Lauftipps «Der Schuh ist für Läufer die wichtigste Ausrüstung»

Tom Nebe

18.2.2020

Wer regelmässig joggt, braucht richtige Laufschuhe. 
Wer regelmässig joggt, braucht richtige Laufschuhe. 
Source: Getty Images

Mit ausgelatschten Turnschuhen zu joggen beginnen? Keine gute Idee. Warum Laufschuhe so wichtig sind und wie Sie das perfekte Paar finden.

Frische Luft und Bewegung: Diese Kombination reizt viele Menschen am Laufen. Damit die Muskeln und Sehnen eine Joggingrunde gut überstehen, spielt das Schuhwerk eine zentrale Rolle.

Anders gesagt: Ohne Laufschuhe läuft nichts. Warum das so ist und worauf es bei den Modellen ankommt:

Reicht für den Start der alte Hallenschuh?

Nein. «Ein Hallenschuh ist sicher nicht geeignet, um einen etwa auf Waldboden weit zu tragen», erklärt der Orthopäde Patrik Reize. Beim Laufen würden andere Fussteile belastet als bei anderen Sportarten – und müssten entsprechend gedämpft und stabilisiert werden.

Sonst drohen Probleme, etwa im Vorfussbereich, an der Achillessehne oder in den Knien. Gerade im Frühjahr, wenn viele Menschen wieder mit dem Laufen anfangen, kommen immer wieder Läufer mit Beschwerden zu Reize und seinem Team ins Klinikum Stuttgart und klagen etwa über Rückenschmerzen. «Oft sind sie untrainiert oder probieren es mit irgendwelchen ungeeigneten Schuhen», erzählt der Mediziner.



Auch Urs Weber vom Fachmagazin «Runner's World» betont: «Der Schuh ist für Läufer der wichtigste Ausrüstungsgegenstand.» Er verdeutlicht das mit einem Vergleich: «Ich kann auch mit einem Tennisschuh Fussball spielen, aber mit einem Fussballschuh geht es deutlich besser.»

Worauf kommt es bei der Auswahl an?

Sprengung, Härtegrad, Dämpfung. Rund um das Schuhwerk kursieren etliche Fachbegriffe. Doch gerade Einsteiger sollten sich von denen nicht beirren lassen, rät Weber. Am besten gehe man «unbescholten und mit viel Gefühl» an die Sache heran. Am wichtigsten ist, dass die Schuhe richtig sitzen. «Das spürt man am Fuss», sagt Weber. Technische Eigenschaften und Ausstattung kommen danach.

Wichtig ist, sich selbst und seine Ansprüche zu kennen: Das eigene Gewicht, der Trainingsgrad (Anfänger, Fortgeschrittener oder ambitionierter Läufer), der Untergrund, auf dem man läuft (harter Fussweg oder weicher Waldboden), die Länge der Laufstrecke und eventuelle Fehlstellungen des Fusses – diese Faktoren spielen bei der Wahl des Schuhes eine wichtige Rolle, erklärt Reize.

Beispiel Laufstrecke: «Bei längeren Strecken brauche ich mehr Unterstützung durch den Schuh», sagt Reize. Dann kommt es auf die Stabilität und die Dämpfung an. Wer schon geübt ist, kann sich auf kurzen Strecken dagegen auch einen ganz flexiblen Schuh suchen, um etwa die Muskeln und Sehnen im Fussbereich mehr zu fordern und zu trainieren, erklärt der Experte.



Laufanfänger sollten aus seiner Sicht eher auf mehr Unterstützung durch den Schuh setzen. Sobald sich Muskeln, Bänder und Knochen an die neue Belastung gewöhnt haben, könne man das reduzieren – das sei vom Laufstil und Leistungsvermögen abhängig.

Welche Rolle spielt der Laufstil?

Die meisten Menschen sind Fersenläufer, sagt Urs Weber. Das heisst: Sie landen nach jedem Laufschritt mit dem Fersenaufsatzpunkt zuerst und rollen mit dem ganzen Fuss ab. «Aus der Erfahrung heraus brauchen diese Läufer relativ gut gedämpfte Schuhe.»

Es gibt noch zwei weitere Lauftypen: Vorfussläufer und Mittelfussläufer. Weber betont jedoch: «Es gibt kein Ideal, dass man anstreben sollte. Jeder läuft halt so, wie es ihm angeboren wurde, es gibt kein Richtig oder Falsch.» Es konnte seinen Angaben nach bislang auch noch nicht biomechanisch nachgewiesen werden, dass ein Laufstil verletzungsanfälliger oder generell schlechter sei als ein anderer.

Lohnt sich eine Laufberatung im Laden?

Viele Fachgeschäfte bieten das an. Weber würde das grundsätzlich immer empfehlen. Die Menge an einfachen Laufschuhen sei sehr gross, sagt er. «Es ist schwierig, sich da zu orientieren und das passende Modell zu finden. Vor allem als Laufanfänger.»

Welche Trends gibt es aktuell?

Längere Zeit war das Schlagwort «Natural Running» in aller Munde: also möglichst keine Dämpfung und wenig Unterstützung für den Fuss, hohe Flexibilität, Barfusslaufen mit Sohle quasi. Inzwischen sei das Pendel aber zurückgeschlagen, beobachtet Weber. Im Trend seien wieder die «gut gedämpften, superkomfortablen Laufschuhe».

Wie lange hält ein Laufschuh?

Das hängt stark von der Nutzerin oder dem Nutzer ab, wie Weber erläutert. «Es macht einen grossen Unterschied, ob es sich um eine 50 Kilogramm schwere Läuferin mit perfektem Laufstil handelt oder einen 100 Kilogramm schweren Läufer mit einem biomechanisch aufwendigen Laufstil», führt der Experte aus.



Allgemein habe die Lebensdauer der Schuhe in den vergangenen Jahren zugenommen. Gerade das Mittelsohlenmaterial sei viel besser geworden. Dennoch härtet es mit der Zeit aus und verliert an Elastizität. Damit lässt die Leistung des Schuhs nach, der Körper wird beim Laufen mehr gefordert. «Das merkt man nicht», sagt Weber. Was auch daran liegt, dass dieser Verschleiss sich eben nicht offensichtlich zeigt – zum Beispiel durch Löcher im Schuh.

Der Experte rät, einen acht bis zehn Jahre alten Laufschuh lieber auszutauschen oder nur noch im Alltag zu nutzen. Aber nicht mehr zum Joggen im Park oder auf der Laufbahn.

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