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Bötschi fragt Seven: «Es passierte das Schlimmste überhaupt»
Von Bruno Bötschi
14.2.2020
Er hat die schönste Stimme der Schweiz: Seven. Der Sänger verrät, welche CD sein Leben grundlegend veränderte, spricht über sein Verhältnis zu Nena und sagt, warum er neuerdings auf Deutsch singt.
Halb drei Uhr nachmittags in der «Kaufleuten Lounge» in Zürich. Der Fernsehsender TV24 hat zum Medientag für «Sing meinen Song – das Schweizer Tauschkonzert» geladen. 45 Minuten Gesprächszeit sind mit Soulsänger Seven, dem Gastgeber der Sendung, bestätigt.
In der Lounge herrscht angestrengte Betriebsamkeit. Es wird geflüstert. Francine Jordi ist gerade am Telefon, plötzlich lacht sie laut. Marc Storace und Ritschi geben zwei Radiostationen Interviews. Die drei werden zusammen mit Stefanie Heinzmann, Steff la Cheffe und Loco Escrito, die an diesem Nachmittag nicht gesehen wurden, die Songs der jeweils anderen neu interpretieren.
Am 21. Februar startet die neue TV-Sendung. Na dann, fühlen wir Gastgeber Seven doch einmal auf den Zahn.
Seven, wir machen heute ein Frage-Antwort-Spiel: Ich stelle Ihnen in den nächsten 45 Minuten möglichst viele Fragen, und Sie antworten möglichst schnell und spontan.
Gut.
Passt Ihnen eine Frage nicht, sagen Sie einfach ‹weiter›.
Weiter ... weiter ... das war jetzt ein Test (lacht).
Ich muss erst mal sagen, ich finde, Sie haben die schönste Singstimme der Schweiz ...
... oh, merci.
Einmal, es ist schon einige Jahre her, hörte ich abends ein Lied von Ihnen im Radio und dachte einen Moment, es singt der junge Michael Jackson.
Ich ziehe meinen Hut mit einer grossen Feder daran ... – aber wahrscheinlich hören Sie einfach nur schlecht (lacht).
Wirklich wahr, dass Sie als Zwölfjähriger an einer Hochzeitsparty als Michael-Jackson-Imitator aufgetreten sind?
Das stimmt – es waren übrigens die ersten 50 Franken, die ich als Sänger verdient habe. Michael Jackson war mein erstes musikalisches Idol, seine Platte ‹Off The Wall› hat mir Türen geöffnet. Musik liebte ich bereits davor, aber diese Scheibe veränderte alles. Kurz danach ging ich als Michael Jackson an die Fasnacht – mit Hut und Handschuhen.
Und schon ist sie zum ersten Mal spürbar – die Leidenschaft des Musikers, sein Feuer.
Sie haben Blackfacing gemacht?
Nein, ich war als weisser Jackson unterwegs.
Wie viel verdienen Sie heute pro Auftritt?
Ich hoffe, dass es mehr als 50 Franken sind. Aber ich habe auch deutlich grössere Ausgaben als früher. Damals reichte mir ein Ghettoblaster als Begleitung. Heute stehe ich mit meiner Band auf der Bühne.
Wer entdeckte Ihre Stimme?
Ich habe von klein auf gesungen, immer und überall. Aber gecheckt, dass ich möglicherweise etwas talentierter bin als andere, hat mein erster Musiklehrer. Er meinte, ich müsste unbedingt im Chor mitsingen.
Wie ging es weiter?
Ich war acht oder neun, als die Band meines 14-jährigen Bruders gerade einen Sänger suchte. Ich durfte mit zur Probe, wo mir ein Mikrofon in die Hand gedrückt wurde. Die anderen Bandmitglieder, alle viel älter, sagten danach: ‹Du singst schwarz.› Das war auch ein entscheidender Moment. Ein grosses Geschenk ist zudem: Mein Bruder ist bis heute in meiner Band. Wir machen seit über 30 Jahren zusammen Musik.
Als Sie 2002 Ihr erstes Album als Seven publizierten, wurden Sie als erster Schweizer Soulsänger angekündigt. In einem Interview sagten Sie einmal, ‹für manche war das so, als wolle eine Schildkröte Basketball spielen›. Wie war es für Sie?
Ich habe mir das nicht so genau überlegt. Ich habe nie gedacht: Hey, ich will etwas machen, was noch nie jemand in der Schweiz gemacht hat. Ich habe einfach gemacht – gemacht, was ich kann, was ich über alles liebe.
