Der zweite Borat-Film ist wie ein Witz, den man schon mal gehört hat. Allerdings ein verdammt guter.
Man muss es vielleicht mal wieder erwähnen: «Borat» von 2006 gehört zu den lustigsten Filmen überhaupt. Ein Mockumentary sicher nicht nach jedermanns/-fraus Geschmack, aber genau wegen dem astronomisch hohen Fremdschäm-Faktor ein popkulturelles Phänomen, das den englischen Komiker Sacha Baron Cohen schlagartig vom Kultstar für Fans von brachialem britischem Humor zum globalen Superstar machte.
Das ist das Problem von «Borat Subsequent Moviefilm: Delivery of Prodigious Bribe to American Regime for Make Benefit Once Glorious Nation of Kazakhstan», wie der zweite Borat-Film offiziell heisst. Denn Borat kennt heute jeder; die satirischen Pranks des rassistischen, frauenfeindlichen und judenhassenden kasachischen Reporters mit vermeintlich gleichgesinnten Opfern können schon lange nicht mehr so effektiv inszeniert werden wie früher, als ihn nur wenige kannten.
In einigen lustigen Szenen thematisiert der neue Film diesen Umstand, ansonsten greift Baron Cohen zu einem simplen Gegenmittel: Er tritt verkleidet auf und benutzt Filmtochter Tutar als Katalysator für peinliche Situationen.
Lustiges Déjà-Vu
Das führt in «Borat 2» zu einer Vielzahl von Szenen, die zwar lustig sind, einem aber auch sehr bekannt vorkommen. Der vermeintliche Abtreibungstermin beim Prediger, der besonders grenzwertige Fruchtbarkeitstanz an einem High-Society-Anlass, der judenfeindliche Spruch, den eine Bäckerin auf eine Torte zaubern soll, Borats Crashen einer Republikaner-Veranstaltung mit US-Vizepräsident Mike Pence samt Rauswurf durch wenig amüsierte Sicherheitskräfte – das alles hat man irgendwie schon mal gesehen. Lachen jedoch muss man trotzdem. In vielen Momenten ist «Borat 2» deshalb wie ein guter Witz, den man zwar kennt, sich aber gern noch einmal erzählen lässt.
So ist man auch diesmal hin- und hergerissen zwischen Entsetzen und Faszination. Etwa über die offenherzig zelebrierten Geschmacklosigkeiten, als sich Borat – verkleidet als Country-Sänger – im Rahmen einer Protestveranstaltung in Washington auf die Bühne schmuggelt und die Zuschauer Refrains wie «WHO, what we gonna do? Chop 'em up like the Saudis do!» oder «Obama, what we gonna do? Inject him with the Wuhan-flu!» mitjohlen lässt.
Hastig auf den Markt geworfen
Die Rahmenhandlung – Borat soll Tochter Tutar einem US-Politiker als Geschenk überbringen, um den ramponierten Ruf seines Heimatlandes wiederherzustellen – ist diesmal zwar cleverer als beim ersten Film, bleibt aber Alibiübung. Notabene auch beim aufgebläht wirkenden «Skandalinterview» mit dem früheren New Yorker Bürgermeister Rudy Giuliani.
Ohnehin wirkt «Borat 2» über weite Strecken hastig inszeniert und ebenso hastig auf den Markt geworfen. Vermutlich wollten die Macher Trumps Amerika vor den Wahlen noch einmal so richtig den Spiegel vorhalten. Die Corona-Pandemie indes kommt dem Film zugute, nicht zuletzt bei der durchaus witzigen Schlusspointe.
So ist «Borat 2» letztlich eine gelungene Satire mit hohem Bezug zur Aktualität. Zum popkulturellen Phänomen wie sein Vorgänger wird der Film kaum avancieren; aber auch ohne den Wow-Effekt des ersten Teils ist Borats «Subsequent Moviefilm» meilenweit besser als die meisten Comedy-Sequels aus Hollywood. Bei denen mag kaum jemand noch einmal über dieselben Witze lachen – und etwas zu sagen haben sie meist auch nicht.
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