CoronavirusMalaria-Medikament zum Schutz vor einer Ansteckung?
Von Runa Reinecke
9.4.2020
In der Hoffnung, sich nicht mit dem neuen Coronavirus zu infizieren, nehmen Ärzte und Pflegende ein Medikament ein, dessen Wirkung bei COVID-19 nicht belegt ist. Macht das Sinn? Ein Infektiologe ist noch zurückhaltend.
Es sei eine «möglicherweise bahnbrechende» Therapie, liess Donald Trump Ende März verlauten. Auf verschiedenen Kommunikationskanälen lobpreiste der US-Präsident Chloroquin, eine Malaria-Arznei, die auch im Kampf gegen das neuartige Coronavirus vielversprechend sein soll.
Nur wenig später warnte Tedros Adhanom Ghebreyesus, Chef der Weltgesundheitsorganisation (WHO), davor, Medikamente gegen das neue Coronavirus einzusetzen, deren Wirksamkeit hierfür noch nicht nachgewiesen ist.
«Die Geschichte der Medizin ist voller Beispiele von Mitteln, die auf dem Papier und im Reagenzglas funktionieren, aber nicht im Menschen, oder die sogar schädlich waren», zitiert ihn die Nachrichtenagentur «DPA».
Unklar, welche Therapien nützen
Genau wie bei anderen Mitteln, die derzeit bei COVID-19 eingesetzt werden, stützt man sich auch bei Chloroquin noch auf Einzelfallbeobachtungen, zuweilen auch auf kleinere Analysen mit einer geringen Anzahl Probanden.
«Bis jetzt gibt es keine Studien, die wissenschaftlichen Standards entsprechen. Deshalb können wir im Moment auch noch keine Aussage darüber machen, welche Therapien wirklich nützen», sagt Huldrych Günthard, Leitender Arzt und stellvertretender Direktor der Klinik für Infektionskrankheiten und Spitalhygiene am Universitätsspital Zürich, «Bluewin».
Eine Studie aus China, die aber noch nicht begutachtet und final publiziert wurde, weise gemäss dem Professor lediglich darauf hin, dass COVID-19-Erkrankte von einer Therapie mit Chloroquin profitieren könnten.
Nun sollen kontrollierte klinische Studien für Gewissheit sorgen, die derzeit weltweit nicht nur mit Chloroquin, sondern auch mit anderen, zum Teil vielversprechenden Medikamenten laufen.
«Beschämend und egoistisch»
Weder von der noch dünnen Datenlage zu COVID-19 noch von den zum Teil schweren Nebenwirkungen, die mit dem Medikament in Verbindung stehen, zeigen sich viele in den USA beeindruckt. Im Gegenteil: Dort löste Trumps Bewunderung für Chloroquin einen regelrechten Hype um das Mittel aus, das zum ersten Mal in den 1940ern zur Therapie von Malaria eingesetzt wurde. Um an Chloroquin zu gelangen, schrecken Mediziner nicht vor betrügerischen Verschreibungsaktivitäten zurück.
«Das ist beschämend und egoistisch», kommentiert Garth Reynolds, Geschäftsführer des Pharmakologenverbands von Illinois, das Verhalten einiger Ärzte gegenüber dem US-Portal «Propublica». Er hatte mehrere Telefonate und E-Mails erhalten, in denen sich Apotheker über erhaltene Chloroquin-Rezepte von Medizinern beklagten, die in einem fragwürdigen Zusammenhang ausgestellt worden waren.
Den Ärzten spielt dabei in die Karten, dass Chloroquin mehr ist als ein Malaria-Medikament. Es wirkt auch bei Autoimmunerkrankungen wie rheumatischer Arthritis oder Lupus und darf für diese Leiden verschrieben werden.
Dass es während der Coronakrise zu einem drastischen Anstieg von Diagnosen der genannten Krankheiten kommt und davon ausgerechnet die eigenen Eltern oder Geschwister betroffen sein sollen, erscheint nicht nur Apothekern und staatlichen Aufsichtsbehörden wenig plausibel: Die Nachfrage nach Chloroquin ist in den USA rasant gestiegen. Nicht zuletzt, weil Ärzte das Medikament für Verwandte, Freunde und für sich selbst horten – zum Nachteil von Patientinnen und Patienten mit Autoimmunleiden, die dringend auf diese Therapie angewiesen sind.
Akt der Verzweiflung
Es ist kein Geheimnis, dass Mediziner und Pflegende in den USA, die in Spitälern unmittelbar mit COVID-19-Patienten in Kontakt stehen, Chloroquin präventiv einnehmen.