Seven ist Ihr Künstlername. Welche Bedeutung hat die Zahl sieben für Sie?
Sieben ist meine Glückszahl. Ich parkiere gerne auf Parkplatz Nummer sieben …
… und im Flugzeug buchen Sie immer die siebte Reihe?
Nicht immer, aber wenn es irgendwie geht, dann schon. Ich gebe zu, ich bin ein bisschen abergläubisch. Die Zahl Sieben ist für mich gleichzeitig sehr nahbar und auf der anderen Seite auch ein bisschen spukig. Und, besonders wichtig, mein absoluter Lieblingssong von Prince heisst ‹Seven›.
Sie sind in einer Musikerfamilie aufgewachsen – die Mutter Pianistin, der Vater Tenor. War Ihnen von klein auf klar: Ich will Musiker werden?
Musik war immer in meinem Leben. Ich glaube, deshalb gab es auch nie diesen einen Moment, in dem ich entschieden habe: Ich werde Musiker. Musiker ist man oder man ist es nicht. Ob die Musik später irgendwann einmal zum Beruf wird und man damit Geld verdienen kann, ist aber noch einmal eine ganz andere Entscheidung.
Haben Sie nie gegen die Musik gekämpft, weil Sie keine Lust mehr darauf hatten?
Nein. Vielleicht hat das damit zu tun, dass ich daheim bei meinen Eltern überhaupt nie Druck verspürte, ich müsse unbedingt Musiker werden. Als junger Mensch frönte ich den unterschiedlichsten Musikstilen: Ich war Schlagzeuger in einer Rockband, habe zusammen mit meinem Bruder in einer Funkband gesungen und war Mitglied einer A-cappella-Band.
In welcher Hinsicht ist Ihre Familie besonders merkwürdig?
In der Schweiz ist es eher ungewöhnlich, dass die ganze Familie Musik macht und damit auch noch Geld verdient. Und dann haben wir Dätwylers (bürgerlicher Nachname von Seven, Anm. d. Red.) noch ein anderes spezielles Hobby: Wir verdrehen gern Worte. Buchstabenverwechslung finden wir sauglatt. Wer weiss, vielleicht hat das auch damit zu tun, weil unsere Familie aus dem gleichen Ort wie Komiker Peach Weber kommt. Ich glaube, in Wohlen im Kanton Aargau ist an jedem Küchentisch ein bisschen Sauglattismus präsent (lacht schallend).
Seven antwortet natürlich viel zu lang, um in 45 Minuten alle Fragen unterzukriegen. Der Interviewer kommt bereits unter Druck, aber er lässt sich selbstverständlich nichts anmerken.
Ihre grosse, ungestillte Sehnsucht als 14-jähriger Teenager?
Ich wollte der Freund von Sheila E. sein, der Schlagzeugerin von Prince.
Wird Musik in den Schweizer Schulen genug gefördert?
Nein, überhaupt nicht. Kreative Fächer wie Musik und Sport werden vor allem als Pausenelemente zwischen den vermeintlich wichtigen Fächern eingesetzt. Fakt ist jedoch: Ein CEO einer Schweizer Grossbank hat täglich mit neuen Problemen zu tun. Und um diese lösen zu können, braucht es Kreativität. Kreativität, die in unserem Schulsystem leider viel zu wenig gefördert wird.
Welche Lieder singen Sie, wenn Sie im Stau stecken?
Das kommt ganz auf meine Stimmung an.
Singen Sie auch eigene Lieder?
Sicher nicht – mein Motto im Auto lautet: Keine Blasphemie, während ich im Stau stehe.
Wo singt Ihre Frau Zahra am liebsten?
Sie singt überall. Meine Frau singt daheim fast mehr als ich – und immer: Jazz, Jazz, Jazz.
Ist Ihre Frau eine gute Sängerin?
Eine sehr gute Sängerin sogar.
Welcher Körperteil Ihrer Frau ist so schön, dass Sie gern ein Lied darüber singen würden?
Ihre Seele – und es gibt schon ganz viele Lieder darüber.
Welches gefällt Ihnen am besten?
‹Immer noch›, es ist die zweite Vorabsingle meines neuen Albums ‹Brandneu›, das Ende Februar erscheinen wird.
Ihre absolute Lieblingssängerin?
Whitney Houston – für immer und ewig.
