Popkultur am TVBrutal gut – diese Trickfilm-Serien sind nichts für Kinder
Von Lukas Rüttimann
17.11.2020
Zeichentrickfilme können sich auch exklusiv an Erwachsene richten. Zum Beispiel «Blood of Zeus», in der das Blut in Strömen fliesst.
In unseren Breitengraden werden Zeichentrickfilme oft als Kinderkram betrachtet. Zwar haben die Filme aus dem Hause Pixar («Finding Nemo») dafür gesorgt, dass sich die Grossen bei Animationsfilmen inzwischen genauso gut amüsieren wie die Kleinen. Dennoch: Dass Zeichentrickfilme exklusiv für Erwachsene sein können, klingt für viele nach wie vor exotisch.
In Ländern wie Japan oder Frankreich dagegen gehören Erwachsenencomics zum Alltag. Doch auch auf Netflix feiern Trickfilme für ein Publikum ab 18 ein Revival. In diesen Tagen unter anderem mit der neuen Anime-Serie «Blood of Zeus». Die in der Antike angesiedelte Handlung erzählt die Geschichte des jungen Heron, einem Halbgott und Sohn von Zeus.
Im Verlaufe der achtteiligen Serie lernt er die dramatischen Hintergründe seiner Familiengeschichte kennen, er verliert seine Mutter, muss gegen eine Armee von Dämonen und ihren übermächtigen Anführer Seraphim kämpfen – und ist getreu der mythologischen Vorlage stets Spielball der Götter, die seinen Werdegang unterstützen oder sabotieren.
Blutige Intrigen
Für Kinder ist das alles nichts, seinem Titel dagegen macht «Blood of Zeus» alle Ehre. Das Blut fliesst in Strömen, Köpfe und Glieder werden abgetrennt, Menschen werden aufgespiesst, Kinder ermordet, Frauen abgeschlachtet. Dazu sorgt das zoffende Götter-Paar Zeus und Hera für Intrigen und Täuschungen, die auch in «Game of Thrones» nicht fehl am Platz wären. Mit ihrer düsteren Grundstimmung, den toll animierten Monstern und dem bedrohlichen Score erinnert die packende Fantasy-Serie an einen Mix aus «Conan the Barbarian», «300» und dem Anime-Klassiker «Fire and Ice» (1983) von Ralph Bakshi.
Tatsächlich ist der Einfluss des grossen Meisters des Erwachsenencomics bei «Blood of Zeus» nicht zu übersehen. Zwar fehlen der Serie der sarkastische Witz und die expliziten Sexszenen aus Bakshis frühen Zeichentrickfilmen wie beispielsweise dem revolutionären «Fritz the Cat» von 1972. Doch die hochstilisierten Gewaltexzesse im Antiken-Abenteuer haben ihre Wurzeln klar in den Werken des amerikanischen Underground-Zeichners.
Liebe, Tod und Roboter
Auch eine andere Netflix-Serie hätte ohne das Werk Bakshis kaum je das Licht der Welt erblickt. «Love, Death and Robots» wurde von den beiden Hollywood-Schwergewichten David Fincher («Seven») und Robert Rodriguez («From Dusk till Dawn») produziert und gilt als inoffizielle TV-Version von «Heavy Metal» (1981).
Tatsächlich atmen die 18 mehr oder weniger kurzen Episoden den Geist des Adult-Anime-Klassikers. Schräg, brutal, witzig, abgefahren, erotisch und nicht selten komplett gaga – die animierten Kurzfilme aus «Love, Death and Robots» sind ein höchst unterhaltsames Erlebnis, das zudem beeindruckend aufzeigt, welch visuelles Spektakel Zeichentrickfilme dank moderner Technik heute sein können.
Nachdem «Love, Death and Robots» bereits im März 2018 veröffentlicht wurde, fiebern Anime-Fans nun schon seit einiger Zeit einer zweiten Staffel entgegen. Diese hätte eigentlich in diesen Tagen erscheinen sollen, doch die Pandemie scheint dem Zeitplan einen Strich durch die Rechnung gemacht zu haben. Immerhin: Mit «Blood of Zeus» präsentiert Netflix derzeit einen Ersatz, der zwar garantiert nichts für Kinder ist, Erwachsenen jedoch brutal gute Unterhaltung bietet.