Gefährlich gestresst Der Freizeit beraubt: Immer mehr Kinder kämpfen gegen Schlafprobleme

Von Jennifer Furer

12.3.2020

Diese Entwicklung ist bedenklich: Immer mehr Kinder leiden an Stress. Eltern und die Schule stehen in der Verantwortung. Aber auch die Gesellschaft kann etwas tun, sagt ein Experte im Interview.

Stressbedingte Symptome bei Kindern haben zugenommen. Das zeigen Studien, zum Beispiel der Weltgesundheitsorganisation. Ein Beispiel: 2002 haben 19 Prozent der Elfjährigen angegeben täglich oder mehrmals pro Woche an Schlafstörungen zu leiden. Zum Vergleich 2017 waren es sogar schon 27 Prozent. 

Kopf- und Bauchschmerzen, Müdigkeit, Herzklopfen, Händezittern, Schwindel, Appetitlosigkeit oder Übelkeit können weitere Symptome von übermässigem Stress sein. Das berichten gestresste Kinder in Studien. Möglicherweise werde das Kind auch von Panik geplagt. Einige Kinder würden bei Überforderung aggressiv werden, sodass es häufiger Rangeleien gibt und Türen zugeknallt werden.

Vor allem bei älteren Kindern zeige sich der Stress oft auch auf der emotionalen und psychologischen Ebene. Jüngere Kinder würden vor allem mit körperlichen Symptomen auf Stress reagieren. Doch was kann die Gesellschaft tun, um dieser gefährlichen Entwicklung gegenzusteuern. Wir haben einen Experten gefragt.

Herr Bürki, merkt ein Kind selbst, wenn es gestresst ist?

Negative Gedanken zu bemerken, ist für Kinder schwierig. Damit ein Kind mit Stresssituationen umgehen kann, muss es Belastungssituationen erst erkennen und wissen, wie sich Stress anfühlt. Eltern können unterstützen dabei.

Wie?

Hilfreich sind Fragen. Wann fühlst du dich unter Druck gesetzt? Wann setzt du dich selber unter Druck? Durch solche und ähnliche Fragen können Eltern das Bewusstsein ihres Kindes schärfen.

Bernhard Bürki ist Leiter Kommunikation bei Pro Juventute Schweiz.

Was ist die Ursache von Stress bei Kindern?

Mangelnde Freizeit und fehlende selbstbestimmte ‹Qualitätszeit› sind wesentliche Aspekte der Stressbelastung. Fast alle der Kinder mit hohem Stress möchten mehr Zeit für Dinge haben, die ihnen Spass bereiten.

Hat das einen Zusammenhang mit den zunehmenden schulischen Anforderungen?

Die Schule hat eine zentrale Stellung im Alltag der Kinder und Jugendlichen. Sie nimmt einen grossen Teil ihrer Zeit ein und wird von den Jugendlichen als Quelle von Stress am häufigsten genannt.

Spielt auch der Druck der Eltern eine Rolle?

Ja, Erwartungen und Vorbildfunktion der Eltern sind sicher Gründe für die Zunahme gestresster Kinder. Auch gesellschaftliche Entwicklungen allgemein und die die Einstellungen und Verhaltensweisen der Kinder und Jugendlichen selber spielen eine Rolle.

Was können Eltern konkret tun, damit ihr Kind nicht ungesundem Stress ausgesetzt ist?

Es gibt keine Strategie zur Bewältigung von Stress, die immer hilft. Wichtig ist, die Situation anzuschauen und zu entscheiden, welche Verhaltensweise angemessen ist. Eltern können Kinder ermutigen, Anforderungen mit einer positiven Einstellung zu bewältigen und an seine Stärken und Fähigkeiten zu glauben.

Was mache ich, wenn ich sehe, dass eine Mutter nicht reagiert, wenn ihr Kind gestresst ist?

Ob und welche Reaktion in einem solchen Fall angemessen ist, kommt auf das persönliche Verhältnis zwischen der Person, die das beobachtet und der Mutter an.

Was kann die Gesellschaft tun, um die Zunahme an gestressten Kindern zu stoppen?

Wir sollten davon wegkommen, Kinder möglichst früh und effizient auf die Anforderungen der Leistungsgesellschaft vorzubereiten und dem freien Spiel und informellen Lernen mehr Platz zu geben. Wir können dort ansetzen, wenn wir Kindern mehr Zeit geben für Dinge, die sie gerne machen.

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