Kolumne am MittagFröhliches Sterben mit Anke Engelke
Von Bruno Bötschi
30.9.2020
In der Netflix-Serie «Das letzte Wort» spielt Anke Engelke eine Witwe und Trauerrednerin. Es wird viel geweint, aber auch viel gelacht. Und das ist gut so, findet der Kolumnist.
«Beschissenster Scheissvater dieser scheissverschissenen Scheisswelt. Fick dich!» Diese Worte werden Teenager Tonio noch leidtun. Aber der Junge kann ja nicht voraussehen, dass sein Papi wenig später das Zeitliche segnet.
«Das letzte Wort» heisst eine neue Netflix-Serie mit der deutschen Komikerin Anke Engelke in der Hauptrolle. Es ist eine Geschichte irgendwo zwischen Drama und Komödie. Eine Geschichte voller Episoden über Tod und Verlust, über die Freuden und Versäumnisse im Leben. Gespielt von einem grossartigen Ensemble.
Karla (Engelke) und Stephan (Johannes Zeiler) sind seit einem Vierteljahrhundert verheiratet. Während dieser Zeit haben sie zwei Kinder auf die Welt gesetzt, hin und wieder gekiffelt zusammen, aber sich auch immer wieder versöhnt. Doch am Abend nach der Silberhochzeit, kurz bevor sie wieder einmal wilden Sex haben wollen, bricht Stephan plötzlich am Tisch zusammen und stirbt.
Wie verdammt schrecklich der Tod ist
Zur Beerdigung kommt die erwachsene Tochter endlich wieder einmal nach Hause, der Sohn zieht aus Trauer in Papis begehbaren Kleiderschrank ein und die griesgrämige Grossmutter wird aus dem Altersheim geworfen und wohnt jetzt auf dem Sofa.
Das Chaos scheint perfekt – bis zu allem Übel Witwe Karla auch noch herausfindet, dass ihr Verflossener seit zwei Jahren ein Doppelleben geführt hat. Nein, er hat keine Freundin, er … Stopp, das sei nicht verraten.
Serien über das Sterben und das Trauern stehen gerade hoch im Kurs. Auch Stand-up-Comedian Ricky Gervais beschäftigt sich damit in der Netflix-Serie «After Life» – und zeigt, wie verdammt schrecklich der Tod ist. Karla hingegen beschliesst nach anfänglichem Schock, dass Stephans Abdankungsfeier etwas ganz Besonderes werden soll. Ein grosses, schönes, wunderbares Fest.
Anke Engelke spielt die Rolle der Witwe, die sich unter keinen Umständen unterkriegen lassen will, mit derart viel tragisch-komischer Leidenschaft, dass dem Schreibenden mindestens zweimal pro Folge die Tränen in die Augen schossen.
Das Leben wichtiger ist als der Tod
Die Beerdigung verläuft dann allerdings doch nicht ganz nach Karlas Vorstellungen. Sie beschliesst, dass sie es besser kann: Sie macht eine Ausbildung zur Trauerrednerin und heuert bei einem Beerdigungsinstitut an. Bestatter Borowski (Thorsten Merten) steht immer kurz vor dem Konkurs, ist aber von ihrer unkonventionellen Art angetan.
Einmal verhilft Karla einer Tochter zum Befreiungsschlag gegen die tote Rabenmutter, die sie ständig niedergemacht hat. Ein anderes Mal organisiert sie statt einer öden Trauerfeier eine ausgelassene Party für die Freundinnen und Freunde einer Verstorbenen.
Das Leben wichtiger ist als der Tod, findet Karla. Und es gelte, dieses Leben trotz aller Widrigkeiten zu feiern. Sie hat total recht damit. – Auch wenn es in Realität dann doch nicht ganz so einfach ist.
Es ist diese Situationskomik, die «Das letzte Worte» zu einer wunderbar schrägen, aber gleichzeitig liebevollen Serie macht – und nicht zuletzt eine grossartige Anke Engelke.
Regelmässig gibt es werktags um 11:30 Uhr und manchmal auch erst um 12 Uhr bei «blue News» die Kolumne am Mittag – es dreht sich um bekannte Persönlichkeiten, mitunter auch um unbekannte – und manchmal wird sich auch ein Sternchen finden.