Tiefschläge vs. Höhenflüge Autsch – wenn Wrestler sich als Schauspieler versuchen

Von Gil Bieler

30.5.2020

Im Ring einer der ganz Grossen: Big Show baut sich 2008 vor einem Showkampf vor dem Profiboxer Floyd «Money» Mayweather Jr. auf.
Im Ring einer der ganz Grossen: Big Show baut sich 2008 vor einem Showkampf vor dem Profiboxer Floyd «Money» Mayweather Jr. auf.
Bild: Getty

In Film- und TV-Produktionen schlagen sich Wrestler meist eher schlecht. Was die muskulösen Showkämpfer aber nicht daran hindert, es immer wieder zu versuchen. Nun ist die Reihe am 2,13-Meter-Koloss Big Show.

Wer zum Teufel ist dieser Riese? Der eine oder andere dürfte auf Netflix auf eine neue Sendung namens «The Big Show Show» gestossen sein. Diese dreht sich um Paul Wight, einen US-Wrestler, der besser unter seinem Ringnamen Big Show bekannt ist – und der mit seiner eindrücklichen Statur unübersehbar ist: 2,13 Meter Länge und über 160 Kilogramm, dagegen wirkt selbst Dwayne «The Rock» Johnson schmächtig.

Beide haben ihre Karrieren im Wrestling-Ring begonnen, doch «The Rock» hat schon vor Jahren zur Schauspielerei übergesetzt. Und zwar mit Erfolg: Der Charismatiker hat es dank Fleiss und Ehrgeiz zu einem von Hollywoods erfolgreichsten Actionstars geschafft – 2019 war er sogar der gemäss «Forbes»-Magazin bestbezahlte Schauspieler überhaupt.

Big Show hat zwar riesige Latschen, kann diese Fussspuren aber kaum ausfüllen. Er spielt sich in seiner Netflix-Serie selbst, was angesichts seines «limitierten mimischen Talents» (Zitat eines TV-Kritikers) wohl nur richtig ist.

Zu sehen gibt es einen pensionierten Wrestlingstar, der sich im Alltag mit seiner Frau und seinen drei Töchtern immer wieder den Kopf anstösst. Doch ist «The Big Show Show» leider nichts, was man weiterempfehlen würde – die Familien-Sitcom ist ebenso harmlos-putzig wie altbacken. Wie TV-Tiefkühlkost aus den Neunzigerjahren. Schade, wirkt doch Big Show wie ein ziemlich sympathischer Zeitgenosse.

Big Show in seiner eigenen Netflix-Serie «The Big Show Show».

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Das kommt freilich wenig überraschend, endet es doch oft böse, wenn Wrestler sich in Film und Fernsehen versuchen. Denn auch wenn bei den Showkämpfen ein wenig mimisches Talent gefordert ist, um dem Publikum all die Schläge und Tritte als schmerzhaft zu «verkaufen»: Einen Oscar bekommt man für einen Bodyslam noch lange nicht. Trotzdem wagen Kämpfer immer wieder einen Versuch im Filmbusiness – mit unterschiedlichem Erfolg, wie diese Auswahl zeigt.



Hulk Hogan

Hulk Hogan ist der wohl bekannteste Wrestler aller Zeiten. Der Zweimeter-Hüne mit dem blonden Schnauzer hat von den Achtzigerjahren bis zur Jahrtausendwende Generationen von Fans in seinen Bann gezogen. Und auch viele, die mit dem Prügelsport nichts am Hut haben, dürften ihn kennen. Dabei war Hogan nie der grosse Techniker im Ring – und auch als Schauspieler agiert er eher hölzern.

Am meisten Zuschauer dürfte sein Gastauftritt in «Rocky III» (1982) gefunden haben, wo er sich in der Rolle als «Thunderlips» einen Kampf mit Sylvester Stallone liefert. In der deutschen Fassung taucht sogar noch das wunderbare Wort «Kätscher» auf, wie Wrestler einst genannt wurden.

Hulk Hogan ... ääh, pardon: Thunderlips gibt Rocky Saures.

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Ansonsten versuchte sich Hogan mehrmals im Komödienfach. In «Santa With Muscles» (1996) spielt er die Hauptrolle, einen Weihnachtsmann mit Muckis. Der Film war jedoch ein grandioser Flop und wurde bereits als einer der schlechtesten Kinderfilme und schlechtesten Weihnachtsfilme gehandelt.

Auch «Mr. Babysitter» (1993) fiel gnadenlos durch. Hier spielt Hogan – Überraschung! – einen Babysitter mit Muckis. Dann war da noch seine Serie «Thunder In Paradise», in der sich alles um schnelle Boote und Verbrechensbekämpfung drehte. Quasi «Knight Rider» auf dem Wasser – es wurde aber nach einer Staffel wieder versenkt.

