Social Distancing Diese Filme versüssen die Zeit zuhause

Von Fabian Tschamper

17.3.2020

Die Filmindustrie scherte sich in den vergangenen Jahren mehr um Fortsetzungen und Remakes – und doch finden sich einzigartige Meisterwerke in den vergangenen Jahren. Hier ist die Must-See-Liste.

Die Filmwelt wurde seit 2010 regelmässig dominiert von Superhelden-Filmen – alleine Marvels Phase drei dauerte zwölf Jahre an. Vom ersten «Ironman» bis zu «Avengers: Endgame» kassierten die Studios Milliarden Dollar. Diese Filme hatten genug medialen Fokus über die Jahre, darum finden sich in dieser Liste neben Blockbustern auch Filme, die trotz ihrer Genialität untergegangen sind. Sie sind die perfekte Unterhaltung für die Zeit zuhause.

The Social Network (2010)

Obwohl die Faktentreue des Films stark umstritten ist, zeigt Regisseur David Fincher ein Drama, das einen bitteren Nachgeschmack hinterlässt. Natürlich behandelt der Film die Entstehungsgeschichte von Facebook, welche von Freundschaft und Vision, aber auch Intrige und Verrat strotzt.



Jesse Eisenberg verkörpert einen gefühlskalten Harvard-Studenten namens Mark Zuckerberg, der auf die Idee eines Netzwerks kommt, das Unigänger online verbinden soll. Das Konzept war eigentlich nur für Elite-Universitäten gedacht, doch hat sich derart rapide entwickelt, dass schon bald die ganze Welt ein Facebook-Profil besass. Die Krux: Zuckerberg hat die Idee geklaut und schliesst deren Erdenker – und seinen ehemaligen Freund – Eduardo Saverin (Andrew Garfield) komplett aus.

Der echte «Zuck» hatte auf den Film übrigens keinen Einfluss.

Take Shelter (2011)

Curtis LaForche (Michael Shannon) wird von Albträumen und Halluzinationen verfolgt. Jene Omen zeigen ihm einen alles vernichtenden Sturm, der über das Land fegt. Eingeschüchtert von den vermeintlichen Warnsignalen hebt Curtis seinen Garten aus und beginnt mit dem Bau eines Luftschutzbunkers – sehr zum Leid seiner Familie, denn sie meinen, er verliert langsam den Verstand. So auch seine Gemeinde: Sie stossen den schlichten Arbeiter aus, erklären ihn für verrückt.

Gaukelt ihm sein Verstand etwas vor? Oder ist die Vorahnung doch real? Der Film lässt den Zuschauer lange zappeln. Das Ende kommt unerwartet und als Genugtuung.

Amour (2012)

«Liebe», oder international auch «Love», ist ein herzzerreissendes Drama des österreichischen Regisseurs und Drehbuchautors Michael Haneke. Auf wunderschöne Art erzählt der Filmemacher eine Liebesgeschichte zwischen einem älteren Paar. Anne und Georges leben gemeinsam in einer Wohnung in Paris. Als Anne plötzlich einen Schlaganfall erleidet, verschlechtert sich ihr Zustand zunehmend – doch Georges weicht ihr nicht von der Seite. Er wäscht sie, füttert sie – und liebt sie wie am ersten Tag. Wie weit die Liebe der beiden geht, zeigt sich erst in den letzten Minuten des Haneke-Meisterwerks. Denn diese Liebe übertrifft gar den Tod.

«Amour» holte in den Jahren 2012 und 2013 insgesamt 34 Auszeichnungen verschiedener Jurys in der Kategorie «Bester fremdsprachiger Film» – darunter findet sich auch der Oscar und die Goldene Palme von Cannes.

Inside Llewyn Davis (2013)

Dieser überaus melancholische Film erzählt eine Woche aus dem Leben des titelgebenden Folkmusikers Llewyn Davis (Oscar Isaac). Im New York der 1960er-Jahre kann der junge Gitarrist seinen Lebensunterhalt mit gelegentlichen Auftritten in Kneipen nicht bestreiten. Nacht für Nacht muss er darum bei Freunden oder Bekannten schlafen. Nach diversen Rückschlägen verliert Davis langsam den Glauben ans Gute in der Welt – teils sind jene selbstverschuldet, aber weit nicht alle.