Für viele ein Akt der Verzweiflung, um sich vor einer Ansteckung mit dem neuartigen Coronavirus zu schützen. Ihren Unmut über prekäre Hygienemängel, insbesondere über fehlende Atemschutzmasken, äussern US-amerikanische Ärztinnen und Ärzte unter anderem in der «New York Times».
Ausgehend von einer Wirkung bei COVID-19, wäre die präventive Anwendung des Mittels für Huldrych Günthard nicht abwegig. Diskutiert habe er das auch schon, allerdings im Zusammenhang mit einer Postexpositionsprophylaxe: «Theoretisch könnte man es Spitalmitarbeitenden geben, die unmittelbaren Kontakt zu einer infizierten Person hatten.»
Schweizer Spitalpersonal gut geschützt
In Schweizer Spitälern sind die Hygienestandards nach wie vor hoch und die Mitarbeitenden mit Materialien zum Schutz vor einer Ansteckung mit dem neuartigen Coronavirus ausgestattet.
Dem Personal darüber hinaus ein Medikament wie Chloroquin abzugeben, findet der Infektiologe zum jetzigen Zeitpunkt deshalb unverhältnismässig: «Wichtig und wirksam ist es, im Spital die Hygienemassnahmen strikt einzuhalten.» Dass Spitalmitarbeitende von Patientinnen oder Patienten angesteckt worden seien, habe er am Universitätsspital Zürich noch nicht beobachtet.
Etwa die Hälfte aller Erkältungen werden von Rhinoviren ausgelöst. Eine Untersuchung der University of Virginia (USA) in Hotelzimmern zeigte, dass die Erreger auf unterschiedlichen Gegenständen wie Türklinken, TV-Fernbedienung oder Lichtschalter noch mindestens einen Tag später aktiv, also infektiös waren.
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Laut der britischen Gesundheitsbehörde NHS sind Rhinoviren – abhängig von Faktoren wie Oberflächenstruktur, Luftfeuchtigkeit und Temperatur – sogar bis zu sieben Tage ausserhalb des Körpers ansteckend.
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Eine grössere Ansammlung von Grippeviren des Stamms Influenza-A kann auf einer Banknote bis zu 17 Tage auf ein neues, potenzielles Opfer lauern. Das geht aus einer Untersuchung einer Forschungsgruppe um den Virologen Yves Thomas von der Universitätsklinik Genf hervor. Eine Analyse aus dem «Journal of Infectious Disease» prognostiziert den Erregern auf glatten Kunststoffoberflächen eine «Überlebenszeit» von etwa 48 Stunden.
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Mit einer wissenschaftlichen Übersichtsarbeit legten Forscher der Universität Greifswald und der Ruhr-Universität Bochum nahe, dass das neuartige Coronavirus 2019-nCoV bis zu neun Tage ausserhalb des menschlichen Körpers ansteckend sein kann.
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Herpes-Simplex-Viren sind – unter anderem – für lästige Fieberbläschen an den Lippen verantwortlich. Übertragen werden die Erreger durchs Küssen oder eine Schmierinfektion (zum Beispiel über die Hände). Anstecken kann man sich aber auch durch gemeinsam benutzte Hand- oder Geschirrtücher.
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Forscher des internationalen Textilforschungszentrums Hohenstein im deutschen Bönnigheim fanden heraus, dass Herpes-Simplex-Viren auf einem Stofflappen mitunter 48 Stunden infektiös bleiben. Frühere Untersuchungen zeigten, dass die Erreger bis zu acht Wochen auf harten Oberflächen ausharren und eine Infektion auslösen können. Sogar eine 40-°C-Wäsche sollen sie mühelos überstehen.
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Folgt auf ein unangenehmes Grummeln im Magen starke Übelkeit mit Erbrechen, begleitet von starkem Durchfall, hat man sich unter Umständen eine Norovirus-Infektion eingehandelt.
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Infiziert wird man immer über den Mund, das heisst, die Viren werden via Schmierinfektion oder durch kontaminiertes Wasser oder Speisen übertragen, wie in einer Publikation des Bundesamts für Gesundheit (BAG) zu lesen ist. Anstecken kann man sich über einen Gegenstand, der mehrere Tage zuvor von einer infizierten Person kontaminiert wurde.
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Auch Rotaviren verursachen schwere Durchfälle und sind besonders für Säuglinge und Kleinkinder gefährlich. Ähnlich wie die Noroviren gehören sie zu den besonders anpassungsfähigen Erregern: Selbst nach mehreren Wochen in der Umwelt bleiben sie infektiös.
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