Und noch ein harter Santa Claus

Als wäre «Santa With Muscles» nicht Warnung genug gewesen, versuchte sich auch der Kämpfer Bill Goldberg an einem ähnlichen Konzept: Ein Muskelberg schlüpft ins Weihnachtsmannkostüm. Die Komödie «Santa’s Slay» (2005) ist aber um einiges abgedrehter, gewalttätiger und damit auch weniger familienfreundlich als Hogans Werk. Daran können Freunde von trashigem Horror durchaus Gefallen finden.

Hat einen gewissen trashigen Charme: «Santa's Slay» mit Bill Goldberg.

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«Stone Cold» Steve Austin

Steve Austin war zur Jahrtausendwende einer der grössten Namen im Business und ein Fan-Liebling. Er legte sich mit The Rock und mit WWE-Ligaboss Vince McMahon an (natürlich alles nur gespielt), Pappschilder mit «Austin 3:16»-Aufschrift waren im Publikum allgegenwärtig. Dabei handelt es sich um eine Anspielung auf ein Zitat aus dem Evangelium des Steve Austin: «Ich habe dir gerade deinen Arsch versohlt», schimpfte Austin 1996 einem Gegner nach.

In Hollywood blieb der grosse Wurf aber noch aus. Dabei gab er im Actionfilm «The Expendables» von 2010 den Handlanger des Bösewichts James Munroe (gespielt von Eric Roberts), sein Name prangt auf dem Filmplakat zwischen jenen von Sylvester Stallone, Bruce Willis, Jason Statham und Dolph Lundgren. Und in der Krimiserie «Nash Bridges» war er davor in sechs Folgen als Detective Jake Cage zu sehen. Doch Filme, in denen Austin die Hauptrolle stemmte, firmieren unter ferner liefen – respektive landen gleich auf DVD statt im Kino, siehe «Damage» von 2009.

«Stone Cold» Steve Austin bei der Promotour zu «The Expendables» von 2010. 
«Stone Cold» Steve Austin bei der Promotour zu «The Expendables» von 2010. 
Bild: Keystone

John Cena

John Cena ist im Wrestlinguniversum so etwas wie Hulk Hogans Nach-Nach-Nachfolger. Er versucht hartnäckig, im Filmgeschäft Fuss zu fassen. Unter anderem ergatterte er Rollen im noch unveröffentlichten «Fast & Furious 9» und der Komödie «Trainwreck» (2015). Dwayne Johnson kann er aber noch lange nicht das Wasser reichen. In «12 Rounds» soll er sich angeblich ganz passabel schlagen, vernimmt man. Angaben ohne Gewähr.

John Cena in «12 Rounds».

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Andere Wrestling-Stars bleiben auch bei ihren Ausflügen ins Filmgeschäft bei ihren Leisten – und spielen Kampfsportler. Ernest «The Cat» Miller gibt im grossartigen Drama «The Wrestler» (2008) etwa den Erzrivalen von Mickey Rourkes Hauptfigur. Und Tank Abbott vermöbelt in einer Folge der Neunzigerjahre-Sitcom «Friends» einen Neuling, der Mixed-Martial-Arts-Champion werden möchte – wobei Abbott damals selbst noch MMA-Kämpfer war, erst einige Jahre später stieg gab er sein Wrestling-Debüt.

Und dann wäre da noch King Kong Bundy, eine Wrestling-Ikone aus den Achtzigerjahren: Er scheucht in einer Folge der Kult-Sitcom «Eine schrecklich nette Familie» den Familiensohn Bud Bundy (gespielt von David Faustino) durch den Ring.

Batista

Wetten, dass viele gar nicht wussten, dass sie da einem Wrestler zusehen? In den beiden «Guardians Of The Galaxy»-Streifen sowie anderen Marvel-Comicverfilmungen mimt ein einstiger Ringer den Alien namens Drax, der Zerstörer.

Bevor David Michael Bautista Jr. in Hollywood Fuss fasste, war jedoch auch er im Wrestlingring zugange. Und schlug sich ganz passabel: So hielt er mehrere Titel in der grössten Liga WWE und wurde auch in die Ruhmeshalle des Wrestlings aufgenommen. Der Erfolg in Hollywood und im «Kätschen», sie schliessen sich also doch nicht aus.

Hat es in Hollywood geschafft: Batista in «Guardians Of The Galaxy», hier mit der dicken Wumme in den Händen – also nicht der Waschbär. 
Hat es in Hollywood geschafft: Batista in «Guardians Of The Galaxy», hier mit der dicken Wumme in den Händen – also nicht der Waschbär. 
Bild: Disney-Marvel via AP

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