«Matrix: Resurrections»-Kritik Immerhin kann Neo noch Kung-Fu

Von Fabian Tschamper

22.12.2021

Der «Matrix»-Franchise versucht sich an einem Neustart. Funktionieren Trinity und Neo auch 20 Jahre später noch? «Resurrections» saugt dich zurück in die Simulation.

Von Fabian Tschamper

«Why, Mr. Anderson?», fragte einst der ikonische Agent Smith in der «Matrix»-Trilogie. Mir ging es bei der Ankündigung von «Matrix: Resurrections» ähnlich. Der abgeschlossene Dreiteiler hat nach 20 Jahren einen weiteren Ableger – offiziell einen Reboot – erhalten.

Technisch gesehen ist es nun also eine Quadrologie.

Fangen wir doch mit einem Recap an. Was bisher geschah.

Thomas Anderson (Keanu Reeves) wird aus seiner Realität gerissen, als er erfährt, dass diese nur eine Computersimulation ist. Die Matrix gaukelt den Menschen vor, es sei alles in Ordnung, in Wirklichkeit wird die Erde von Maschinen beherrscht.



Rote Pille gleich raus aus der Matrix, blaue Pille gleich in der Matrix bleiben.

Stellt sich heraus, dass Anderson – in der dystopischen Wirklichkeit Neo – der Auserwählte ist, the one. Ein zufälliges menschliches Wesen, das in der Matrix einen speziellen Code innehat. Dieses Prime Program, also Neo, erlernt dadurch übernatürliche Fähigkeiten, die er in der Matrix nutzen kann. Er kann die Simulation manipulieren.

Am Ende des dritten Teils «Revolutions» ist von den Protagonisten nichts mehr übrig: Morpheus? Tot. Trinity? Tot. Neo? Tot.

Warum also nun «Matrix 4»? Ein Film, der eine Geschichte fortsetzt, die vor 20 Jahren ohne offene Fragen beendet wurde.

Alte Figuren, neue Gesichter

Nach so vielen Jahren hat sich unsere Welt technologisch weiterentwickelt. Die coolen Festnetztelefone, die Neo und Konsorten genutzt haben, um in die und aus der Matrix zu kommen, sind dementsprechend Geschichte. Die Simulation lässt sich nun durch Spiegel betreten.

Schon dieses Detail hat weniger Charme. Item.

Der ganze Film ist sehr «meta». Will heissen, Thomas Anderson arbeitet nun bei einem Videogame-Entwickler an der «Matrix»-Trilogie. Er hat Träume und Visionen von den damaligen Ereignissen, was im Zuschauer wohl Nostalgie auslösen soll. Die Pillen sind prominent, der glibberige Spiegel, der zugewachsene Mund, es finden sich unzählige Referenzen zu den Vorgänger-Filmen.

Anyway, Anderson verliert langsam, aber sicher den Verstand. Er ist verwirrt und scheint Realität und Simulation – oder eben seine Visionen – nicht voneinander unterscheiden zu können. Keanu Reeves verkörpert diese Konfusion sehr überzeugend, seine Figur tat mir leid.

Auch die Chemie zwischen den Hauptdarstellern Carrie-Anne Moss und Reeves ist absolut herzerwärmend. Du spürst die Verbundenheit auch nach 20 Jahren noch. Es sind zwei Freunde, die sich miteinander wohlfühlen.

Der Dritte im Bunde wäre Laurence Fishburne gewesen, seine legendäre Rolle als Morpheus ging jedoch an den jüngeren Yahya Abdul-Mateen II. Der Schauspieler verkörpert den neuen Morpheus gut, die Richtung, in welche sich die Figur allerdings entwickelt hat, is not my cup of tea.

Ich vermeide Details, da wir uns in Spoiler-Gebiet befinden.

Neben Morpheus hat auch der Architekt ein neues Gesicht, das jedenfalls bei mir immer ein grosses Sympathie-Gefühl auslöst. Der Architekt hat die Matrix erschaffen und ist selbst ein Programm – oder eine Ansammlung von Programmen.

20 Jahre später, der Sequel-Trend

«Matrix: Resurrections» – zu Deutsch: Auferstehungen – fühlt sich nicht wie ein «Matrix»-Film an. Eher eine Parodie dessen – zumindest zeitweise. Warum die CGI gleich gut, wenn nicht sogar schlechter ist als bei den 20-jährigen Vorgängern, sei dahingestellt. Warum Neo fast nur noch seine kugelstoppenden Hände und die Druckwelle nutzt, bleibt ebenfalls ein Geheimnis der Macher. Immerhin kann er noch Kung-Fu.

Ja, die Action lässt leider zu wünschen übrig.

«Matrix 4» ist im Kern allem voran die Romanze von Trinity und Neo, die mit wirren Referenzen und unnötig komplizierten Erzählsträngen an die alte Trilogie anknüpfen – oder erinnern – will.

Ein Sequel, das wie «Indiana Jones 4», «Dumm und Dümmer 2» oder «Coming 2 America» in die Hose ging. Selten ist eine Fortsetzung eines Jahrzehnte alten Films eine gute Idee. Ausser halt «Blade Runner 2049», der war richtig geil.

«Matrix: Resurrections» läuft derzeit in allen blue Cinema Kinos.