Kolumne am Mittag Das neue «50 Shades of Grey» ist dasselbe in einem weiteren Grau

Von Carlotta Henggeler

8.6.2021

Er ist zurück: Christian Grey. Der sexy CEO, auch bekannt als Freizeit-Sadomasochist, der mit seiner Schmonzette «50 Shades of Grey» die Kinosäle und die Bücherregale der Frauen erobert. Doch diesmal wird er wohl nicht auf der Kinoleinwand zu bestaunen sein. Und das ist gut so.

Von Carlotta Henggeler

Wir erinnern uns an diese eine verrückt-verruchte Liebesgeschichte. Der attraktive und super-erfolgreiche Geschäftsmann Christian Grey triff während eines Interviews auf Studentin und Eintagsfliege-Journalistin Anastasia Steele. Er ist quasi die eierlegende Wollmilchsau unter den Single-Männern. Sie ist eher die naive und eingeschüchterte Jung-Studentin. 

Bäm. Grey ist schockverliebt und er tut alles, um seine Anastasia zu erobern. Romantisches Dinner-Date mit Helikopter et cetera. Und peu à peu offenbart er ihr sein dunkelstes Geheimnis, das er in der hintersten Kammer seiner Luxusvilla versteckt hält: sein Darkroom voller Peitschen, Latex und anderen S/M-Bondage-Spielsachen.

Die Geschichte ist weniger kompliziert gestrickt als solch mancher Bondage-Kniff und hat trotzdem die Bestseller-Listen der Welt erobert. Die Trilogie von E. L. James hat einen weltweiten Sturm ausgelöst. 

Die Britin Erika Leonard, wie die Autorin bürgerlich heisst, ist quasi die kleine Schwester von Marquis de Sade. S/M light für den Hausgebrauch. Ihre Trilogie wurde Schund-Literatur oder Mommy-Porn genannt. 

Das kann Frau Leonard sehr wurst sein. Ihre Buch-Romanze wird von Hollywood entdeckt und schafft es auf die Leinwand. Jamie Dornan spielt Christian Grey und Dakota Johnson Anastasia Steele.

Der Film ist so vorhersehbar wie E. L. James' Bücher, trotzdem pilgern Freundinnen 2012 ins Kino. Selten so gelacht im Kino. Dabei ist «50 Shades of Grey» keine klassische Comedy. 

Jetzt ist er wieder da

Und Christian Grey ist aus seinem S/M-Zimmer zurück. Der schöne CEO ist wie Terminator, unkaputtbar. Auch dieses Mal wieder in Buchform: «Freed: Fifty Shades Freed as Told by Christian» heisst das Werk. Der Titel lässt es bereits erahnen: Es erzählt die Schmonzette aus der Sicht von Christian Grey. 

Also nichts Neues. Nur ein Perspektivenwechsel. Ergo dürfte es wohl keinen weiteren Kitsch-Kinofilm geben.

Und das ist gut so. Es gibt mindestens 50 Gründe, die Zeit besser zu verbringen, als solche Trivialliteratur zu lesen. Und ebenso viele Filme, die warten, auf Grossleinwand entdeckt zu werden.

«50 Shades of Grey» hat uns nicht nur unzählige – meist schlechte – Wortspielereien beschert.

Trotzdem hat die Grey-Saga zwei positive Effekte. Sie dürfte wohl in einigen Schlafzimmern danach zu mehr Action geführt haben – und der Film hat mir anno dazumal einen sehr amüsanten Kino-Abend beschert. Als man noch mit seinen Freundinnen nah beieinander sitzen konnte – mit einem Cüpli in der Hand.

Regelmässig gibt es werktags um 11:30 Uhr und manchmal auch erst um 12 Uhr bei «blue News» die Kolumne am Mittag – es dreht sich um bekannte Persönlichkeiten, mitunter auch um unbekannte – und manchmal wird sich auch ein Sternchen finden.