Der Film ist oft sehr emotional und hat einen deprimierenden Grundton. Die Szene zu Beginn des Films zeigt Davis in einer Prügelei – völlig zusammenhangslos. Am Ende wird klar, wie er dorthin kam und warum er sich prügelt – und wessen Auftritt er deswegen verpasst. Manch einer könnte weinen.

Birdman (2014)

«Birdman» ist eigentlich nur die Hälfte des offiziellen Titels, weiter geht es mit «Die unverhoffte Macht der Ahnungslosigkeit». Diese schwarze Komödie von Regisseur Alejandro González Iñárritu («The Revenant») handelt vom Schauspieler Riggan Thomson, grandios in Szene gesetzt von Michael Keaton.

Thomson erlangte vor langer Zeit Weltruhm mit seiner Darstellung des Comic-Helden Birdman im gleichnamigen Blockbuster und dessen zwei Fortsetzungen. Seine Karriere verlief danach zunehmend trostlos. Allerdings gewann seine psychische Bindung an den Superhelden überhand und kontrolliert nun sein Leben. Riggan Thomson hört die Stimme seines Alter Egos und glaubt, er habe telekinetische Fähigkeiten. Mithilfe eines Theaterprojekts am Broadway möchte er seine Karriere wiederbeleben.

Filmisch ist «Birdman» interessant, denn es sieht so aus, als wäre der Film nur eine einzige Szene. Schnitte fallen einem nicht auf, man folgt Riggan Thomson auf Schritt und Tritt. Michael Keatons Performance ist nicht weniger als atemberaubend, somit darf «Birdman» als Meisterwerk bezeichnet werden.

Mad Max: Fury Road (2015)

Von einem Meisterwerk zum nächsten: «Mad Max: Fury Road» ist der vierte Teil der Endzeitfilme. Ursprünglich spielte Mel Gibson um die 1980er-Jahre den Protagonisten, nun übernahm Tom Hardy die Rolle von Max Rockatansky.

Der Einzelgänger Max wird nach Jahren des Herumirrens im postapokalyptischen Ödland von einer Kampfeinheit der Warboys verfolgt und gefangen genommen. Sie dienen dem Tyrannen Immortan Joe, der in einer künstlichen Oase aus Felsformationen herrscht. Imperator Furiosa (Charlize Theron) hat indes genug von der Diktatur und möchte ihre eigentliche Heimat, das sogenannte Grüne Land, erreichen. Sie tut dies mithilfe von Max und dem Harem von Immortan Joe, genannt Brüter. Schliesslich kommt aber alles anders als geplant – auch zufriedenstellender.



Der Film ist fast schon ein Roadmovie. Die riesigen Fahrzeuge (War Rigs), die Verfolgungsjagden und die Suche nach Hoffnung in der trostlosen Wüste versprechen einen fantastischen Streifen. Bestätigen tun dies auch die sechs Oscars.

Manchester by the Sea (2016)

Das US-amerikanische Filmdrama bescherte Hauptdarsteller Casey Affleck den Oscar für den besten Hauptdarsteller. Ausserdem gewann der Film auch den Oscar für das beste Originaldrehbuch.

Die Geschichte dreht sich um Lee Chandler (Affleck). Er arbeitet als Hausmeister in einem Apartmentkomplex in der Nähe der Grossstadt Boston. Seine Arbeit erledigt Chandler zwar ordnungsgemäss, allerdings mangelt es ihm an Freundlichkeit im Umgang mit seinen Mitmenschen. Bei den abendlichen Barbesuchen wird er gar aggressiv gegenüber anderen Gästen – scheinbar grundlos. Als sein Bruder Joe an seiner Herzschwäche stirbt, kehrt Lee in seinen Heimatort Manchester-by-the-Sea zurück, um sich um den Nachlass zu kümmern. Ohne ihm dies vorher zu sagen, hat Joe ihn zum Vormund seines Sohnes Patrick bestimmt und dazu sogar alle finanziellen Vorkehrungen getroffen.

Das Familiendrama ist gespickt mit haarsträubenden Schicksalen und schliesslich einem Happy End. Casey Affleck stand seiner Lebzeiten eigentlich immer im Schatten seines Bruders Ben, ersterer ist aber der weitaus talentiertere Schauspieler. In «Manchester by the Sea» lieferte er seine bis anhin beste Performance ab.