Ihr absoluter Lieblingssänger?
Eine Mischung aus Freddie Mercury und Prince.
So weit: das Aufwärmprogramm. Und jetzt: Fragen zur neuen Fernsehsendung.
Sie sind der Gastgeber der Schweizer Version von ‹Sing meinen Song›, welche ab 21. Februar auf TV 24 zu sehen sein wird. Haben Sie allein entschieden, welche Sängerinnen und Sänger in der Sendung mitsingen dürfen?
Alleinige Herrschaft, Königreich ich (lacht) – ja, es war meine Entscheidung, wer bei der ersten Staffel dabei sein darf.
Welche Sängerinnen, welche Sänger haben Ihnen abgesagt?
Noch niemand.
In der Ausschreibung zu ‹Sing meinen Song› heisst es, die erfolgreichsten Sängerinnen und Sänger der Schweiz seien dabei. Aber dann müsste doch auch Luca Hänni mit von der Partie sein …
Sie haben natürlich recht, es müssten noch viele andere Musikerinnen und Musiker dabei sein. Aber für die erste Staffel waren Stefanie Heinzmann, Francine Jordi, Steff La Cheffe, Loco Escrito, Ritschi und Marc Storace meine Traumauswahl. Und so viel kann ich verraten: Meine Zauberformel hat sich bewährt.
Wie sehen Sie Ihre Rolle als Gastgeber?
Pässe geben, aber keine Goals schiessen.
Bei ‹Sing meinen Song – das Schweizer Tauschkonzert› dreht sich alles um Coverversionen. Wie ist es Ihnen in der Vergangenheit ergangen, wenn Songs von Ihnen gecovert wurden?
Es ist jedes Mal eine grosse Ehre, wenn jemand einen Song von mir covert. Was gibt es Schöneres, als wenn jemand seine Kreativität, seine Leidenschaft in einen meiner Songs investiert. Ich fühle mich jedes Mal total gebauchpinselt.
Zu ‹Sing meinen Song› gehört auch die Kritik, die die Sängerinnen und Sänger untereinander üben. Wie gut können Sie mit Kritik umgehen?
Ich bin ein extremer Perfektionist. Mit Kritik kann ich nur schlecht umgehen, wenn sie stimmt.
Und wenn sie nicht stimmt?
Dann prallt sie an mir ab.
Im deutschen Format ‹Sing meinen Song› wird es oft sehr persönlich – in der Schweizer Version genauso?
Das werden wir sehen, wenn die Sendung ausgestrahlt wird. Der Schweizer gilt ja gemeinhin als vorsichtiger. Ich bin auf alle Fälle super zufrieden mit dem Resultat.
Wer hat am nettesten kritisiert, wer am härtesten?
Wer bei ‹Sing meinen Song› mitmacht, hat folgende Gebote verinnerlicht: Respekt, Ehrfurcht vor der Aufgabe und Demut. Mit dem Schwert kämpft während der Sendung keine und keiner, denn es soll niemand zerstört werden.
Welches Lied von einem anderen Künstler hätten Sie selbst gern geschrieben?
Wow, diese Liste wäre wohl ewig lang … ‹Fields Of Gold› von Sting … jesses Gott, es gäbe wohl noch tausend anderer Songs, aber dieser Song von Sting ist ein ganz, ganz besonderer Track.
Sie haben bereits bei der deutschen Version von ‹Sing meinen Song› mitgemacht, den Superhit ‹99 Luftballons› von Nena gewählt und die erste Zeile verhauen. Wären Sie im Moment, als Sie den Fehler realisiert haben, am liebsten im Boden versunken?
Als ich die Zeile verhauen habe, wäre ich am liebsten sofort nach Hause gegangen. Im Nachhinein wurde mir aber klar: Es war das Beste, was mir passieren konnte. Ein Jahr vorher hatte mich Xavier Naidoo angefragt, ob ich gern bei der Sendung mitmachen würde. Ich sagte zu – danach hat sich Monat für Monat die Spannung mehr aufgebaut, weil ich wusste, was das für eine grossartige Plattform für mich sein würde. Aber natürlich stieg auch meine Angst, dass ich es verhauen könnte …
… und dann verhauen Sie es im ersten möglichen Moment.
Genau, es passierte das Schlimmste überhaupt, was passieren konnte. Aber gleichzeitig fiel danach die ganze Nervosität von mir ab und ich war von einem Moment auf den anderen viel, viel lockerer drauf. Denn ich wusste: Schlimmer kann es nicht mehr werden.
