Vom Superstar zum Nati-Coach Andy Schmid: «Xhaka kann auf Anhieb ein Top-Trainer werden»

Michael Wegmann

20.1.2025

Trainer Andy Schmid weiss mit der Handball-Nati an der WM in Dänemark zu überzeugen.
Trainer Andy Schmid weiss mit der Handball-Nati an der WM in Dänemark zu überzeugen.
Keystone

Er war noch im 2024 einer der besten Handballer der Welt, jetzt führt er die Nati als Trainer in die WM-Gruppenphase. Hier spricht Andy Schmid mit blue Sport über seine Liebe zum Fussball, Xhaka, Klopp, Nagelsmann und die Launen seines FC Luzern.

Michael Schifferle

Keine Zeit? blue Sport fasst für dich zusammen

  • An der EM 2024 war Andy Schmid noch der Nati-Star auf dem Platz, jetzt führte er die Handball-Nati als Trainer in die Hauptrunde an der WM in Dänemark.
  • Dasselbe würde Schmid durchaus auch seinem fussballspielenden Pendant Granit Xhaka zutrauen. Schmid liebt nicht nur Handball, er ist auch fussballbegeistert. 
  • Im Interview mit blue Sport redet er unter anderem über den FC Luzern («Ruhe hast du beim FCL eh nicht») und räumt mit dem Vorurteil auf, dass Handballer härter seien als Fussballer. 

Andy Schmid, wir beginnen mit einer journalistischen Todsünde: einem Klischee. Handballer sind härter als Fussballer, oder?

Andy Schmid: Auf keinen Fall. Du hast im Handball etwas mehr Körperkontakt als im Fussball. Und es kann sein, dass bei uns auch ein angeschlagener Spieler eher mal spielt. Das kann aber auch versicherungstechnische Gründe haben, weil beim Fussball mehr Geld im Spiel ist. Aber ein klares Nein: Auch Fussballer können einstecken.

Was können Handballer von Fussballern lernen?

Ich vergleiche ungern. Aber worin uns der Fussball als Ganzes voraus ist, ist die Professionalität, ganz klar. Was den Staff, die medizinische Betreuung betrifft, Ernährungsberatung, das mentale Training: Du hast Spezialisten für alles. Da hinken wir im Handball hinterher, weil wir es einfach nicht finanzieren können.

Und umgekehrt?

Falls Fussballer jetzt die Handball-WM schauen, fällt ihnen vielleicht etwas auf, das sie für sich mitnehmen können (schmunzelt).

Was mögen Sie am Fussball?

Ich mag den Fussball aus dem Grund, aus dem ihn alle mögen: Er ist unterhaltend, packend. Und du hast eine Art Verbindung zu den Spielern, weil du sie in den Medien so viel siehst und hörst. Dann willst du auch wissen, wie sie im nächsten Spiel spielen. Ich schaue extrem viel Fussball. In der Super League verfolge ich natürlich vor allem den FC Luzern, bei dem ich auch ab und zu im Stadion bin. Ich schaue aber auch Champions League, Premier League, Bundesliga.

Sie haben direkt den Weg vom Spitzenspieler zum Nati-Trainer vollzogen. Trauen Sie das Granit Xhaka, dem Kopf der Fussball-Nati, auch zu?

Direkt Nati-Trainer zu werden, ist im Fussball sicher schwieriger. Aber dass Granit Xhaka auf Anhieb Toptrainer bei einem Klubteam wird, traue ich ihm auf jeden Fall zu. Es ist immer eine Frage der Konstellation. Ich war sehr lange Spieler, habe auf einer Position gespielt, in der man ein Stück weit wie ein Trainer denken muss – darum geht das. Und bei Xhaka ist das, denke ich, sehr ähnlich wie bei mir.

Im Fussball ist der Weg zur Uefa-Pro-Lizenz für viele Ex-Profis beschwerlich. Wie siehts im Handball aus?

Du machst die C-, die B-, die A- und dann die Berufstrainerlizenz. Die ist zwingend. Aber ich kann sie jetzt parallel zum Job machen. Ginge das im Fussball?

Ja, Markus Babbel, der frühere FCL-Coach, war Trainer in Stuttgart, als er die letzten Ausbildungsschritte zum Fussballlehrer machte.

Das stelle ich mir brutal stressig vor...

…er wurde im laufenden Jahr dann auch entlassen.

Eben.

Gibt es im Fussball jemanden, der Ihnen imponiert?

Jürgen Klopp! Von seiner Geradlinigkeit, seiner Empathie, seiner Menschlichkeit – das sucht seinesgleichen. Und Julian Nagelsmann imponiert mir auch. Ohne dass ich das jetzt ganz genau beurteilen kann, weil ich nicht genug nah dran bin, habe ich das Gefühl, er sei mit dem Schritt von Bayern zur Nationalmannschaft noch mal gewachsen. Vom Taktikfreak zu einem offenen Typen, der auch an das grosse Ganze denkt.

Woran machen Sie das fest?

Ich habe einen guten Draht zu Pirmin Schwegler, der unter Nagelsmann in Hoffenheim spielte. Er hat immer geschwärmt, dass Nagelsmann taktisch unglaublich sei. Aber das ist halt nur ein Teil, den ein Trainer beherrschen muss. Es geht auch um Führungsstärke, psychologische Faktoren, die einen Spieler beeinflussen. Und ich habe das Gefühl, dass Nagelsmann in dieser Hinsicht inzwischen noch mehr tut.

An welchen Trainern orientieren Sie sich sonst?

Du kannst von allen etwas rausziehen. Ich hatte selbst viele gute Trainer. Ich habe aber auch ein Buch von Basketballtrainer Phil Jackson gelesen (Jackson gewann 13 NBA-Titel mit den Chicago Bulls und den LA Lakers, Red.). Aber ich bin ich, und ich muss für mich den besten Weg finden. Schliesslich kann ich ja nicht so tun, als wäre ich ein Elder Statesman wie Carlo Ancelotti, der mehr als 20 Jahre älter ist und schon alles gewonnen hat.

Hat ein Handball-Trainer mehr Einfluss während des Spiels als ein Fussball-Trainer?

Ich war nie Fussballtrainer. Aber ich sage: Ja. Fussballtrainer können heutzutage fünfmal wechseln, früher wars nur dreimal. Ich kann jede Sekunde jeden Spieler ein- oder auswechseln. Das erhöht natürlich die taktischen Möglichkeiten. Zudem habe ich drei Timeouts pro Spiel, um Einfluss zu nehmen. Und ich bin in der geschlossenen Halle auf engerem Raum an den Spielern dran. Darum hören sie mich auch besser. Im Fussball ist es sicher die taktische Vorbereitung, die extrem intensiv ist.

Noch mal zurück zu Ihrem Lieblingsklub, dem FCL. Wie erleben Sie ihn?

Die letzten beiden Jahre waren turbulent mit dem Streit um Investor Bernhard Alpstaeg. Aber Ruhe hast du beim FCL eh nicht. Das ist Luzern, das macht den Klub aus. Er bewegt die Stadt und die ganze Region. Jeder will mitreden, und dadurch entsteht permanent Unruhe. Sportlich ist der Klub inzwischen recht stabil, daneben noch nicht so (schmunzelt).

Lausanne-Sport – Luzern 0:0

Lausanne-Sport – Luzern 0:0

Credit Suisse Super League // 19. Runde // Saison 24/25

19.01.2025

LÄSSER – mit Andy Schmid

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