Kolumne am Mittag Kein Happy Birthday, sondern: Alles Gueti, Ueli Maurer

Von Gil Bieler

1.12.2020

Er kaut gerne Gras und mag Klartext, selbst wenn er anderen auf die Füsse tritt. Eine Gratulation zum 70. Geburtstag von Bundesrat Ueli Maurer – der sicherlich «kä Luscht» hat, das zu lesen. 

Ausgerechnet Ueli Maurer beklagte kürzlich, man traue sich in der Pandemie ja gar nicht mehr, seine Meinung zu sagen. Wer die Corona-Massnahmen der Behörden kritisiere, werde «weggesperrt». Dass ein Bundesrat einen Vergleich zu Methoden autoritärer Staaten zieht, sorgte natürlich für Wirbel – und bescherte ihm Beifall auf der einen und Empörung auf der anderen Seite.

Die Episode ist freilich nicht ohne Ironie, denn Maurer selbst hadert nie damit, zu sagen, was er denkt. Legen andere Mitglieder der Landesregierung jedes Wort auf die Goldwaage, schmeisst Maurer eher den Zementmischer an.

Hat er «kä Luscht» auf ein Interview, sagt er das auch so. Die SwissCovid-App mag er nicht installieren. Und erst kürzlich stellte er klar: Demos gegen Corona-Bestimmungen «bringen einfach nichts». «Maske ist Maske und Vorsicht ist Vorsicht, ob das passt oder nicht. Aber wir schaffen damit Ordnung.» Der Applaus der Maskengegner dürfte abrupt verstummt sein.

Man merkt: Maurer, der am heutigen Dienstag 70 Jahre alt wird, mag über Söttiges nicht diskutieren. Vielleicht spielt da die Erfahrung eines sechsfachen Vaters mit, wer weiss? Doch sein Privatleben schirmt Maurer streng ab.

Auf Englisch verliebt

Bekannt ist: Er kaut gerne Gras, macht bevorzugt Ferien in der Schweiz. Seine Frau Anne-Claude wuchs als Missionarstochter in Ghana auf, die beiden lernten sich in Seattle kennen, als Maurer auf den Spuren seines Grossvaters die USA bereiste. Sie hätten sich «sozusagen auf Englisch verliebt», gab Maurer einmal preis. «Wir haben nicht gemerkt, dass wir beide aus der Schweiz kommen.»

Wirklich? Wie es um Maurers Englischkenntnisse – und seinen tüppikal Swiss Äckzent – steht, zeigte ein CNN-Interview im letzten Jahr:

Ueli Maurers Interview mit dem amerikanischen TV-Sender CNN.

Youtube

Maurer redet halt lieber Deutsch und deutlich. An den Corona-Medienkonferenzen des Bundesrats bleibt er auch dann beim eingefärbten Hochdeutsch, wenn eine Frage auf Französisch gestellt wird. Kann er etwas nicht beantworten, bittet er den Journalisten oder die Journalistin auch einmal herausfordernd, doch selber eine Prognose über den weiteren Verlauf der Pandemie zu machen, dann könne man ja weitersehen.

Seine hemdsärmelige Art machte Maurer während seiner Zeit als SVP-Parteichef zum beliebten Ziel von Comedians. Legendär sind die Sketche aus der SRF-Sendung «Viktors Spätprogramm», in denen Viktor Giacobbo den unter Blochers Fuchtel stehenden Maurer parodierte. Auch den echten Maurer nahmen da viele nur als Blochers Lackei wahr. 

Doch 2009 wurde Maurer in den Bundesrat gewählt, und auch in der Satire emanzipierte er sich vom SVP-Übervater. In «Giacobbo/Müller» war er öfters ohne «Christoph» zu sehen. Langeweile kam auch so nicht auf: Wer als Vorsteher des Verteidigungsdepartements von der «besten Armee der Welt» fabuliert, muss für den Spott nicht sorgen. Ja, er meinte damit die Schweizer Armee – offenbar völlig unironisch. 

Viktor Giacobbo spielt in einem Sketch Ueli Maurer. 

Youtube

In einem Interview hielt Giacobbo einmal fest: «Ich finde Ueli Maurer cool. Man hat den Eindruck, der ganze Zirkus pralle an ihm ab.» Auch wenn er politisch wenig mit dem SVP-Bundesrat anfangen könne, sei dieser als Person durchaus angenehm.

Keine schlechte Eigenschaft für einen Politiker

Seit 2016 ist Maurer Finanzminister – und äussert sich als solcher aus Wirtschaftssicht zur Pandemie. Bei SRF wurde er gefragt, ob die Situation angesichts der hohen Zahl der Todesfälle ausser Kontrolle geraten sei. Maurer verneint: «Wir sind bewusst dieses Risiko eingegangen, weil wir eine Güterabwägung gemacht haben.» Sprich: Menschenleben mit der Wirtschaft verrechnet. Das ist nicht ohne und flog ihm glatt um die Ohren.

Zumindest ist Maurer authentisch – für einen Politiker nicht die schlechteste aller Eigenschaften. Darum: Statt Happy Birthday ein schön schweizerisches alles Gueti, Herr Bundesrat!

Regelmässig gibt es werktags um 11:30 Uhr und manchmal auch erst um 12 Uhr bei «blue News» die Kolumne am Mittag – es dreht sich um bekannte Persönlichkeiten, mitunter auch um unbekannte – und manchmal wird sich auch ein Sternchen finden.

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