Jugend in der Pandemie IIIStatt die Welt zu sehen, sitzt Lena in der Schweiz fest
Von Julia Käser
24.2.2021
Corona macht uns allen zu schaffen, aber eine Generation trifft der gesellschaftliche Stillstand besonders: Wie fühlen sich junge Menschen nach einem Jahr in der Pandemie? «blue News» fragt in einer Serie nach – diesmal bei Lena.
Ihre nahe Zukunft hatte sie sich komplett anders vorgestellt: Lena* freute sich darauf, die Welt zu sehen, Leute kennenzulernen und erste Arbeitserfahrungen zu sammeln.
Serie Jugend in der Pandemie
In einer kurzen Serie anlässlich zu einem Jahr Corona-Pandemie beleuchtet «blue News» das Wohlbefinden, die Sorgen und Ängste – aber auch die Hoffnung junger Menschen während der Corona-Pandemie. Den Anfang machten Elena und Samuel.
Deshalb jobbte sie nach der Matura vor eineinhalb Jahren sechs Monate lang in einem Take-away-Café. Das verdiente Geld wollte sie in den geplanten Sprachaufenthalt in Kanada investieren. Vom nordamerikanischen Land hat die 20-Jährige kaum etwas gesehen.
Statt der geplanten vier Monate war sie zwei Wochen dort. Dann kam Corona und es hiess: Sofort die Rückreise antreten. Die Sprachschule hat die junge Frau bis heute nicht betreten. Zwar hat Lena einen Gutschein erhalten – für den viermonatigen Unterricht, den sie bereits bezahlt hat. Aber ob sie ihn je einlösen kann, ist ungewiss.
Ein Alltag voller Podcasts und viel Disziplin
«Ich weiss nicht, ob ich irgendwann wieder vier Monate am Stück Zeit habe, um zu verreisen», sagt die Zürcherin, die im vergangenen September ein Psychologiestudium begonnen hat. Statt an die Uni zu fahren, sitzt sie zu Hause und lernt mit Podcasts. Das brauche ganz schön viel Disziplin. «Viele an der Uni haben Mühe mit der Situation. Der Kontakt zu Mitstudierenden fehlt – das gemeinsame Lernen, aber auch der Ausgang danach.»
Sie selbst komme einigermassen gut zurecht, sagt Lena, trotz Distanz habe sie ein paar Leute aus ihrem Studium kennengelernt. Man habe sich per WhatsApp organisiert und im Frühherbst, als die Corona-Regelungen deutlich lockerer waren, auch mal getroffen. Den engen Kontakt zu ihren Freundinnen und Freunden aus der Gymi-Zeit hat sie im vergangenen Jahr ebenfalls aufrechterhalten.
Der Austausch mit ihnen ist es denn auch, der der Studentin am meisten hilft, wenn die Sorgen überhandnehmen. «Als ich aus Kanada zurückkehrte und nicht wusste, was ich im nächsten halben Jahr mit mir anfangen soll, verlor ich kurzfristig meinen Antrieb. Da ging es mir schon nicht so gut.»
Der Nebenjob im Take-away-Café als Lichtblick
Geholfen habe ihr schliesslich, dass sie ihre ehemalige Stelle im Take-away-Café zurückerhalten habe. «Beschäftigung ist wichtig. Leute, die ihren Job verlieren oder erst gar keinen finden, drohen in ein Loch zu fallen.» Überhaupt sei die Stimmung in ihrem Bekanntenkreis anders als vor der Pandemie. Bedrückter.
«Eigentlich wollten viele Berufserfahrung sammeln und auf Reisen gehen. Stattdessen haben die meisten einfach ein Studium begonnen, um immerhin etwas zu tun zu haben.» Lena sagt, sie fühle sich manchmal wie eine Seniorin, die einfach nur zu Hause rumsitze – dabei befinde sie sich mitten in den eigentlich coolsten Lebensjahren.
Im Vergleich zu älteren Erwachsenen schränke die Pandemie ihre Generation im Alltag stärker ein. «Junge Menschen treffen viele Leute, sind öfter in Bars und Clubs unterwegs – genau diesen Austausch brauchen und geniessen wir.» Dass er wegen Corona so nicht stattfinden kann, sei mit der Zeit «schon anstrengend und ärgerlich».
Bei Corona-Müdigkeit helfen die Freunde
Auch Zukunftssorgen plagen die jungen Menschen. «Wenn ich von den vielen Selbstständigen oder Restaurantbesitzern höre, gibt mir das zu denken. Wird unsere Generation den Schaden, den diese Personen erleiden, tragen müssen?», fragt sich Lena. Nicht nur wegen ihres Studiums macht sich die junge Frau auch Gedanken zu den psychischen Folgen der Pandemie. Welchen Schaden hinterlässt das Virus in der Seele?
Dennoch, zu viel beklagen will sich die Zürcherin nicht – im Gegenteil. Man müsse das Beste aus der Situation machen, schliesslich ergehe es allen Leuten aus ihrer Generation gleich. Auch, weil sie sich immer an ihren Freundeskreis wenden kann, wenn sie wieder einmal coronamüde wird oder niedergeschlagen ist, sagt sie zum Schluss: «Mir geht es momentan mehr oder weniger gut.»