In Alex Garlands kunstvoll inszeniertem Horrorfilm wird Jessie Buckley in einer abgelegenen Villa auf dem Lande von mehreren Rory Kinnears verfolgt. Das ist schön anzuschauen
«Provokativ und punkig» nennt Hauptdarstellerin Jessie Buckley den Regisseur ihres neusten Filmes «Men» im anschliessenden Q&A an der Weltpremiere in Cannes.
Dies beschreibt die Arbeit von Alex Garland («Ex Machina», «Annihilation») sehr schön.
Die Erzählweise seiner Filme ist ruhig, nervenzerreissende Schockmomente werden sorgfältig und bedacht aufgebaut. Das Punkig-Provokative ist in den ausdrucksstarken Bildern bereits früh erkennbar, aber entfaltet sich erst im Verlauf seiner Geschichten so richtig. Garland ist ein Meister darin, Spannung aufzubauen und eine beklemmende Atmosphäre zu kreieren.
Idealer Schauplatz für Horror-Geschichte
Für «Men» wählte der englische Filmemacher den idealen Schauplatz, um die Geschichte von Harper zu erzählen, die ein traumatisches persönliches Erlebnis zu verarbeiten versucht.
In der idyllischen englischen Countryside möchte sie in einer alten abgelegenen Villa Abstand von der Gesellschaft und von der Arbeit gewinnen. Das Gras sieht wohl nirgends so saftig und grün aus wie in dieser Gegend und die wunderschöne riesige Villa, in der Harper verweilt, bietet ihr Luxus und Komfort. Die anfängliche Idylle des Ortes steht aber im krassen Gegensatz zu den Erlebnissen, die Harper dort haben wird.
Nach einem Hausrundgang mit dem kauzigen Hausbesitzer Geoffrey begibt sich Harper auf einen Waldspaziergang. Auf der anderen Seite eines langen Tunnels erblickt sie plötzlich eine mysteriöse Gestalt, worauf sie panisch flüchtet. Zurück in der Villa ist der Spuk noch nicht vorbei: Im Garten schleicht ein entblösster Mann mit Verletzungen im Gesicht herum.
Zum Autor:
Gianluca Izzo berichtet für blue News direkt vor Ort über das Cannes Film Festival. Er besuchte in den vergangenen Jahren regelmässig die renommierten Festivals von Cannes, Venedig und Berlin und war einige Jahre selbst in der Filmindustrie tätig. Heute arbeitet er für blue Entertainment in der Programmplanung.
Geoffrey und der nackte Mann sind nur zwei von vielen Figuren, die Rory Kinnear in «Men» verkörpert. Der Mann, der insbesondere durch seine Auftritte in den letzten Bond-Filmen Bekanntheit erlangte, liefert eine Glanzleistung ab, indem er Jessie Buckley wie ein Chamäleon in völlig unterschiedlichen Gestalten Schrecken einjagt und dabei in jeder Rolle überzeugt.
Als Geoffrey bringt er übrigens eine angenehme Prise von britischem Humor mit sich, was das sonst nervenstrapazierende Seherlebnis ein wenig auflockert.
Phänomenale Bildsprache
Neben Garlands meisterhaftem Spannungsaufbau ist auch die visuelle Umsetzung in «Men» bemerkenswert. Die ästhetische Bildsprache ist schlichtweg phänomenal und bis ins kleinste Detail wohlüberlegt.
Die Geschichte wird auf zwei Zeitebenen erzählt, wobei eine Ebene die Gegenwart repräsentiert und die andere Ebene Fragmente aus der Vergangenheit darstellt.
Die Szenen aus der Vergangenheit beinhalten den Konflikt mit ihrem Ehemann und heben sich visuell ab, indem sie in wunderschönes Orange getränkt sind und sich mitten in London in einer Wohnung direkt an der Themse abspielen. Das Orange wirkt wie eine Vorstufe und ein Warnsignal für das blutige Rot, das in der gegenwärtigen Erzählung noch folgen soll.
Bezüglich Spannungsaufbau und Horror muss hier noch ergänzt werden, dass es eindeutig nicht nur beim Nervenkitzel bleibt. Der Horror wird auch physisch, überraschend heftig sogar. «Men» ist somit definitiv nichts für zartbesaitete Gemüter. Für Fans von etwas anspruchsvolleren, ästhetisch wirkenden Horrorfilmen ist dieser Trip jedoch ein Muss.
«Men» läuft ab dem 18. August in den Schweizer Kinos.