Mit der Tour Down Under starten diese Woche nach den Frauen auch die Männer in die Rad-Saison 2025. Ein Ausblick.
Eine Neuerung vor der grossen Reform?
Die sechs Etappen umfassende Tour Down Under rund um Adelaide mit Start am Dienstag markiert den Auftakt in die diesjährige World-Tour-Saison, die Mitte Oktober mit der Guangxi-Rundfahrt in China traditionell ihren Abschluss finden wird. Der Kalender umfasst in diesem Jahr 21 Eintages- und 15 Etappenrennen. Neu machen die besten Radprofis der Welt in Dänemark Halt, wo in der Hauptstadt zeitgleich mit dem Schlusstag der Tour de Suisse der sogenannte «Kopenhagen Sprint» ausgetragen wird. Geht es nach UCI-Präsident David Lappartient dürften solche Überschneidungen jedoch bald der Vergangenheit angehören. Der Franzose hat für 2026 grössere Umwälzungen im Rennkalender angekündigt.
Afrikanische WM-Premiere
Die Tour de Suisse (15. bis 22. Juni) wie auch die Tour de Romandie (29. April bis 4. Mai) gehören weiterhin der höchsten Stufe an. Sie behalten wie die drei Grand Tours Giro d'Italia (ab 9. Mai), Tour de France (ab 5. Juli) und Vuelta a España (ab 23. August) und die bedeutendsten Eintages-Klassiker wie etwa die Flandern-Rundfahrt oder Paris-Roubaix ihren angestammten Platz im Kalender. Eine Premiere gibt es Ende September, wenn in Ruandas Hauptstadt Kigali die WM-Medaillen zum ersten Mal auf afrikanischem Boden vergeben werden.
Kleine Schweizer World-Tour-Fraktion
An der Tour Down Under ist Mauro Schmid der einzige Schweizer Starter. Der Zürcher gehört dem einheimischen Team Jayco AlUla an und wird im Trikot des Landesmeisters versuchen, genau so für Furore zu sorgen wie seine Landfrau (und Schweizer Meisterin) Noemi Rüegg, die am Sonntag bei den Frauen als Gesamtsiegerin hervorging.
Schmid gehört zu einem Schweizer Sextett, dass in dieser Saison bei einem der 18 World-Tour-Teams unter Vertrag steht. Die helvetische Fraktion um ihn, Silvan Dillier (Alpecin-Deceuninck), Stefan Bissegger (neu Decathlon AG2R La Mondiale), Stefan Küng (Groupama-FDJ), Johan Jacobs (Movistar) und Jan Christen (UAE Emirates) ist damit so klein wie 2011, als die Rennserie ins Leben gerufen wurde. Zum Vergleich: Frankreich stellt in diesem Jahr mit 81 am meisten Fahrer.
Viele Freiheiten für Hirschi
Noch vor drei Jahren waren es 15 Schweizer mit World-Tour-Status, eine drastische Abnahme also. Doch der Schein trügt. Der Grund heisst Tudor Pro Cycling. Die vor knapp drei Jahren lancierte Equipe von Besitzer Fabian Cancellara ist ein zweitklassiges Pro Team, kein World-Tour-Team. Gleich sieben helvetische Fahrer stehen unter Vertrag, mit Marc Hirschi neu auch der grosse Schweizer Hoffnungsträger. Nach vier Jahren bei UAE Emirates wagte der U23-Weltmeister von 2018 eine Luftveränderung. Statt wie zuletzt oft nur als Helfer, kann Hirschi bei Tudor wieder als Leader Verantwortung übernehmen. «Ich geniesse hier viele Freiheiten», meint der 26-jährige Berner zu seinem neuen Arbeitgeber. Neun der 16 Schweizer Saisonsiege aus dem letzten Jahr gehen auf Hirschis Konto, meist waren es aber Erfolge an kleineren Rennen.
Tudor auf Wildcards angewiesen
Nun will Hirschi, wie zuletzt an der Heim-WM in Zürich (6. Platz), wieder im Konzert der Grossen mitmischen. Weil Tudor allerdings nicht Teil der World Tour ist, ist die Equipe auf Einladungen der Veranstalter angewiesen. Die Chance auf so genannte Wildcards stehen allerdings gut, weil mit dem 32-jährigen Julian Alaphilippe, Strassen-Weltmeister von 2020 und 2021, noch ein zweiter renommierter Fahrer verpflichtet werden konnte. Der französische Publikumsliebling könnte Tudor das Tor zur Tour de France öffnen, nachdem die Mannschaft 2024 am Giro d'Italia erstmals Luft an einer Grand Tour geschnuppert hatte.
Hirschi legt auf Mallorca los, Alaphilippe in Portugal
Durch die vielen Ungewissheiten ist es für das neue Leaderduo von Tudor aktuell noch schwierig, eine konkrete Jahresplanung zu machen. Sicher ist aber, dass Hirschi Ende Januar mit einer Reihe von kleineren Eintagesrennen auf Mallorca in die Saison einsteigen wird. Alaphilippe wird Mitte Februar anlässlich der Algarve-Rundfahrt im Süden Portugals für Tudor debütieren.
Andere namhafte Fahrer haben ihr Programm oder zumindest gewisse Absichten schon bekannt gegeben. So will Tadej Pogacar nach seinem Super-Jahr mit dem historischen Giro-Tour-Double heuer wieder deutlich mehr Rennen bestreiten. Die Frankreich-Rundfahrt und die Verteidigung seines WM-Titels zählt er 2025 zu seinen grössten Zielen. Noch offen ist, ob Hirschis früherer Teamkollege wieder den Giro oder die Vuelta bestreiten wird. Alle drei grossen Rundfahrten werde er aber nicht fahren, hielt der Slowene fest. Sein grosser Rivale Jonas Vingegaard wird 2025 nebst der Tour de France auch die Vuelta bestreiten.
Evenepoel startet verspätet
Auch Remco Evenepoel, der Doppel-Olympiasieger von Paris und Zeitfahr-Weltmeister von Zürich, hegt nach seinem 3. Platz bei seinem Debüt im letzten Jahr wieder Ambitionen an der Frankreich-Rundfahrt. Beim Belgier ist nach seinem Trainingsunfall im Dezember (Kollision mit einer Autotür) jedoch noch Geduld gefragt. Er wird wohl erst im April in die Saison einsteigen.