Geistige FitnessMythos Brainfood – können wir uns schlau essen?
dpa
3.5.2019
Täglich eine Kapsel schlucken, und schon viel besser denken können. Die Werbeversprechen sogenannter Brainfood-Produkte sind verführerisch – aber leider auch oft Quatsch. Experten sagen: Sich schlau zu essen, geht auch simpler.
Brainfood nennen sie sich, «Iss dich schlau!» rufen sie: Ratgeber, Snacks und Nahrungsergänzungsmittel, die Versprechen rund um die geistige Fitness machen, gibt es zuhauf. Aber ist es wirklich möglich, sich Intelligenz anzufuttern?
Die ernüchternde Nachricht gleich vorweg: Nein, wirklich schlauer essen können wir uns nicht.
Brainfood sei ein trügerischer Werbebegriff, der nicht genauer definiert ist, sagt Birgit Brendel, Referentin für Lebensmittel und Ernährung bei der Verbraucherzentrale Sachsen. «Es gibt allerdings Lebensmittel, die gut fürs Gehirn sind», sagt die Agrarwissenschaftlerin. Der Intelligenzquotient lässt sich also nicht verbessern. Was aber geht: die Hirnleistung durch ausgewogenes Essen optimal ausschöpfen.
Und das sei kein Hexenwerk: «Wer sich ausgewogen ernährt, versorgt auch das Gehirn mit ausreichend Nährstoffen», so die Expertin. Nahrungsergänzungsmittel sollte man nur in Erwägung ziehen, wenn ein Defizit droht – zum Beispiel bei langfristigen Diäten oder bei veganer Ernährung, durch die es vielleicht an Vitamin B12 mangelt.
Vollkorn fürs Gehirn
Vitamin B12 ist einer von vielen Nährstoffen, die dem Gehirn auf die Sprünge helfen. «Und dazu braucht es keine Wundermittel«, sagt Gunter Eckert, Professor für Ernährung in Prävention und Therapie an der Universität Giessen. Besonders wichtig sei eine ausgewogene Ernährung, die reich an Vollkornprodukten ist.
Denn die liefern dem Körper langfristig Kohlenhydrate in Form von Glukose. «Glukose ist der Brennstoff unseres Gehirns», sagt Eckert. Das Gehirn verbrauche fast ein Fünftel des täglichen Energiebedarfs – das ist etwa so viel, wie den Körper ein Dauerlauf kostet, so Eckert.
Einfach nur Glukose einzunehmen, in Form von Traubenzucker etwa, bringt deshalb aber nicht unbedingt etwas. Der Blutzucker steigt nach der Einnahme zwar schnell an, sinkt aber auch schnell wieder in den Keller. Die Folge: Wir werden müde. Eckert empfiehlt stattdessen komplexe Kohlenhydrate, die langkettigen Vielfachzucker enthalten: Den verwertet der Körper erst nach und nach – und bekommt so langfristig Energie.
Wer geistig fit bleiben möchte, sollte ausserdem darauf achten, ausreichend Eiweisse und Fette zu sich zu nehmen. «Besonders wichtig sind die langkettigen Omega-3-Fettsäuren, die ein wichtiger Baustein fürs Gehirn sind», sagt Eckert. Enthalten sind sie in fettem Seefisch wie Lachs oder Makrele.
Das Hirn braucht Wasser
Auch sogenannte Mikronährstoffe, also Vitamine und Mineralstoffe, sind wichtig für die Funktion des Gehirns. Dazu zählt auch Vitamin B12: Mangelt es daran, könne sich das ähnlich äussern wie eine Demenz, warnt Eckert.
«Das Allerwichtigste ist, ausreichend zu trinken», sagt Brigit Brendel. Dahinter steckt ein ganz einfaches Prinzip: «Das Blut versorgt das Gehirn sowohl mit Sauerstoff als auch mit Glukose und all den anderen Nährstoffen», sagt Brendel.
Wer zu wenig trinke, bekommt dagegen nicht nur schnell Kopfschmerzen –auch die Leistung des Gehirns fährt herunter: «Wenn wir nicht ausreichend Flüssigkeit zu uns nehmen, dickt das Blut ein und das Gehirn wird schlechter mit Sauerstoff versorgt», warnt Brendel. Sie rät, mindestens 1,5 bis 2 Liter Wasser pro Tag zu trinken.