Wirklich wahr, dass Nena selber es nicht bemerkt hat, dass Sie eine falsche Zeile gesungen haben?
Das stimmt.
Stimmt zudem, dass Nena nicht wollte, dass es ein von Ihnen gesungenes Nena-Lied auf das ‹Sing meinen Song›-Album schafft? Der Grund: Sie fand Ihre Version zu gut.
Eine Frage, die ich weder bejahen noch verneinen kann.
In dem Fall nehme ich an, dass das Gerücht stimmt.
Auch das kann ich weder bejahen noch verneinen.
Ist das Gerücht nun also wahr? Der Journalist kann diese Frage nach dem Interview weder bejahen noch verneinen, auch wenn er glaubt, eine Tendenz zu verspüren.
Was macht eine gute Coverversion aus?
Nachahmen bringt es überhaupt nicht – ich muss den Song zu meinem eigenen machen.
Braucht es auf der Bühne einen bestimmen Geisteszustand?
Ja – ausgeschlafen, wach, gut gegessen und total alkoholfrei.
Ihre Gesichtsentgleisungen beim Singen sind legendär – oder wie Annett Louisan einmal sagte: ‹Der ganze Körper singt mit!›
Oder wie TheBossHoss sagte: ‹Gesichtkirmes›. Diese Beschreibung fand ich noch geiler (lacht schallend). Ich weiss, wenn ich singe, sieht es oft so aus, als hätte ich ganz, ganz fest Weh.
Ist Ihre Stimme eigentlich versichert?
Nein.
Warum nicht?
Gute Frage – ich muss gleich ein Telefon machen. Können wir eine Pause machen?
Gibt es Musik, die Sie hassen?
Ich muss jetzt zuerst ein Telefon machen … Nein, nein, das war jetzt ein Witz. Gibt es Musik, die ich hasse? Ich glaube nicht. Vielleicht kann ich mit den Menschen wenig anfangen, die die Töne produzieren. Aber die Musik kann ja nichts dafür, Musik ist ja nur Luft, die sich bewegt. Schlussendlich ist immer der Absender entscheidend. Aber wenn der Künstler seine Musik wirklich gern hat, ist es eigentlich egal, ob mir die Musik gefällt. Ich finde, Authentizität legitimiert alles.
Tragen Sie bei den Konzerten immer die gleichen Schuhe?
Jesses Gott, nein, nein, ich habe so viel verschiedene Schuhe. Es ist auch schon vorgekommen, dass ich ein Paar Schuhe nur an einem einzigen Konzert getragen habe, sie danach wieder in die Schachtel zurücklegte und das Datum des Konzertes draufgeschrieben habe.
Violinistin Anne-Sophie Mutter trägt ärmellose Kleider, um ihre Geige besser auf der Haut zu spüren. Singen Sie lieber in T-Shirt oder Anzug?
Ich gehöre zu der Fraktion, die findet: Kleider machen Musikdarbietung, und der Konzertort macht den Kleiderstil. Gebe ich ein Unplugged-Konzert und das Publikum sitzt, trage ich gern Anzug. An einem Open Air hingegen trete ich am liebsten im T-Shirt auf.
Welchen Sinn hat Musik? Warum gibt es sie überhaupt?
Musik ist die universellste Sprache, die es auf der Welt gibt. Musik ist die Sprache, bei der jeder Mensch sofort etwas spürt, ganz egal woher er kommt oder wie alt er ist. Musik zeigt einem immer wieder, wie gleich wir Menschen eigentlich alle sind.
Ein Leben ohne Musik wäre für Sie …
… unvorstellbar.
Was ist in Ihrem Leben vergleichbar mit der Leidenschaft für Musik?
Nichts. Musik ist meine erste Liebe. Musik ist ein Gefühl, ein Drang, eine Sucht, ein Müssen, ein Nichtanderskönnen, ein Zwang.
Und was ist mit Ihrer Nike-Turnschuhe-Sammlung?
Das ist mein Sammler-Gen. Ich war neun oder zehn, als ich die ersten Michael-Jordan-Schuhe geschenkt bekommen habe. Aber so angefressen wie noch vor einigen Jahren bin ich heute längst nicht mehr. Früher ging ich sogar an Conventions, um dort Schuhe zu kaufen oder zu tauschen.
