Der Zapper TV-Juni: Nerven mit Ruefer, leiden mit Kahn, schlafen mit «Schneckerl»

von Lukas Rüttimann

2.7.2018

König Fussball hat den Juni fest im Griff. Auch der Zapper ist im WM-Fieber und hat sich durch die Fussball-Angebote in seinem TV-Raster gedribbelt.

Das alte Lied bei SRF

Man könnte sich wieder nerven. Über Sascha Ruefers Inkompetenz (er verwechselte minutenlang Spanien und Portugal), über seine Tiefflieger-Sprüche («Der Match ist langweilig, das erinnert mich an meine Schulzeit») oder darüber, dass er nicht merkt, dass ein Kommentator nicht der grösste Fan, sondern ein fähiger Analytiker sein soll. Aber das tut der Zapper nicht. Er hat sich damit abgefunden, dass man bei SRF nicht gewillt ist, die Leiden der fussballinteressierten Schweiz zu erhören. Zumal es das Schweizer Fernsehen sonst gut macht. Salzgeber und Huggel harmonieren, bei Ruefers Kollegen gibts neben Schatten auch viel Licht – und wem's nicht passt, der kann die WM auf ARD oder ZDF schauen.

Leiden mit den Olis

Dort zeigen die beiden Olis – Oliver Welke und Oliver Kahn –, wie schön Fussballschauen doch sein kann. Vor allem bei den Spielen der deutschen Nationalmannschaft war es ein Genuss, den hochrot angelaufenen Torwart-Titan bei seinen leidvollen Analysen zu erleben. Auch wenn er sich gemässigter gab als auch schon: Im Vulkan drin hat es gebrodelt, das hat man problemlos durch den Bildschirm spüren können. Nicht zuletzt weil der lustige Oli den ernsten Oli immer schön mit seinen ironischen Sprüchen heisslaufen liess. Herrlich!

Schollis Schnauze

Auch bei der ARD nimmt man Fussball mit Humor. Matthias Opdenhövel gehört wie sein ZDF-Pendant Welke zur raren Spezies von Moderatoren, die Fachwissen und komödiantisches Talent vereinen. Die ironischen Anmerkungen des Ex-Viva-Moderators sind oft besser als das Gekicke auf dem Rasen. Nur etwas fehlt: «Opdis» kongenialer Experte und ehemaliger Moderationspartner Mehmet Scholl wird schmerzlich vermisst, nachdem er die ARD im Streit über einen Doping-Beitrag verliess (respektive – verlassen musste). Schollis freche Schnauze hätte gerade bei dieser WM für die eine oder andere Sternstunde gesorgt.

Die arme Claudia

Nicht nur die Schweizer jammern über Moderatoren, auch in Deutschland ist man nicht glücklich. Steffen Simon etwa ist für viele ein Grund zum Umschalten, dabei erlaubt sich der Mann nur eine glasklare und auch mal unpopuläre Meinung. Richtig übel sind die Anfeindungen indes gegen Claudia Neumann. Nicht etwa, weil sie inkompetent wäre, sondern weil sie eine Frau ist. Neumann wurde im Netz so fies beleidigt, dass das ZDF Strafanzeige eingereicht hat. Beschämend – schliesslich weiss jeder Fan von «Das aktuelle Sportstudio», dass Frauen in Fussballshows ihren männlichen Kollegen in nichts nachstehen.

Glücksgriff Kramer

Viel wird geschrieben über Moderatoren und Kommentatoren. Doch wie siehts bei den vielen neuen WM-Experten aus? Bei SRF verliert man ob den unzähligen und stetig wechselnden Gästen den Überblick. Geblieben ist dem Zapper der fähige, aber etwas gar redefreudige Schiedsrichter-Experte Sascha Amhof. Bei der ARD hingegen ist Thomas Hitzlsperger ein sympathischer, oft aber auch etwas langweiliger Fachmann. Überzeugt von den Neuen hat vor allem einer: Borussia Mönchengladbachs Mittelfeld-Abräumer Christoph Kramer ist der lebende Beweis, dass es nicht alle Fussballer nur in den Beinen haben – und dass man das gewisse Etwas vor der Kamera entweder hat oder nicht. Deutschland-Experte Kramer, so viel ist sicher, hat es. So gesehen: Schade, dass Jogis Jungs schon draussen sind!

Oh jemine, «Schneckerl»!

Schauen wir nach Osten. Im Winter zeigt dort der ORF, wie man kompetent über Ski alpin berichtet. Beim Fussball hingegen dürfen sich die Ösis bei den Schweizern eine Scheibe abschneiden. Neben dem guten Roman Mählich sind es vor allem die staubtrockenen und immer bierernst vorgetragenen Platitüden à la «Der Ball ist rund, und ein Spiel dauert 90 Minuten» von Herbert «Schneckerl» Prohaska, die nerven. Kult für die einen, ein Grund zum Umschalten für den Zapper. Zu fest auf die Schulter klopfen sollten sich die Schweizer aber nicht: Der Zürcher Ex-Nationaltrainer der Österreicher, Marcel Koller, war so dröge, dass sich die Zuschauer beim ORF beschwerten.

Koreanische Ruefers

Zum Schluss etwas Erfreuliches. Immer beliebt sind die Jubelausbrüche auf ausländischen TV-Stationen. Den schönsten bislang haben die Südkoreaner beim 2 – 0 gegen die Deutschen geboten. Da könnte in Sachen Euphorie selbst Sascha Ruefer noch etwas lernen.

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