Neben einer ausgewogenen Ernährung und ausreichend Flüssigkeit sei auch Bewegung ein wichtiger Faktor für eine gute Hirnleistung. «Wer viel geistig arbeitet, sollte sich auch mässig bewegen», sagt Gunter Eckert. Sportmuffel müssen keinen Grund zur Sorge haben: «Mässig» bedeute kein Hochleistungssportprogramm. Schon 30 Minuten Bewegung pro Tag, die den Puls leicht steigen lässt, oder 75 Minuten Sport pro Woche reichen aus.
Mediterrane Diät am gesündesten
Grundsätzlich geht es mit Blick auf das Gehirn und seine Gesundheit aber weniger darum, was jemand genau isst oder nicht isst – sondern eher um die Ernährung als Gesamtwerk. So rät Eckert zu der mediterranen Variante.
Das heisst konkret: «Sehr viel Obst und Gemüse, wenig Fleisch, viele Milchprodukte und nur moderat Alkohol. Dazu kommen vor allem auch Nüsse und Olivenöl.» Eventuell könne eine solche Ernährung sogar beim Kampf gegen Krankheiten wie Alzheimer helfen: In grossen klinischen Studien habe sie bereits Erfolge gezeigt.
Auch Monique Breteler kennt Hinweise darauf, dass die Ernährung Krankheiten wie Alzheimer beeinflussen kann: Sie leitete die Rheinland Studie – eine grosse Bevölkerungsstudie, die seit März 2016 die Faktoren für gesundes Altern erforscht. «In bisherigen Studien wurde der Fokus auf die Wirkung von einzelnen Nahrungsbestandteilen gelegt», sagt Breteler.
Die Rheinland Studie sei nun breiter angelegt. Gut möglich also, dass Forscher in Zukunft tatsächlich einen Zusammenhang zwischen Essen und Demenz finden – Brainfood im wahrsten Sinne des Wortes also.
Milchprodukte sind umstritten: Dabei vertragen sie die allermeisten Menschen hierzulande gut. Und sie sind ein wichtiger Kalzium-Lieferant.
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«Wenn man Milch verträgt, soll man sie trinken, sofern man sie mag.»
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Da können Ersatzprodukte wie Soja nicht mithalten.
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Was ist mit den verteufelten Kohlenhydraten? Braucht unser Körper - etwa auch um den Stoffwechsel am Laufen zu halten.
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Schweizer essen deutlich zu viel Fleisch. Es ist sinnvoll, verschiedene Fleischsorten und alle Teile des Tieres zu essen.
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Obst und Gemüse tun uns gut und sollten in der täglichen Ernährung eine wichtige Rolle spielen.
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Sätze wie «Jetzt iss deinen Spinat, das ist gut für dich» konditionieren ein Kind. Es lernt, dass alles, was gesund ist, nicht schmeckt.
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Beatrice Conrad hält wenig davon, Kindern Süsses zu verbieten: «Allerdings sollen Kinder lernen, dass Süssigkeiten Genussmittel sind und nicht Mahlzeiten ersetzen.»
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Muttermilch ist das erste, was wir zu uns nehmen. Und die ist süss. Dass wir Süsses mögen liegt in unserer Natur.
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Süssgetränke sieht die Ernährungsberaterin problematisch - vorwiegend wegen der grossen Menge an Zucker, die sie enthalten.
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Beatrice Conrad rät, öfters mal aufs Baucahgefühl zu hören. Doch viele Menschen hätten das verlernt.
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Wir bewegen uns zu wenig. Viele versuchen den Bewegungsmangel mit dem Verzicht auf Kohlenhydrate zu komnepsieren. Keine gute Idee.
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Diäten: Auf Dauer sind sie kaum durchzuhalten und führen so am Ende zu einer Gewichtszunahme.
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Die Paleo-Diät, die auf viel Fleisch und Gemüse setzt, sieht sie hingegen kritisch: «Als ganzheitlich denkender Mensch gibt mir das wirklich zu denken. Was passiert, wenn die Weltbevölkerung kein Getreide mehr isst? Was hat eine so immense Fleischproduktion für Folgen?»
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Statt konsequent auf Bio zu setzen: Regional und saisonal einkaufen.
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Fettiges darf ruhig auch mal sein. «Ich glaube nicht, dass man Pommes Frites anders zubereiten sollte, damit sie gesünder werden. Eher sollten wir den Konsum dosieren.»
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Gemeinsame Mahlzeiten im Sitzen eingenommen - drei mal täglich: Das würde Beatrice Conrad zufolge schon viel helfen, um sich gesund zu ernähren.
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Gerade ältere Menschen hätten oft ein besseres Gefühl dafür, wie sich eine ausgewogene Mahlzeit zusammensetzt.
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