2012 sagten Sie in der ‹Schweizer Illustrierten›: ‹Meine Frau und ich haben zwar ein gemeinsames Kleiderzimmer. Aber ich habe mehr Schuhe als sie.›
Ich habe definitiv nach wie vor mehr Schuhe als meine Frau.
Wie viel Nike-Turnschuhe sind es aktuell?
311 oder 312 Paare.
Alle nummeriert?
Natürlich.
Und inklusive Quittung?
Nein, denn das sähe ja danach aus, als möchte ich die Schuhe irgendwann umtauschen. Das will ich aber auf keinen Fall. Viele Paare sind zudem noch ungetragen und original verpackt. Aber ich muss dazu sagen: Ich werde seit zehn Jahren von Nike unterstützt, und davor habe ich einmal zwei Jahre lang im Jelmoli in Zürich Nike-Schuhe verkauft. Das heisst, ich war immer an der Quelle. Während der Teenagerjahre war das allerdings noch ganz anders: Da musste ich für jedes Modell monatelang sparen.
Trainingspausen machen Sportler besser, Sänger auch?
Ja.
Für welche Sucht sind Sie besonders anfällig?
Sport.
Müssen Sie sich verkriechen, um Lieder zu schreiben?
Ich habe kein Rezept, um Lieder zu schreiben – und das ist gut so. Sonst wäre es wie Malen nach Zahlen. Und das ist Musikmachen für mich definitiv nicht. Es kann passieren, dass ich am Morgen aufwache und sofort alle Termine absagen muss, weil ich spüre: Heute muss ich einen Song schreiben.
Dieser Tage erscheint Ihr neues Album. Es heisst ‹Brandneu›. Wenn alles brandneu wird, heisst dies, dass sich Seven als Musiker total neu erfindet?
Das habe ich eigentlich auf jedem meiner Alben gemacht, weil ich noch nie eine Platte aufgenommen habe, die ähnlich wie die davor klang. Die neue CD ist insofern speziell, als ich mit 41 zum ersten Mal einen Tonträger veröffentliche, auf dem ich ausschliesslich Deutsch singe. Eine Veränderung, hinter der ein langer, sehr langer Prozess steht.
Singen Sie neu in deutscher Sprache, weil damit Ihre Erfolgschancen in Deutschland grösser sind?
Wollte man mir Kalkül unterstellen, dann hätte ich dieses Album vor fünf Jahren produzieren müssen – direkt nach meinen Auftritten in ‹Sing meinen Song Deutschland›.
Was ist für Sie anders, wenn Sie auf Deutsch statt Englisch singen?
Es ist viel direkter. Ich habe die beiden Vorab-Singles ‹Seele› und ‹Immer noch› in den letzten anderthalb Jahren vielleicht an über 150 Konzerten gespielt, dies ohne zu wissen, ob sie je auf einem Album erscheinen würden. Fast an jedem Konzert kam es zu emotionalen Ausbrüchen, Tränen liefen, und oft gab es Standing Ovations für zwei Songs, die das Publikum eigentlich noch gar nie kannte. Das ist mir total eingefahren.
Warum?
Anders, als wenn ich auf Englisch singe, verstehen die Leute Deutsch gesungene Lieder sofort. An dieses ‹Füdlibluttsein› musste ich mich zuerst gewöhnen.
Was ist schwieriger: Songs in Deutsch oder Englisch zu schreiben?
Englisch tönt weniger schnell platt. ‹I miss you so much› klingt okay, aber bei einer Zeile wie ‹Ich vermiss dich so sehr› muss man schon aufpassen, dass es nicht zu sehr nach Schlager tönt.
Im Herbst gehen Sie auf Tournee in der Schweiz und in Deutschland. Es gibt Bands, die für Ihre Konzerte ein Handyverbot ausgesprochen haben – was halten Sie davon?
Ich kann es nachvollziehen, warum das Bands so handhaben. Ich bin jedoch ein Mensch, der sich nicht gern sagen lässt, was er zu tun und zu lassen hat – und deshalb ist das für meine Konzerte keine Option. Es ist im Übrigen auch ein Grund, warum ich für mein neues Album ein eigenes Plattenlabel gegründet und kein Majorlabel mehr im Rücken habe. Ich bin ein Freigeist, ich gehe gern meinen eigenen Weg.
Als Musiker haben Sie ein grosses Publikum. Spüren Sie dadurch eine Verantwortung, Ihren Fans auch politische Denkanstösse zu geben?
