Winnetou-Bücher zurückgezogenRavensburger muss sich von allen Seiten Kritik anhören
DPA/fts
26.8.2022 - 00:00
Die Firma Ravensburger hat nach Rassismus-Vorwürfen Winnetou-Bücher aus dem Verkauf genommen. Zuvor hatte es Kritik auf Instagram gegeben – die nun mit weiteren Vorwürfen gegen Ravensburger neu aufflammen.
26.08.2022, 00:00
26.08.2022, 07:18
DPA/fts
Auch nach der Entscheidung, mehrere Kinderbücher wegen Rassismus-Vorwürfen aus dem Verkauf zu nehmen, sieht sich die Firma Ravensburger grosser Kritik ausgesetzt. Hunderte Nutzer der Social-Media-Plattform Instagram äusserten ihr Unverständnis über die Entscheidung und bezichtigten die Firma etwa der Zensur oder des Einknickens vor Kritik. Daneben gab es auch Unterstützung für die Entscheidung.
Die vor allem für ihre Spiele und Puzzles bekannte Firma aus Ravensburg hatte Mitte August angekündigt, die Auslieferung der beiden Bücher «Der junge Häuptling Winnetou» zum gleichnamigen Film zu stoppen und aus dem Programm zu nehmen.
In einem Instagram-Post begründete die Firma dies mit dem Feedback der Nutzer, das gezeigt habe, «dass wir mit den Winnetou-Titeln die Gefühle anderer verletzt haben».
Ein Sprecher von Ravensburger teilte am Montag auf Anfrage mit, man habe die Entscheidung, die Titel zum Film «Der junge Häuptling Winnetou» aus dem Programm zu nehmen, sorgfältig abgewogen. «Wir vertreten in unserem Unternehmen und mit unseren Produkten seit langer Zeit Werte, an die wir glauben: unter anderem Gemeinsamkeit und Bildung, wozu auch Fairness und Offenheit gegenüber anderen Kulturen gehören, und dies wollen wir in unserem Programm ausgewogen darstellen.»
Verlag wolle keine verharmlosenden Klischees wiederholen
Bei den genannten Winnetou-Titeln sei man nach Abwägung verschiedener Argumente zu der Überzeugung gelangt, dass angesichts der geschichtlichen Wirklichkeit, der Unterdrückung der indigenen Bevölkerung, hier ein «romantisierendes Bild mit vielen Klischees» gezeichnet werde. «Auch wenn es sich um einen klassischen Erzählstoff handelt, der viele Menschen begeistert hat: Der Stoff ist weit entfernt von dem, wie es der indigenen Bevölkerung tatsächlich erging.»
Vor diesem Hintergrund wolle man als Verlag keine verharmlosenden Klischees wiederholen und verbreiten, auch wenn man den Grundgedanken der Freundschaft – wie bei Winnetou vorhanden – hoch schätze. Neben den beiden Büchern seien auch ein Puzzle und ein Stickerbuch zu dem Film aus dem Programm genommen worden.
Die Kritik hatte sich zunächst vor allem an der gleichnamigen Verfilmung entbrannt, weil der Film rassistische Vorurteile bediene und eine kolonialistische Erzählweise nutze. Der Film kam am 11. August in die Kinos.
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Auch Uschi Glas kritisiert Ravensburger
Gegenwind für Ravensburger gab es von prominenter Seite, Schauspielerin Uschi Glas sagte in der «Bild» etwa: «In den Filmen und den Romanen gibt es Gute und Böse. Sie haben weisse oder rote Haut. Es bildet das echte Leben ab.»
Glas, die 1966 in dem Film «Winnetou und das Halbblut Apanatschi» auftrat, forderte zudem insgesamt mehr Gelassenheit und weniger Polarisierung. «Man soll doch aufhören, hier auf Biegen und Brechen einen Anlass zu finden, über etwas zu schimpfen.»
Auch der ehemalige deutsche SPD-Aussenminister Sigmar Gabriel twitterte seine Meinung zur aktuellen Debatte.
Als Kind habe ich Karl Mays Bücher geliebt, besonders #Winnetou. Als mein Held starb, flossen Tränen.Zum Rassisten hat mich das ebenso wenig gemacht wie Tom Sawyer&Huckelberry Finn. Und deshalb bleibt Winnetou im Bücherregal für meine Kinder. Und den Film schauen wir uns auch an.
Er bekam nach dieser Aussage Zuspruch vom Parteikollegen Ralf Stegner. Am meisten zugespitzt war die Aussage von TV-Moderator Frank Buschmann, der in seinem Tweet von den beiden Extremen sprach.
Extreme Linke moralisieren die Gesellschaft kaputt und die extremen Rechten sammeln ein. Das kann doch niemand wirklich wollen! Also ich wollte immer wie #Winnetou sein und nicht wie die blöden und bösen Cowboys! Leute, hört bitte auf mit diesem Wahnsinn. Bitte, bitte!
Karl-May-Experte Andreas Brenne sagte der «Welt» etwa, der Verlag hätte sich vor diesem Schritt – das Buch aus dem Verkehr zu ziehen – von Experten für das Werk Karl Mays und das Genre des Kinder- und Jugendbuches beraten lassen sollen.
Generell sei das Buch sowieso unbedenklich, da es in einer Vorbemerkung als fiktiv und nicht sachgerecht deklariert sei.