp einlegen.» Dies sei womöglich auch die einzige Lösung für das Problem, wie Maria überzeugt ist – eine Regulierung und Begrenzung der Tourist*innen. «Das Einzige, das getan werden kann, ist, die Anzahl Flugzeuge und Kreuzfahrtschiffe zu reduzieren, die hier täglich landen und anlegen.»

Die Touristen, die nicht mehr gehen

Das grösste Problem, das sich in den letzten Jahren zugespitzt hat, sei die Wohnungsnot. Weil viele Einheimische sich ein Zuhause in der Stadt nicht mehr leisten können und die Mietpreise explodiert sind, werde der Unmut immer grösser. 

Und Maria fügt nachdenklich an: «Hier spielt sicherlich auch der Tourismus mit, der sich auf Mallorca niederlassen will.»

Die Rechnung gehe nicht mehr auf. Je mehr Leute, die die Insel nicht wieder verlassen und sich hohe Mietpreise leisten können, desto weniger bleibe für die Einheimischen übrig.

Doch gar kein Tourismus sei auch keine Lösung. «Die meisten Menschen hier sind im Tourismus tätig, denn es gibt ja nicht wirklich eine Industriebranche. Über 50 Prozent der Bevölkerung arbeitet im Tourismus. Schlussendlich hängt alles irgendwo zusammen, und ohne die grosse Tourismusgeschichte hätten die Mallorquinerinnen und Mallorquiner schliesslich ein noch viel grösseres Problem.»

Maria betont, dass die Probleme real sind und der Tourismus «einen Zacken zu viel». Doch aktuell laufe noch alles, man habe die Organisation gut im Griff und auch am Flughafen herrsche nur zu Stosszeiten Chaos.

Wer es sich leisten könne, entfliehe der Insel während der Supermonate Juli und August und kehre erst im Herbst wieder zurück. Denn dann sei es wieder deutlich angenehmer. Nicht nur vom Überlaufenen her, sondern auch das Klima betreffend. «Der Winter ist wunderschön auf Mallorca, die Insel allgemein einfach ein Traum, und wer sich auskennt, findet auch in der Hochsaison ein gutes Plätzchen.»


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