Solonummer Der Rammstein-Sänger spuckt neue Töne – auf Russisch

Von Gil Bieler

23.4.2021

Till Lindemann: «Lubimiy Gorod».

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Ungewohnte Klänge: Rammstein-Sänger Till Lindemann veröffentlicht sein erstes Lied auf Russisch. Es ist nicht die erste Russland-Hymne des Deutschen.

Von Gil Bieler

Till Lindemann und Russland, das muss Liebe sein. Der Rammstein-Sänger hat am Donnerstag eine neue Solo-Single veröffentlicht – und singt darin nicht, wie bei seiner Hauptband, auf Deutsch, sondern erstmals überhaupt auf Russisch. «Lubimiy Gorod» heisst das Lied, was übersetzt so viel heisst wie: «Geliebte Stadt». 

Auch musikalisch unterscheidet sich die ruhige, von Pianoklängen getragene Nummer merklich vom brachialen Rammstein-Sound. Das kommt nicht von ungefähr, denn eingespielt hat der 58-Jährige sie für einen Film des kasachischen Regisseurs Timur Bekmambetov, wie er auf Instagram bekannt gab. «Devytayev» (englischer Titel: «V2. Escape from Hell») erscheint Ende Monat in Russland.

Der Deutsche macht das mit dem Russischen übrigens gar nicht schlecht, wenngleich ein starker Akzent zu hören sei, wie eine russische Muttersprachlerin «blue News» wissen lässt. 

Nicht die erste Russland-Hymne

Es ist nicht das erste Mal, dass sich Lindemann Russland widmet. Schon auf dem Rammstein-Album «Reise, Reise» von 2004 findet sich ein Song mit Namen «Moskau». In gewohnt provokanter Manier – seit jeher ein Markenzeichen der Band – besingt der Berliner die russische Hauptstadt darin als Dirne, die sein Blut in Wallung bringt:

«Sie ist alt und trotzdem schön // Ich kann ihr nicht widerstehen // Pudert sich die alte Haut // Hat sich die Brüste neu gebaut // Sie macht mich geil, ich leide Qualen // Sie tanzt für mich, ich muss bezahlen // Sie schläft mit mir, doch nur für Geld // Ist doch die schönste Stadt der Welt»

Dazwischen singt Gastsängerin Viktoria Fersh immer wieder ein paar Worte auf Russisch. Das könnte Lindemann bei künftigen Rammstein-Konzerten jetzt wohl selber übernehmen.



Bei so ausgeprägter Russland-Affinität kann man sich natürlich fragen, ob es Lindemann am Ende dem französischen Schauspieler Gérard Dépardieu gleichtut und ins Reich von Wladimir Putin übersetzen will. Zumindest auf den ersten Blick passt das testosteronstrotzende Metal von Rammstein gut ins Weltbild des russischen Präsidenten, der sich ja ebenfalls gern als starker Mann inszeniert.

Doch der Schein trügt: So müsste Lindemann bei einer allfälligen Audienz im Kreml wohl erst noch eine Aktion bei einem Rammstein-Auftritt 2019 in Moskau erklären: Dort küssten sich die beiden Gitarristen auf der Bühne – ein stiller Protest gegen das umstrittene Verbot von «homosexueller Propaganda», unter dem die russische LGBTQ-Community leidet. Ein Kuss, der um die Welt ging – und Putin sicher nicht gefallen haben dürfte.