«Fataler Fehler» Ukraine-Politiker wettert gegen Netrebko-Auftritt in Luzern

mmi

23.2.2023

Die Nähe der Sopranistin Netrebko zum russischen Präsidenten Putin lösen Debatten über geplante Auftritte  aus. 
Die Nähe der Sopranistin Netrebko zum russischen Präsidenten Putin lösen Debatten über geplante Auftritte  aus. 
Keystone

Seit Ausbruch des Krieges in der Ukraine steht Anna Netrebko wegen ihrer Nähe zu Putin regelmässig in der Kritik. Mehrere Konzerte der russisch-österreichischen Sopranistin wurden abgesagt. Auch ein in Luzern geplanter Auftritt sorgt für Aufruhr.

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Die Nähe zu Putin hat die österreichisch-russische Sopranistin Anna Netrebko bereits viel Kritik eingebracht. 

Nun sorgt sie erneut für Schlagzeilen. Und zwar, weil im Juni 2024 ein Konzert im Luzerner KKL geplant ist. Gemeinsam mit ihrem Ehemann Yusif Eyvazov soll sie ein Konzert nachholen, das eigentlich schon im Juni 2022 hätte stattfinden sollen. Das wurde wegen deren Nähe zum Kreml abgesagt.

Aus dem selben Grund hat das Zürcher Opernhaus die Künstlerin bereits ausgeladen. Laut einer Medienmitteilung plane man bis 2025 keine weiteren Auftritte mit Netrebko.

Das Konzert im KKL hingegen soll wie geplant stattfinden. Davon geht die Good News Production AG in Opfikon aus, die den Anlass organisiert. Auf Anfrage von «Blick» sagt Geschäftsführer Stefan Matthey man stehe in engem Kontakt mit der deutschen Tourneeveranstalterin, die ihnen versichert habe, dass sich Anna Netrebko von Putins Krieg distanziert habe.

«Aushängeschild der imperialistischer Kulturpolitik»

Der ukrainische Vize-Aussenminister Andrij Melnyk schenkt dieser Aussage wenig Glauben: «Ihre Distanzierung vom Kreml-Chef ist halbherzig», sagt er zu «Blick».

Die Operndiva war und bleibe das Aushängeschild der imperialistischen Kulturpolitik Putins, um seinen Vernichtungskrieg gegen die Ukrainer zu vertuschen und auszublenden, so Melnyk weiter und meint: «Es wäre ein fataler Fehler, wenn Anna Netrebko in Luzern auftreten darf», das habe nichts mit Kunstfreiheit zu tun. 

Vom umjubelten Opernstar zur Verräterin degradiert

Nicht nur in der Schweiz, auch in der hessischen Hauptstadt Wiesbaden wird zurzeit debattiert, ob zwei für Mai geplante Konzerte von Netrebko überhaupt stattfinden sollen. Auch hier der Vorwurf: Die Künstlerin distanziere sich zu wenig vom russischen Präsidenten Wladimir Putin. 

Der Intentant des hessischen Staatstheaters Wiesbaden, Uwe Laufenberg, will an der Einladung der Sopranistin fest und spricht von einer «Moralhysterie». Beide Aufführungen seien bereits ausverkauft.

Das passt Andrij Melnyk, der bis vergangenen Jahres ukrainischer Botschafter in Deutschland war, gar nicht. Auf Twitter verschafft er seiner Empörung über die geplanten Auftritte Luft indem er auf ein T-Shirt mit dem Slogan «Auf nach Berlin» erinnert, das die Sängerin getragen hat. «Dieser Slogan benutzt die russische Propaganda, um Deutschland einzuschüchtern» und fragt, warum Wiesbaden überhaupt einen Auftritt der Putin-Apologetin plane.

Der Manager der Künstlerin hingegen wehrt sich. Es sei nicht richtig, Netrebko mit einer Regierung oder mit dem Krieg in Verbindung zu bringen. Die 51-Jährige habe sich mehrfach vom Konflikt distanziert. In ihrer Heimat sei sie inzwischen vom umjubelten Opernstar zur Verräterin degradiert worden und bekäme momentan keine Engagements mehr, so der Manager.

Sypathien für Putins Politik – keine Einzelfälle

Trotz der Distanzierungs-Beteuerungen hat die Sopranistin bereits mehrmals öffentlich ihre Sympathien für Putins Politik kund getan.

Nebst gemeinsamen Fotos mit dem Kreml-Chef hält sie auf einem Bild von 2014 eine Fahne von «Neurussland» in die Höhe – just zu dem Zeitpunkt als Russland die ukrainische Halbinsel Krim annektierte. Zudem spendete sie damals dem Donezker Operntheater eine Million Rubel (12'400 Franken). Donezk wird von prorussischen Separatisten kontrolliert.

Und beim T-shirt mit der aufsehenerregenden Aufschrift «Auf nach Berlin» ist der Zeitpunkt entscheidend: Das Shirt trug sie am 9. Mai 2010 – an dem Tag, wo Russland den Sieg über Nazi-Deutschland feiert. Zudem trägt sie das Georgsband, das ebenfalls an den Sieg erinnert und inzwischen als Zeichen der Unterstützung für den Kreml gedeutet wird.