Locarno Film Festival «Keine Angst vor Untertiteln!»

Locarno Film Festival

22.1.2020

Der südkoreanische Regisseur BONG Joon-ho, Gast auf dem 72. Locarno Film Festival und die grosse Kino-Entdeckung von 2019 und Oscar-Favorit, rät dem Publikum, die Angst vor den Untertiteln zu überwinden.

Das Publikum des Locarno Film Festivals hatte im vergangenen Sommer Gelegenheit, BONG Joon-ho kennenzulernen. Der Regisseur von «Snowpiercer» (2013) war mit seinem «Kinobruder» auf dem 72. Locarno Film Festival zu Gast.

SONG Kang-ho, der Schauspieler, mit dem er vier seiner acht Filme gedreht hat, wurde auf der Piazza mit dem Excellence Award 2019 ausgezeichnet.Und

SONG ist auch das Gesicht von «Parasite», dem Film, mit dem BONG nach dem Triumph in Cannes und der begeisterten Aufnahme in Locarno nun die Vereinigten Staaten erobert: 20 Millionen Kasseneinnahmen, Golden Globe und sechs Nominierungen für die Oscars 2020.

Nur wenige Zentimeter entfernt, eine ganz neue Welt

Bei der Entgegennahme des Golden Globe für den besten fremdsprachigen Film ergriff BONG, der überall stets auf Koreanisch spricht, die Gelegenheit, das Publikum zur Überwindung seiner Furcht vor den Untertiteln aufzufordern: «Ist die nur wenige Zentimeter hohe Barriere der Untertitel erst einmal überwunden, können Sie viele weitere meisterhafte Filme entdecken. Wir Regisseure drehen alle in einer einzigen Sprache: dem Kino».

Pro und contra Synchronisation

Die einen synchronisieren, die anderen nicht. Während es in der Schweiz nichts Aussergewöhnliches ist, einen Film in der Originalsprache zu sehen, sieht man das in Europa oft anders. So ziehen beispielsweise Portugal und die nordeuropäischen Länder oftmals die Originalversion vor.

Ganz anders ist es in Italien: Kaum ein Film, der nicht synchronisiert würde. Und so wundert es nicht, dass die Italienische Synchronisationsschule eine der berühmtesten der Welt ist. Wer würde nicht Sylvester Stallone und Robert De Niro spontan mit der Stimme von Ferruccio Amendola assoziieren?

Jedem seine eigene Sprache

Vor allem auf Filmfestivals ist die Originalsprache heilig. Es ist die Sprache des Werks, seine Stimme. Wie geht das? Mit Untertiteln. Das Locarno Film Festival, das in jedem Sommer elf Tage lang Hunderte von Filmen in rund tausend Vorführungen zeigt, verlangt, dass jeder Film in Originalsprache mit Untertiteln eingereicht wird. Anschliessend fertigt das Festival selbst für alle Filme der Wettbewerbskategorien eine zweite Untertitelung an, damit sie einem möglichst breiten Publikum verständlich sind. Gleiches gilt für die auf der Piazza Grande gezeigten Filme. Originalsprache und Untertitel in zwei Sprachen.

Ferne Welten

So erlauben uns diese nur wenige Zentimeter im unteren Teil des Bildschirms einnehmenden Textzeilen, über die uns bekannten Sprachen hinaus ferne Welten kennenzulernen. Denken wir nur an das Koreanische des Films «Parasite», an das Kreolische von «Vitalina Varela» (Goldener Leopard Locarno 72) oder an die Sprachen der Filme, die dank Open Doors nach Locarno kommen – der Kategorie für besonders ferne und finanzschwache Kinoproduktionen, die sich niemals eine Synchronisation leisten könnten. Die jedoch hinter der Sprachen Khmer oder Dzongkha kostbare Perlen verbergen wie «The Last Reel» von Kulikar Sotho, Kambodscha 2014 oder «Hema: Sing Me a Song While I Wait» von Khyentse Norbu, Buthan 2016.

«Snowpiercer»: Der Film zum Artikel auf Teleclub on Demand.

«The Wailing»: Der Film zum Artikel auf Teleclub on Demand.

Oscars 2020: Die Nominierten.

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