TV-Serie «After Life» Dieses Gefühl nach dem Sterben

Bruno Bötschi

26.3.2019

Er liebt den Tabubruch: Komiker Ricky Gervais in der neuen «Netflix»-Serie «After Life».

Video: Youtube

Er ist zugleich einer der bösesten und beliebtesten Stand-up-Comedians: Ricky Gervais. Jetzt ist der Brite auf «Netflix» in der Serie «After Life» zu sehen – und zeigt, wie verdammt schrecklich das Sterben ist.

Ricky Gervais verdient seine Brötchen als Komiker und Schauspieler. Ich gebe zu, viel mehr wusste ich von diesem Herrn nicht, als ich dieser Tage auf «Netflix» die neue, sechsteilige Serie «After Life» schaute.

Asche über mein Haupt! Ja, ich erfuhr erst im Nachhinein, dass dieser kleine, nicht gerade hübsche Mann vor bald 20 Jahren in der BBC-Serie «The Office» einen erbarmunglos peinlichen Bürochef erschuf, und dass er in Hollywood den Ruf einer «Persona non grata» hat (gleichwohl hat er mehrmals die Verleihung der «Golden Globes» moderiert).

Ich schaute «After Life» also ganz ohne Vorurteile. Ich schaute, weil mich das Thema «Sterben» grundsätzlich interessiert (ich bin seit zwei Jahren Mitglied bei «Exit») und – viel wichtiger – weil ich vor bald zwei Jahrzehnten eine ähnliche Geschichte erlebt habe.

Doofe Scherze, viel Nachsicht

25 Jahre lang waren Tony (Ricky Gervais) und Lisa (Kerry Godliman) ziemlich glücklich verheiratet. Sie ertrug die lästigen Eigentümlichkeiten und die doofen Scherze des Ehemannes mit viel Nachsicht. Für viele andere Frauen wären sie ein Scheidungsgrund – Lisa aber blieb.



Kurzum, das Leben von Tony und Lisa war ziemlich nett – bis sie an Brustkrebs erkrankte, starb und er Witwer wurde.

Das kleine Glück im Unglück: Die Frau überliess dem Mann Filmchen mit Anweisungen zum Weiterleben und praktischen Tipps («Die Garage ist das Gebäude neben dem Haus»). Wer noch nie seine Partnerin, seinen Partner verloren hat, kann wohl kaum verstehen, welch grosses Geschenk das für einen Überlebenden sein kann.

«After Life»: Den Tod seiner Frau vermag Tony (Ricky Gervais) fast nicht zu verwinden.
«After Life»: Den Tod seiner Frau vermag Tony (Ricky Gervais) fast nicht zu verwinden.
Bild: Netflix

Wer nicht Witwer oder Witwe ist, kann auch kaum verstehen, warum sich Tony im Film öfters geschmacklos benimmt. Und ich rede jetzt nicht von seinen ständigen Drohungen, er begehe demnächst Suizid (geht schief, weil der Hund gefüttert werden muss).

Jesus ist ein «Arsch»

Tony nennt Jesus einen «Arsch» und benimmt sich selber so. Und wenn gar nichts mehr geht, raucht er halt Heroin. Aber er darf das, er ist schliesslich in Trauer.

Und trotzdem: Es gibt immer noch ein paar Menschen, die zu ihm halten. Allen voran sein Schwager Matt (Tom Basden), Herausgeber der «Tambury Gazette». Er schickt den Lokaljournalisten Tony zu immer neuen Sensationen (etwa weil ein geplatztes Wasserrohr auf der Tapete einen Fleck erzeugt, der wie Schauspieler Kenneth Branagh aussieht), damit dieser unter Menschen kommt – und keine Zeit hat an Lisa oder an Suizid zu denken.

Denn eigentlich ist Tony einer von den Guten – bei allem Quatsch, der sich in seinem Kopf tummelt (wie bei den meisten Menschen). Ein Mann, der seinen dementen Vater (David Bradley) täglich im Pflegeheim besucht. Ein Mann, der mit der Dame auf der Friedhofsbank (Penelope Wilton) über Gott, die Liebe – und das Sterben spricht.

Aber auch ein Guter macht ungute Dinge, wenn der Tod in sein Leben trampelt. Wenn seine Lieblingsperson vom Krebs dahingerafft wird. Wenn der scheinbar einzige Sinn des Lebens das Füttern des Hundes ist.

Ja, Sterben ist fruchtbar – und gerade deshalb liebe ich «After Life», weil diese TV-Serie das Ableben auf verdammt  fiese und zugleich wunderbare Art zeigt.

«After Life» ist auf Netflix abrufbar.

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