Bauch gut, alles gut?Lässt sich der Darm gesund sanieren?
dpa
3.4.2018
Heilpraktiker werben mit Darmsanierungen, die wie eine Generalüberholung wirken sollen. Schulmediziner transplantieren entzündlich erkrankten Stuhl. Die Optimierung der Darmflora ist in Mode. Dabei weiss man nur sehr wenig über sie.
Längst ist es kein Geheimnis mehr: Der Darm ist viel mehr als nur ein Verdauungsorgan. Das Immunsystem, die Vitaminversorgung, Hitzeresistenz und sogar Ausdauer werden mit dem Organ in Verbindung gebracht. Heilpraktiker und Naturheilkundler werben mit Darmsanierungen.
Ein naheliebender Gedanke: Darm gesund und im Umkehrschluss alles gesund? Ganz so einfach ist es leider nicht. Denn wie genau ein gesunder Darm aussieht, weiss bisher niemand.
Entscheidend für die Funktionen des Darms ist das sogenannte Mikrobiom, also die Gesamtheit aller Mikroorganismen im Darm. Ein ganzes Ökosystem gibt es dort, mit - bei Erwachsenen - hauptsächlich anaeroben Bakterien, bis zu 100 Billionen an der Zahl.
Hände weg vom gesunden Darm
Frank Möller, Betreiber eines Netzwerks für sogenannte entschlackende und darm-sanierende Mayr-Kuren, gehört zu denen, die für eine regelmässige Reinigung des Darms plädieren. Am besten jährlich empfiehlt er Abführen mit einer Kombination aus Bittersalz, Flohsamen und Heilerde. Zur Therapie gehört auch das Fasten. Anschliessend baut man die Flora mit einem speziellen Ernährungsprogramm unter anderem unter Einsatz von Kefir und Sauerkraut wieder auf.
Internistin Viola Andresen hält das bei gesunden Menschen für «totalen Quatsch». «Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass Entgiften und Entschlacken Unsinn ist», sagt die Expertin der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie.
Das Mikrobiom kann durchaus aus dem Gleichgewicht geraten. Zum Beispiel durch einen Infekt, Antibiotikaeinnahme oder das Reizdarmsyndrom. Nach der vollständigen Durchspülung hat das Mikrobiom die Chance, sich günstiger beziehungsweise gesünder zusammenzusetzen. Aber: Auch das Gegenteil kann passieren. Eine Mikrobiomänderung kann ein Reizdarmsyndrom auslösen. An einer gesunden Darmflora herumzumanipulieren, ist also keine so gute Idee.
Niemand weiss, wann die Darmflora gesund ist
Teil des Problems ist, dass niemand weiss, wann eine Darmflora gesund ist. Es gibt praktisch keine Referenzwerte für die ideale oder gesunde Zusammensetzung des Ökosystems.
Die Forschung über das Darmmikrobiom ist zudem noch relativ jung. Seit zehn Jahren etwa beschäftigen sich Wissenschaftler intensiv mit der Thematik. «Erst hat man den Darm mehr oder weniger ignoriert, dann völlig überverkauft und dann wieder gebasht», sagt Prof. Dirk Haller, Professor für Ernährung und Immunologie an der TU München.
Weitgehend einig seien sich Wissenschaftler inzwischen über den Einfluss des Mikrobioms auf chronisch-entzündliche Darmerkrankungen. Ausserdem besteht Konsens darüber, dass die Zusammensetzung der Bakterien wichtig für die Gesundheit des Darms ist. Aber wie genau sich die von aussen beeinflussen lässt - darüber wird noch immer gerätselt.
Helfen probiotische Joghurts?
Ein Verfahren, das sich die mögliche Veränderung des Mikrobioms zunutze macht, ist die Stuhltransplantation. Dem Kranken, meist mit entzündlicher Darmerkrankung, wird dabei verdünnter Spenderstuhl zugeführt. Das Verfahren wird zwar mit Erfolg angewendet - welche Bakterien oder Viren des Ökosystems dabei entscheidend sind, ist allerdings noch unbekannt.
Für gesunde Menschen bleibt es also vorerst bei den gängigen Tipps: ausgewogen und ballaststoffreich essen. Probiotische Joghurts oder Drinks? Schaden vermutlich nicht. Ob sie wirklich von Nutzen sind, weiss aber auch niemand so genau. Eine Darmsanierung kann gut gehen, birgt jedoch Risiken, derer sich Interessierte bewusst sein sollten. Unbesorgt können Patienten nach einer Antibiotikaeinnahme sein. Für gewöhnlich reguliert sich die Darmflora ganz von alleine.
Tipps von der Expertin: Was ist denn jetzt gesundes Essen?
Milchprodukte sind umstritten: Dabei vertragen sie die allermeisten Menschen hierzulande gut. Und sie sind ein wichtiger Kalzium-Lieferant.
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«Wenn man Milch verträgt, soll man sie trinken, sofern man sie mag.»
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Da können Ersatzprodukte wie Soja nicht mithalten.
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Was ist mit den verteufelten Kohlenhydraten? Braucht unser Körper - etwa auch um den Stoffwechsel am Laufen zu halten.
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Schweizer essen deutlich zu viel Fleisch. Es ist sinnvoll, verschiedene Fleischsorten und alle Teile des Tieres zu essen.
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Obst und Gemüse tun uns gut und sollten in der täglichen Ernährung eine wichtige Rolle spielen.
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Sätze wie «Jetzt iss deinen Spinat, das ist gut für dich» konditionieren ein Kind. Es lernt, dass alles, was gesund ist, nicht schmeckt.
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Beatrice Conrad hält wenig davon, Kindern Süsses zu verbieten: «Allerdings sollen Kinder lernen, dass Süssigkeiten Genussmittel sind und nicht Mahlzeiten ersetzen.»
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Muttermilch ist das erste, was wir zu uns nehmen. Und die ist süss. Dass wir Süsses mögen liegt in unserer Natur.
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Süssgetränke sieht die Ernährungsberaterin problematisch - vorwiegend wegen der grossen Menge an Zucker, die sie enthalten.
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Beatrice Conrad rät, öfters mal aufs Baucahgefühl zu hören. Doch viele Menschen hätten das verlernt.
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Wir bewegen uns zu wenig. Viele versuchen den Bewegungsmangel mit dem Verzicht auf Kohlenhydrate zu komnepsieren. Keine gute Idee.
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Diäten: Auf Dauer sind sie kaum durchzuhalten und führen so am Ende zu einer Gewichtszunahme.
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Die Paleo-Diät, die auf viel Fleisch und Gemüse setzt, sieht sie hingegen kritisch: «Als ganzheitlich denkender Mensch gibt mir das wirklich zu denken. Was passiert, wenn die Weltbevölkerung kein Getreide mehr isst? Was hat eine so immense Fleischproduktion für Folgen?»
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Statt konsequent auf Bio zu setzen: Regional und saisonal einkaufen.
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Fettiges darf ruhig auch mal sein. «Ich glaube nicht, dass man Pommes Frites anders zubereiten sollte, damit sie gesünder werden. Eher sollten wir den Konsum dosieren.»
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Gemeinsame Mahlzeiten im Sitzen eingenommen - drei mal täglich: Das würde Beatrice Conrad zufolge schon viel helfen, um sich gesund zu ernähren.
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Gerade ältere Menschen hätten oft ein besseres Gefühl dafür, wie sich eine ausgewogene Mahlzeit zusammensetzt.
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