Get Out (2017)

Nach den Gefühlen der Trauer warten jetzt die Gefühle der Angst. In Drehbuchautor Jordan Peeles Debüt «Get Out» erlebt der Zuschauer einen Horrorfilm, der auf die Psyche geht. Peele, der sonst in der Komik zu Hause ist, erstaunte nicht nur Kinobesucher weltweit mit seiner Geschichte, sondern auch die Oscar-Jury: Er gewann für sein Erstlingswerk nämlich den Oscar für das beste Drehbuch.

«Get Out» handelt vom afroamerikanischen Chris (Daniel Kaluuya) und seiner weissen Freundin Rose (Allison Williams). Sie besuchen zusammen und zum ersten Mal das ländliche Anwesen von Roses Eltern, Dean und Missy. Während ihrer Autofahrt zu besagtem Landsitz gesteht Rose ihrem Freund, dass sie ihre Eltern nicht über seine Hautfarbe aufgeklärt habe. Sie seien aber keinesfalls Rassisten. Zu Beginn scheint dies so, doch im Verlaufe des Aufenthalts fühlt sich Chris immer wieder bedrängt von den Eltern, wie auch den Angestellten des Landsitzes – als wollten sie seine physische und mentale Stärke testen.



Von psychologischem bis zu grafischem Horror ist alles dabei bei Jordan Peele. Der Film betreibt Sozialkritik auf höchstem Level und veranschaulicht dies mit teils menschenverachtenden Szenen – er bleibt einem auch nach dem Abspann noch im Hinterkopf.

A Quiet Place (2018)

John Krasinski feierte seinen Durchbruch als Jim bei der amerikanischen Version von «The Office». 2018 überraschte er allerdings mit einem eigenen Drehbuch und seinem Regiedebüt bei «A Quiet Place». Das Konzept ist so simpel wie auch furchteinflössend: Der Zuschauer verfolgt die Geschichte einer Familie auf der Erde, die nach einer mysteriösen Invasion versucht, zu überleben. Die Ausserirdischen werden durch feinste Geräusche angelockt, darum müssen sie sich absolut leise verhalten.

Dieses Konzept ist für das Bewegtbild eine Herausforderung, da ein Grossteil eines Films offensichtlich im Ton liegt. Aber genau da trumpft «A Quiet Place» auf. Die Ausgangslage wird so minutiös beim Zuschauer integriert, dass jener beim kleinsten Geräusch selber zusammenzuckt – wie auch die Akteure. Weiter wird der Film getragen von den Performances von John Krasinski und Emily Blunt. Die Chemie ist deutlich spürbar, da die Schauspieler im echten Leben ebenfalls verheiratet sind.

The Farewell (2019)

«The Farewell» kam bei uns an Weihnachten 2019 in die Kinos und erzählt die traurige wie auch herzerwärmende Geschichte einer traditionell chinesischen Familie.

Die selbstständige Autorin Billi Wang (Musikerin Awkwafina) lebt mit ihren Eltern in New York. Sie sind vor vielen Jahren aus China ausgewandert. Als ihre geliebte Grossmutter mit Lungenkrebs diagnostiziert wird, verheimlicht ihr das ihre Familie. Eine geplante Hochzeit von Billis Cousin soll dafür als Vorwand dienen, um die ganze Familie ein letztes Mal in China zusammenzuführen.

Der Film wechselt zwischen Englisch und Mandarin, letzteres freilich mit Untertiteln. Das Drama greift den Unterschied von westlichen zu östlichen Familien sehr schön auf.

The Gentlemen (2020)

Als elfter Film und Zückerchen ist momentan noch der jüngste Sprössling von Kultregisseur Guy Ritchie in den Kinos. Nach «Aladdin» kehrt der Brite zurück zu seinen Wurzeln. «The Gentlemen» erinnert an Werke wie «Snatch» oder auch «RocknRolla». In der Gangsterkomödie fährt Ritchie zudem schwere Schauspiel-Geschütze auf: Matthew McConaughey mimt den Drogenboss, Charlie Hunnam dessen Assistenten. Mit von der Partie – und völlig atypisch – ist Hugh Grant. Bekannt für seine eher romantisch angehauchten Streifen scheint er hier einen völlig anderen Charakter auszupacken – eine erfrischende Veränderung.

Die Handlung lässt sich so umreissen: Der Drogenboss Mickey (McConaughey) soll von einem rivalisierenden Mob aus dem Geschäft verdrängt werden. Die Devise: Verkauf dein Reich oder wir nehmen es uns.

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