Queen-Biografin Paola Calvetti «Nur ein Befehl des Vaters kann Harry und William vereinen»

Von Franziska Pahle

28.12.2022

Queen-Biografin Paola Calvetti spricht mit blue News darüber, was der Tod von Königin Elizabeth für die Royals bedeutet, wie König Charles seine neue Rolle prägen wird und ob eine Versöhnung zwischen Prinz Harry und der Familie möglich ist.

Von Franziska Pahle

Frau Calvetti, am 8. September starb Queen Elizabeth im Alter von 96 Jahren. Was bedeutet ihr Tod für die Mitglieder der Royal-Family?

Für sie wird sich alles ändern. Charles ist König, William ist Prinz von Wales und beide werden sich eine «andere» Monarchie vorstellen müssen: Die von Königin Elizabeth ist für immer vorbei und mit ihr der Respekt des Volkes, den man sich Tag für Tag erarbeiten muss.

Ist eine Monarchie ohne Queen Elizabeth überhaupt vorstellbar?

Ja, aber sie wird nicht mehr die Zustimmung haben, die sie unter Elizabeth II. hatte: Respekt muss man sich verdienen.

Aber wie können es die Royals schaffen, diesen Respekt zu bekommen?

Mit Arbeit. Ich glaube, dass König Charles III. den «Apparat» verschlanken wird und dass die einzigen Royals, die bleiben werden, die sogenannten Working-Royals sind. Also diejenigen, die mit ihrer Arbeit dazu beitragen, die Monarchie akzeptabel zu machen.

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Zum Jahresende bringt blue News die Lieblingsstücke des ablaufenden Jahres noch einmal. Dieser Text erschien zum ersten Mal am 23.11.2022.

Wie wird sich Charles in seiner Rolle als König schlagen?

Er wird der erste grosse «ökologische» König sein, der sich für die Verteidigung des Planeten einsetzt und für Probleme im Zusammenhang mit der globalen Erwärmung und der ökologischen Landwirtschaft sensibilisiert ist. Vor Jahrzehnten galt er als exzentrischer Aristokrat. Heute kann man sagen, dass seine Kämpfe immer dringlicher werden und sich nicht vermeiden lassen. Ich hoffe aufrichtig, dass er sie fortsetzen wird.

Und wie wird König Charles als Mensch sein? Die Queen wirkte für ihr Volk oft sehr unnahbar.

Er wird ein aufmerksamer und einfühlsamer König sein. Eine enorme Aufgabe erwartet ihn, denn diejenigen, die ihm vorausgegangen sind und das, was seine Mutter geschaffen hat, das kann man nicht wiederholen.

König Charles' Ehefrau Camilla, Queen Consort, hatte lange einen schweren Stand beim Volk. Wie wird sie mit der neuen Situation umgehen?

Oh, ich liebe Camilla! Sie ist geduldig, intelligent und lustig. Camilla wird für Charles das sein, was Philip für Elizabeth war: eine Schulter zum Anlehnen, ein Fels in der Brandung.

Was ist mit Prinz William und Prinzessin Catherine und Harry und Meghan? Werden sie sich wieder versöhnen?

Nein, inzwischen haben sich ihre Wege getrennt: Nur eine Intervention, ein «Befehl» des Vaters könnte sie zusammenführen.

Mit einem Friedensangebot von Prinz William an seinen Bruder kann man also nicht rechnen?

William will davon nichts mehr wissen. Wie seine Grossmutter hat er sich für die Krone entschieden und nicht für die Familie. Zumindest nicht für seinen Bruder.

Nicht nur die Royal Family ist vom Tod der Queen betroffen. Auf der ganzen Welt ist die Anteilnahme riesig. Warum berührt ihr Tod so viele Menschen?

Angesichts des Alters von Elizabeth II. haben zwar alle damit gerechnet, aber für eine Nation – und ich würde sagen, für einen ganzen Planeten –, die nur sie «gesehen» hat, ist ihr Tod ein Schock. Sie wird nie ersetzt werden – sie bleibt einzigartig. Wir werden nie wieder eine siebzigjährige Regentschaft erleben. Es ist keine Übertreibung zu sagen, dass mit ihrem Tod ein Jahrhundert mit seiner Kultur, seiner Geschichte und seinen Protagonisten für immer verloren ist.

Aber was genau machte die Königin so besonders?

Ich habe sie für etwas sehr Einfaches, scheinbar Unbedeutendes geliebt: Sie war immer ein ernster Mensch. Es war nicht vorgesehen, dass sie Königin wird. Es wurde nicht erwartet. Aber als es dann passierte, mit 25 Jahren, hat sie nicht klein beigegeben.

Und das bis zum Schluss.

Richtig. Am Dienstag übergab sie das Amt an die neue Premierministerin, und 48 Stunden später verstarb sie in Schottland! Sie hat ihre Pflicht bis zum letzten Atemzug erfüllt und Grossbritannien geeint. Es gibt keine Vergleiche in der Geschichte, nicht einmal Königin Victoria war ihrer Aufgabe so verpflichtet.

Welche Momente der Königin werden unvergesslich bleiben?

Viele. So viele, dass es unmöglich ist, sie aufzuzählen. Ihre Reise nach Irland im Jahr 2014, einhundert Jahre nach der ihres Grossvaters, war aussergewöhnlich. Als sie in Belfast ankam, schüttelte sie dem rehabilitierten terroristischen Inspirator der IRA die Hand.

Dabei hatten die ihren Onkel Lord Mountbatten umgebracht.

Aber sie wusste, wie wichtig eine versöhnliche Geste ist.

Frau Calvetti, Sie beschäftigen sich seit vielen Jahren intensiv mit der Königin. Welche Bedeutung hat ihr Tod für Sie persönlich?

Ich habe sie ausgiebig studiert, um ihre Biografie zu schreiben, und je mehr ich sie studiere, desto mehr liebe ich sie. Ich verfolge ständig alles über die BBC. Es ist, als ob eine alte Freundin gestorben wäre. Aber ich freue mich, dass ich sie durch meine Arbeit ehren kann. Auf der Grundlage meines Buches habe ich einen Dokumentarfilm geschrieben, der im nächsten Herbst in die Kinos kommen wird. Porträt der Königin, so der Titel. «Mein» Porträt, «meine» Königin.

Paola Calvettis Buch «Die Queen – Elizabeth II. Porträt einer Königin» ist im Handel erhältlich.

Dieses Interview wurde schriftlich geführt.