Groupie-System Rammstein äussern sich zu Vorwürfen gegen Lindemann

gbi

4.6.2023 - 11:47

Till Lindemann während eines Rammstein-Konzerts 2022.
Till Lindemann während eines Rammstein-Konzerts 2022.
Bild: Keystone

Nach den Vorwürfen mehrerer Frauen gegen Rammstein-Sänger Till Lindemann wehrt sich die Band gegen jegliche Form der Vorveruteilung. Man nehme die Anschuldigungen aber «ausserordentlich ernst».

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  • Rammstein haben sich zu den Vorwürfen geäussert, die mehrere Frauen gegen Sänger Till Lindemann erhoben haben.
  • Die Berliner Band verurteilt in ihrem Statement «jegliche Art von Übergriffigkeit».
  • Gleichzeitig reklamieren die Musiker ihr Recht ein, nicht vorverurteilt zu werden. Das gelte aber auch für jene Frauen, die nun Anschuldigungen gegen Lindemann erheben.
  • Mehrere Frauen haben erklärt, Lindemann unterhalte ein regelrechtes System, um ihm Groupies für Sex hinter die Bühne zu bringen. Auch von K.-o.-Tropfen ist die Rede. 

Noch sind es Vorwürfe, die gegen Till Lindemann, den exzentrischen Sänger der deutschen Metalband Rammstein, erhoben werden. Aber es sind heftige Vorwürfe. Erschreckende Vorwürfe. Die Emotionen gehen daher seit Tagen auf allen Seiten hoch.

Und dennoch: Strafrechtlich aufgearbeitet, oder wenigstens restlos geklärt, ist noch nichts. Dies ist die Kernaussage eines Statements, das die Berliner Band am Samstagabend auf Instagram veröffentlicht hat. 

«Verurteilen jede Art von Übergriffigkeit»

«Die Vorwürfe haben uns alle sehr getroffen und wir nehmen sie ausserordentlich ernst», heisst es in dem Post. Dass die Fans sich sicher fühlen könnten, sei der Band wichtig – «vor und hinter der Bühne».

Und weiter: «Wir verurteilen jede Art von Übergriffigkeit und bitten euch: beteiligt euch nicht an öffentlichen Vorverurteilungen jeglicher Art denen gegenüber, die Anschuldigungen erhoben haben. Sie haben ein Recht auf ihre Sicht der Dinge.»

Damit nehmen Rammstein jene Frauen in Schutz, die Till Lindemann Übergriffe vorwerfen. In Kommentarspalten diverser Musiksites werden sie dafür schnell einmal als Lügnerinnen – und Schlimmeres – beschimpft, denen es nur um die Aufmerksamkeit gehe.

Zugleich betonen Rammstein: «Wir, die Band, haben aber auch ein Recht – nämlich ebenfalls nicht vorverurteilt zu werden.» Damit wehrt sich das Sextett wohl gegen Schlagzeilen, die den Anschein bereits geklärter Tatsachen erwecken: «Till Lindemann: Aus dem Künstler ist ein Täter geworden», titelte zum Beispiel die NZZ am Samstag. Zugleich kann das auch als Dementi an Vorwürfe gelesen werden, dass die Bandkollegen über die mutmasslichen Praktiken Lindemanns Bescheid gewusst hätten. Denn in der Kritik steht bisher ausschliesslich der 60-jährige Sänger.

Die Vorwürfe gegen Lindemann, die sich in den letzten Tagen angehäuft haben, lasten schwer auf der erfolgsverwöhnten Band. Denn es scheinen keineswegs Einzelfälle zu sein: Die «Süddeutsche Zeitung» und der NDR haben bereits seit Frühling 2022 Aussagen junger Frauen gesammelt, ihre Recherche machten sie nun im Zuge der neuesten Ereignisse publik.

Die Aussagen zeichnen das Bild eines eingespielten Systems, wonach vornehmlich junge Frauen aus dem Publikum für den Sänger als Groupies ausgesucht, für Sex hinter die Bühne gebracht und gefügig gemacht worden seien. «Row Zero», quasi «nullte Reihe», wird das System genannt.

Mehrere Frauen berichten von Drogen und Alkohol, der ihnen Backstage gratis angeboten worden sei.  Und von Erinnerungslücken. Eine Frau erklärte, sie sei erst wieder zu sich gekommen, als der Rammstein-Sänger bereits auf ihr gelegen sei. Eine andere Frau berichtet von gewalt- und schmerzvollem Sex mit Lindemann, doch sie habe sich nicht getraut, Nein zu sagen. Laut «Süddeutscher Zeitung» und NDR hätten die Zeuginnen ihre Aussagen eidesstattlich versichert, Lindemanns Management habe dazu keine Stellung beziehen wollen. 

Ein System, um Groupies zu besorgen

Die Welle der Anschuldigungen ins Rollen gebracht hatte Shelby Lynn. Die Nordirin berichtet auf Twitter, sie sei bei einem Konzert in der litauischen Hauptstadt Vilnius von Lindemanns Crew aus dem Publikum geholt und hinter die Bühne gebracht worden. Von Sex sei nicht die Rede gewesen.

Lindemann habe dann aber dennoch Sex mit ihr eingefordert, doch sie habe Nein gesagt. Er sei daraufhin ausgerastet. Später habe sie einen Filmriss erlitten – sie vermutet, dass ihr Drogen ins Getränk gemischt worden seien. 

Später im Hotel habe sie ihren Körper untersucht, sagte Lynn in einem am Samstag veröffentlichten Interview mit der «Welt». Dabei seien ihr mehrere Blutergüsse aufgefallen.

Sie glaubt aber nicht, dass sie auf dem Konzert vergewaltigt worden sei, unter anderem, weil sie ihre Unterwäsche noch angehabt habe, als sie ins Hotel zurückkehrte. Doch: «Es geht nicht um mich. Ich will, dass kein Mädchen mehr zum Opfer wird.»

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Der Kölner Verlag, der die Bände «In stillen Nächten» und «100 Gedichte» mit teils heftig umstrittenen Gedichten Lindemanns rausgebracht hatte, gab seine Entscheidung am Freitag bekannt.

02.06.2023

gbi