Mad Max-Schöpfer George Miller gehört zu den facettenreichsten Filmemachern aller Zeiten. Sein neuster Streich «Three Thousand Years of Longing», den er am Cannes-Filmfestival vorstellte, ist der pure Gegensatz zu seinem spektakulären Vorgängerwerk «Mad Max: Fury Road».
Die Voraussetzungen für ein potenzielles Meisterwerk könnten sich kaum vielversprechender anhören: Der etwas durchgeknallte, vielseitige und mutige Regisseur George Miller engagiert mit Tilda Swinton und Idris Elba zwei der gefragtesten und talentiertesten Schauspieler für eine Fantasy-Romanze!
Was sich auf dem Papier wie das Rezept für eine filmische Delikatesse liest, funktioniert leider nicht ganz so geschmeidig wie erwartet. Dennoch hat der Film seinen Charme und enthält einige glanzvolle Momente.
Tilda Swinton spielt die englische Literaturprofessorin Alithea, welche nach Istanbul reist und dort einen Vortrag über Mythologie hält. Beim Spaziergang durch die Stadt entdeckt sie in einem Antikwarengeschäft einen kleinen blauen Kelch aus Porzellan, der sie auf Anhieb fasziniert.
Was soll man sich wünschen?
Zurück im Hotel begutachtet sie den Gegenstand sorgfältig, worauf dem Kelch plötzlich ein riesiges, übernatürliches Wesen entweicht. Als sich die wundersame Gestalt auf Menschengrösse herunterschrumpft und Alithea sich beruhigt, stellt sie sich ihr als Dschinn vor. Der von Idris Elba verkörperte Flaschengeist bittet sie, ihm drei Wünsche zu offenbaren. Doch Alithea weiss in dem Moment überhaupt nicht, was ihrem Leben fehlt und was ihr dienen sollte.
Daher fordert sie den Dschinn auf, ihr seine Geschichte zu erzählen. Er nimmt sie mit auf eine fabelhafte Entdeckungsreise, welche zurück in die Antike zu Königin Saba und König Salomon, ins Osmanische Reich und ins moderne London führt.
Millers neuer Film könnte kaum unterschiedlicher sein zu seinem erfolgreichen Vorgänger «Mad Max: Fury Road»: Auf das furiose, temporeiche Actionspektakel folgt ein dialoglastiges, feinfühliges und romantisches Märchen.
Typisch George Miller
Jene Eigenschaften, die Miller besonders auszeichnen, lassen sich aber unweigerlich auch in seinem neusten Werk ausmachen: Fantasie, Mut und Extravaganz. Er hat zweifellos einen höchst ausgeprägten Sinn für Ausgefallenes.
Dies spiegelt sich sowohl in der Erzählweise als auch in der visuellen Umsetzung wider. Swinton und Elba harmonieren wunderbar in ihren anspruchsvollen Rollen und verleihen ihren Figuren die nötige Authentizität in der märchenhaften Erzählung. Ohne deren passionierte und engagierte Interpretation hätte ein solcher Film einen schwierigen Stand.
Ist der Film zu kompliziert?
Denn Miller packt unheimlich viele Themen in seine Erzählung und erschwert dem Film damit, den Fokus auf die Haupthandlung richtig zu legen. Es werden philosophische Fragen aufgeworfen – Fragen nach Selbstverwirklichung und menschlichen Bedürfnissen. Mythologie und Wissenschaft nehmen eine zentrale Rolle ein.
Zudem behandelt der Film die Bedeutung des Geschichtenerzählens an sich und ist auf gewisse Weise selbstreferentiell. Es sind zahlreiche spannende Ansätze und Gedankengänge enthalten, jedoch wirkt das Endprodukt so etwas gar komplex.
Eine Liebesgeschichte, die eine Zeitreise bis in die Antike beinhaltet, hört sich schliesslich schon kompliziert genug an.
Schweizer Kino-Start von «Three Thousand Years of Longing» ist der 25. August 2022.