Ähm … – eine Verantwortung fühle ich gegenüber meinem Publikum in dem Sinn: Wenn ich für ein Konzert Geld zahle, dann will ich danach rausgehen können und sagen: Das war es wert. Aber klar, wenn mich etwas nervt, dann verbalisiere ich das auf der Bühne. Deshalb habe ich auch den Song ‹Die Menschen sind wir› zusammen mit Kool Savas und Nico Suave aufgenommen und harte Worte gegen Rechtsextremismus gefunden. Wenn mich etwas beschäftigt, wenn mich etwas aufwühlt, schreibe ich das nicht in ein Tagebuch, sondern es wird zu einem Song.
Hoppla, dies war seine erste politische Aussage.
Kennen Sie Rituale kurz vor dem Konzert?
Ich bin einer, der sich sehr bewusst sein muss, was er auf der Bühne machen will. Ich probe deshalb auch sehr viel vor einer Tournee. Ganz wichtig ist für mich zudem der Backstagebereich. Aber weil der an jedem Ort anders aussieht, packe ich meinen Koffer daheim immer genau gleich ein.
Fallen Sie nach einem Konzert in ein Tief?
Das würde heissen, ich würde im Jahr hundertmal in ein Tief fallen. Das wäre nicht gesund. Ist eine Tournee fertig, spüre ich eine Erleichterung, die auch Erschöpfung ist. Aber ich bin innerlich noch derart Kind geblieben, dass ich danach sofort die nächste Idee habe und weiterrennen will. Nein, ich bin noch nie in eine Depression verfallen nach einer Tournee.
Konzerte finden meist am Abend statt – ist das so okay oder würden Sie lieber morgens vor Publikum singen?
Abends ist gut – aber ich bin froh, dass ich meistens schon um 19 oder 20 Uhr spielen kann. Es gibt ja Bands, die ein anderes Publikum haben als wir, und die spielen erst gegen Mitternacht. Das wäre mir definitiv zu spät.
Über den Autor
«Bluewin»-Redaktor Bruno Bötschi spricht für das Frage-Antwort-Spiel «Bötschi fragt» regelmässig mit bekannten Persönlichkeiten. Bötschi hat viel Erfahrung mit Interviews. Für die Zeitschrift «Schweizer Familie» betreute er jahrelang die Serie «Traumfänger». Über 200 Persönlichkeiten stellte er dafür die Frage: Als Kind hat man viele Träume – erinnern Sie sich? Das Buch zur Serie «Traumfänger» ist im Applaus Verlag, Zürich, erschienen. Es ist im Buchhandel erhältlich.
Was bereuen Sie, wenn Sie zurückblicken?
Wer so eine Tischbombe ist wie ich und jede seiner Schnapsidee mit voller Wucht und breitester Brust verfolgt, bereut im Leben besser nichts. Natürlich, im Nachhinein würde ich manches anders angehen, aber bereuen tue ich deswegen nichts.
Bei wem würden Sie sich rückblickend gern entschuldigen?
Ich habe keine Leichen im Keller.
Haben Sie Angst vor dem Älterwerden?
Noch nicht – aber vorletztes Jahr, als ich 40 geworden bin, habe ich mir zum ersten Mal einige ernsthafte Gedanken über das Alter gemacht. Andererseits habe ich einen neun- und einen zweijährigen Sohn daheim, beide halten mich jung. Gleichzeitig ist mir natürlich bewusst, dass ich wie alle Menschen älter werde. Und deshalb freue ich mich über jeden Tag, den ich gesund und fit erleben darf.
Vor ein paar Jahren antworteten Sie mir auf die gleiche Frage: ‹Nein. Ich hoffe, dass ich mit 70 ein Haus am See besitze, zig Kinder und Enkelkinder habe und wir sonntags gemeinsam grillieren.›
Oh, diese Aussage würde ich auch heute noch unterschreiben.
Und zum Schluss greift er sein Handy: Seven will jetzt ein Telefon machen.
«Sing meinen Song» läuft am Freitag, 21. Januar, um 20:15 Uhr auf TV24. Mit Swisscom Replay TV können Sie die Sendung bis zu sieben Tage nach der Ausstrahlung anschauen.
Fr 21.02. 20:15 - 22:15 ∙ TV24 HD ∙ CH 2020 ∙ 120 Min
Sendung ist älter als 7 Tage und nicht mehr verfügbar.