Dresdner «Tatort» im Check Gibt es tödliche Nanobots wirklich?

tsch

17.10.2021

Die «Tatort»-Kommissarinnen Gorniak (Karin Hanczewski) und Winkler (Cornelia Gröschel) suchten in der neuesten Dresdener Folge nach «unsichtbaren» Todesursachen und fanden Nanobots aus dem Biotech-Labor. Könnte man damit wirklich das perfekte Verbrechen begehen?

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Verrückte Wissenschaftler, die Menschen – oder besser gleich die Menschheit – über im Hightech-Labor entwickelte Mordwerkzeuge zur Strecke bringen, sind eigentlich ein Motiv aus simplen B-Movies. Trotzdem muss eine Geschichte, wie sie im jüngsten Dresdner «Tatort» die Kommissarinnen Gorniak (Karin Hanczewski) und Winkler (Cornelia Gröschel) zu lösen hatten, nicht unrealistisch sein. Könnte man mit Stoffen, die so klein sind, dass man sie im Körper nicht nachweisen kann, tatsächlich jemanden umbringen?

Worum ging es?

Die 29-jährige Anna Schneider (Milena Tscharntke) war auf offener Strasse an Herzstillstand verstorben. Dabei war die Frau zuvor kerngesund. Weil sie in letzter Zeit unter Drohungen von einem Stalker sowie unerträglichen Schmerzen gelitten hatte, ermittelte dennoch die Dresdener Kripo.



Kommissarin Gorniak ging das Rätsel um die gepeinigte, quasi in den Tod getriebene junge Frau besonders nah, weil bei ihr ähnliche Schmerzen einsetzten, wie sie das Opfer hatte. Als sich Gorniak vom Arzt durchchecken liess, fanden auch CT und MRT keine Ursachen fürs Martyrium der Kommissarin. Wer war verantwortlich für den Dresdener Körperhorror?

Worum ging es wirklich?

Ein paar Handlungsstränge weniger hätten dieser übervollen Sachsen-Ermittlung gutgetan. Wäre der Nanobot-«Missbrauch» der von Anna Maria Mühe verkörperten verrückten Wissenschaftlerin nicht genug gewesen? Stattdessen mussten noch Rätselvideos verschickt, Stalker auf Herz und Nieren geprüft sowie ein traumatisches Jugenderlebnis hergeleitet werden. Alles im Dienste eines möglich spannenden Larger-Than-Live-Thrillers. Einer, der am Ende leider wie der krude Zusammenschnitt mehrerer Krimi-Ideen wirkte.

Was sind Nanobots?

Im Berliner «Tatort: Das perfekte Verbrechen» (März 2020) beschäftigte sich Drehbuchautor Michael Comtesse schon mal mit dem Thema eines nicht nachweisbaren Mordes – damals aber im Sinne von Motiv-Herleitung und juristischen Fragestellungen. Diesmal ging es um tödliche Nanobots, die in den Körper gebracht, aber nicht nachweisbar sind.

Der Begriff Nanobots ist eigentlich eine Marketing-Erfindung. Es handelt sich nicht um Miniatur-Roboter mit kleinen Armen und Beinen sowie einen Chip, den man fernsteuern kann, sondern um einzelne Moleküle.

«Beispielsweise werden in der Forschung künstliche Proteine hergestellt», erklärt Autor Michael Comtesse über die Recherchen zu seinem Krimi, «die minimal von natürlichen Proteinen abweichen und auf einen einzelnen Vorgang hin gestaltet und in diesem Sinne ‹programmiert› sind. Zum Beispiel mit dem Ziel, nach Injektion in die Blutbahn an Krebszellen anzudocken und dort die Energiezufuhr zu blockieren, um Krebs- oder Tumorzellen so gezielt abzutöten.»

Wie ist der Forschungsstand zu Nanobots in der Schweiz?

Die Schweiz entdeckte Nanotechnologie als eines der bedeutendsten Forschungsgebiete der Zukunft schon vor mehr als anderthalb Jahrzehnten. 2006 wurde an der Universität Basel das «Swiss Nanoscience Institute» (SNI) gegründet, ein Exzellenzzentrum für Nanowissenschaften und Nanotechnologie.



Jährlich werden dort etwa zehn Projekte aus verschiedensten Bereichen der Nanotechnologie in enger Zusammenarbeit mit Industrieunternehmen aus der Nordwestschweiz gefördert. In Basel wird auch ein Studiengang «Nanowissenschaften» angeboten, einen «Bachelor»-Abschluss kann man hier in sechs Semestern erwerben. Auf der Community-Plattform «nano.swiss» treffen sich zudem Expertinnen und Experten für Werkstoff- und Nanotechnologien. Das Hightech-Zentrum Aargau ist Partner des Forums.

Könnte man mit Nanobots jemanden umbringen?

Die Nanobot-Technik funktioniert bereits bei Mäusen im Labor. Ob es zwischenzeitlich schon Versuche an Menschen gab, ist spekulativ. Das Beispiel aus der Krebsforschung ist auch im Film zu sehen. «Dort ist es aus ästhetischen Gründen eine Ratte», erzählt Michael Comtesse, der sich auf eine Antwort auf die Frage, ob es realistisch sei, auf diese Weise jemanden umzubringen, ohne dass es nachweisbar wäre, nicht festlegen möchte: «Die Idee, Schmerzmittel mithilfe der Nanotechnologie so zu verändern, dass sie Schmerzen auslösen und zum Herzstillstand führen, ist reine Fiktion.» Was natürlich nicht heissen muss, dass es nicht möglich wäre.

Warum kann Nanotechnik für den Körper gefährlich oder zur Riesenchance werden?

Wissenchaftsjournalistin Mai Thi Nguyen-Kim erklärt es in einem über Youtube abrufbaren Video wie folgt: «Für unseren Körper können Nanopartikel eine Gefahr darstellen, weil sie an Stellen gelangen, an die grössere Partikel gar nicht erst hinkommen.»

Weiterhin führt die Wissenschaftlerin aus: «Unsere Leber oder Nieren bestehen zum Beispiel aus schwammartigem Gewebe, wo sich Nanopartikel ungewollt ansammeln könnten. Genau darin liegt aber auch ein gewaltiges medizinisches Potenzial.» Gerade in der Krebsforschung und bei der Suche nach Covid-Medikamenten steht Nanotechnologie derzeit hoch im Kurs.