Die KolumneRestaurants ohne Zutritt für Kinder: Skandal oder Segen?
Marianne Siegenthaler
8.9.2018
Ob ins Fünf-Stern-Restaurant, ins Kunstmuseum oder in den Konzertsaal – heutzutage werden Kinder fast überall hin mitgeschleppt. Damit tun Eltern den Kleinen allerdings keinen Gefallen. Und anderen Erwachsenen schon gar nicht.
Kinder sind herzig. Süss. Lustig. Und manchmal sehr nervig. Die eigenen ebenso wie die fremden. Zum Beispiel im Restaurant. Da will man sich einen ruhigen Abend in gepflegtem Ambiente zu zweit gönnen und organisiert deshalb extra einen Babysitter fürs Kind.
Doch dann versteht man sein eigenes Wort nicht, weil eine Schar Knirpse schreiend zwischen den Tischen herumrennt. Und keiner greift ein.
Verständlich. Denn nur allzu schnell gilt man als Kinderhasser. Kinder sind quasi heilig – und wehe jemand wagt es, auch nur einen Hauch von Kritik am Verhalten der Nervensägen zu äussern.
Gastgeber werden beschimpft
Wenn ein Restaurantbetreiber keine Kleinkinder in seinem Lokal haben will, wird er auf den sozialen Medien aufs Übelste beschimpft. Weist ein Besucher im Museum die Mutter einer Dreijährigen darauf hin, dass die Kleine nicht mit den klebrigen Fingern auf den Kunstwerken rumtatschen soll, wird Mami gleich ausfällig.
Und wenn sich ein Paar während eines klassischen Konzerts daran stört, dass ein Kleinkind quängelt und mit den Füsschen ständig an ihre Stuhllehnen tritt, dann muss es sich einiges anhören. Zum Beispiel, dass sie ja auch mal Kinder waren.
Stimmt. Doch war es bis vor einigen Jahren nicht üblich, den Nachwuchs überallhin mitzuschleppen. Zum Glück. Da blieb den Kindern doch einiges erspart.
Burger essen ja, Fünf-Stern-Restaurant nein
Kunstausstellungen mit langweiligen Bildern zum Beispiel. Auch wenn die Eltern noch so kunstbeflissen sind – von einem Kindergartenkind kann man einfach nicht erwarten, dass es sich für den vorausweisenden Charakter von Robert Delaunays Werk interessiert.
Oder dass das Kleine stundenlang ruhig dasitzt und hingebungsvoll der h-Moll-Messe von Johann Sebastian Bach lauscht. Selbst beim Restaurantbesuch – ausser der findet bei McDonald’s statt – wird’s denn Kindern schnell einmal langweilig.
Erst hat es nichts auf der Karte, das sie wirklich mögen. Und dann beginnt die Warterei, bis das Essen endlich serviert wird. Das ist dann schnell weggeputzt beziehungsweise bleibt auf dem Teller liegen.
Bis aber die Erwachsenen fertig sind, dauert es ewig. Kein Wunder, suchen sich die Kleinen eine andere Beschäftigung. Mit der Gabel auf dem Teller rumhauen zum Beispiel. Oder Versteckis spielen unter dem Tisch. Oder einfach mal ein, zwei Runden durch’s Restaurant rennen.
Planen statt verzichten
Arme Kinder! Sie können ja nichts dafür, dass sie unbedingt überall mit dabei sein müssen. Dass sie lieber laut sind als leise. Und dass sie lieber rennen als sitzen. Würde man sie wählen lassen zwischen Kunstausstellung und Kinderspielplatz – da würde garantiert kein Kind lange zögern.
Und wenn es die Wahl hätte zwischen Würste braten auf einer Feuerstelle im Freien oder einem Fünfgänger im Sterne-Restaurant – auch da würde ihm die Entscheidung ganz leicht fallen.
Das heisst jetzt aber nicht, dass Eltern den Kindern zuliebe auf Kunst und kulinarische Genüsse verzichten müssen. Doch den Nachwuchs dürfen sie gerne zuhause lassen. Wofür gibt es denn Babysitter, Tanten, Gotten, Grosseltern oder liebe Nachbarn? Eben.
So haben Eltern ein paar ruhige Stunden ganz für sich. Das Kind muss sich nicht mit Erwachsenenkram langweilen. Und auch viele Menschen werden für das Comeback der Erwachsenen-Zonen dankbar sein.
Nicht weil sie Kinder hassen – einfach weil sie in Ruhe Essen, Kunst, Musik oder was immer geniessen wollen.
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