Jubiläums-«Tatort» Teil 2 Diese «Tatort»-Kommissare ermittelten in fremden Revieren

tsch

6.12.2020

Die Feierlichkeiten zu «50 Jahre Tatort» wurden mit Folge zwei des Dortmund/München-Doppels «In der Familie» abgeschlossen. Dass Ermittler verschiedener «Tatort»-Standorte in einem Film zusammenkommen, ist äusserst selten – es war allerdings keine Premiere.

Teil zwei des bayerisch-dortmunderischen Doppel-«Tatorts» war eine in ihrer zwangsläufigen Tragik bedrückend präzise erzählte Mafiageschichte. Im Ruhrpott endeten die 'Ndrangheta-Verbindungen der sympathischen Gastronomen-Familie tragisch. Als gefallene «Normalos» mit Mafia-Problem sah man die Reste der einst glücklichen Familie Modica als traumatisierte Outlaws auf der Flucht.

Auch wenn dieser Schuld-und-Sühne-Krimi kein klassischer Ermittler-Krimi war, der kurze Auftritt von Wüterich Peter Faber (Jörg Hartmann) in München war ausserordentlich stark. Hier noch einmal eine der besten «Tatort»-Dialogszenen seit langem, aller bisherige «Crossover»-Folgen, in denen «Tatort»-Kommissare fremde Reviere beackerten und ein Ausblick aufs Jahr 2021.



Worum ging es?

Nachdem sie aus Dortmund fliehen mussten, sind Pizzeria-Besitzer Luca (Beniamino Brogi), Tochter Sofia (Emma Preisendanz) und ihr ehemaliger «Gast» Pippo (Emiliano de Martino) in einem unauffälligen Münchener Apartment untergetaucht. Vor-Ort-Pate Domenico Palladio (Paolo Sassanelli), ein hochrangiges Mitglied der 'Ndrangheta, steuert die Gruppe. Doch sie begeht einen Fehler, der die Ermittler Ivo Batic (Miroslav Nemec), Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl) und – aus Dortmund zugereist – Peter Faber (Jörg Hartmann) aufmerksam werden lässt. Bald geraten alle Seiten zunehmend unter Druck. Es geht nicht mehr nur ums Geschäft, sondern ums nackte Überleben.



Worum ging es wirklich?

«In der Familie», Teil zwei, war die Fortsetzung einer fast schon griechischen Tragödie. Der nette Vater, leider mit Mafia-Verpflichtungen, musste seine geliebte Frau und Mutter seiner Tochter umbringen, um die Restfamilie am Leben zu erhalten. Doch was für eine Art Leben ist das: auf der Flucht, in totaler Abhängigkeit von den Befehlen einer Verbrecher-Organisation und mit der grösstmöglichen Schuld im Gepäck, die ein Mensch aufladen kann?

Dass der Vater mit der Tochter nicht über seinen Mord sprechen konnte, wie er sich wand, wie beide Seiten ob der Tragik und Wucht ihrer Geschichte stets kurz vor dem Wahnsinn standen – das war grosses «Tatort»-Kino. Am Sonntagabend ersetzte ein menschliches Maximal-Drama den klassischen Krimi-Plot. Dass sich «In der Familie» trotzdem wie ein Krimi anfühlte und auch so aussah, zeigt die grosse Kunst des Autors Bernd Lange, sowie der Regisseure Dominik Graf (Teil 1) und Pia Strietmann (Teil 2).

50 Jahre «Tatort»: Interview mit Regisseur Florian Froschmayer

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28.11.2020

Die beste Szene

Die beeindruckendste Dialogszene dieses «Tatorts» verband sich mit dem überraschenden Auftauchen von Dortmunds Peter Faber (Jörg Hartmann) in einem rotlichtigen Münchener Asia-Imbiss. Dort beobachtet Kommissar Leitmayr (Udo Wachtveitl) den lokalen Mafia-Paten (Paolo Sassanelli). Der bekommt es mit, geht rüber zu den Ermittlern, es entsteht folgendes Gespräch. Mafioso (zu Leitmayr): «Ihr Kollege ist weit ausserhalb seiner Zuständigkeit.» Faber: «Meine Zuständigkeit sind Arschlöcher und ihre Freunde.»

Als der Pate – quasi als Drohung – die Namen aller Dortmunder und Münchener Ermittler aufzählt, bekommt er von Faber ein furchtloses «Kriegen wir jetzt alle 'ne Weihnachtskarte?» entgegengeätzt. Auch seine Bezeichnung des Paten – nach einer Lügengeschichte – als Pinocchio ist nicht ohne Witz, schliesslich kam auch der aus Italien. Die gesamte Szene mit drei Verbrechens-«Profis» kurz vor der emotionalen Total-Entgleisung – mit noch mehr wunderbaren Punchlines – ist ab Minute 51 ein echtes Highlight des «Tatort»-Krimis. Eine bärenstarke, schauspielerisch hochenergetische Szene.



Diese «Tatort»-Ermittler besuchten fremde Reviere

Das erste «Tatort»-Crossover waren die Folgen «Kinderland» und «Ihr Kinderlein kommet» am Ostersonntag und -montag des Jahres 2012. Es ermittelten die damaligen Leipziger Kommissare Saalfeld und Keppler (Simone Thomalla und Martin Wuttke) mit den Kölnern Ballauf und Schenk (Klaus Behrendt und Dietmar Bär). 

Auch zur 1000. Folge «Taxi nach Leipzig» gab es am 13. November 2016 ein Crossover zwischen den Nord-Kommissaren Charlotte Lindholm (Maria Furtwängler) und Klaus Borowski (Axel Milberg). Am 1. Januar 2020 lief zudem die mit improvisierten Dialogen entstandene Folge «Das Team» mit den Dortmunder Ermittlern plus Münsteranerin Nadeshda Krusenstern (Friederike Kempter).



Wie geht es mit dem «Tatort» 2021 weiter?

Nach der Sommerpause 2020 bis Anfang Juli 2021 verplante die ARD 36 «Tatort»-Erstausstrahlungen, von denen 14 auf das Jahr 2020 entfallen. Bleiben also noch 22 neue «Tatorte» für die Zeit zwischen dem 1. Januar (eine Folge aus Weimar) und der diesmal recht spät angesetzten Sommerpause. Von Corona-bedingten Produktions-Engpässen, über die während des Frühjahrs-Lockdowns gesprochen wurde, hört man derzeit nicht mehr viel.

Offenbar hat sich die Filmproduktions-Branche an das Drehen unter Hygiene-Regeln mit vielen Testungen gewöhnt. Aktuell feiert 2021 nur ein neues «Tatort»-Team Premiere. Es sind die neuen Bremer Ermittler Jasna Fritzi Bauer, Dar Salim und Luise Wolfram. Ihr Debütfilm unter dem Arbeitstitel «Neugeboren» steht fürs spätere Frühjahr oder Frühsommer auf dem Programm.

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