Interview «Mamma Mia!»-Star Cher: «Männer sind wie Desserts»

von Marlène von Arx, Hollywood-Kolumnistin

19.7.2018

Cher tritt in «Mamma Mia! Here We Go Again» als ungeliebte Grossmutter auf. Im Interview mit «Bluewin» erzählt die 72-jährige Showbiz-Legende, was ihr die Musik von ABBA bedeutet, wieso es Schwierigkeiten bei den Dreharbeiten zur lang-ersehnten Musical-Fortsetzung gab und wieso die Liebe bei ihr immer in Tränen endet.

«Bluewin»: Cher, sind Sie ein ABBA-Fan?

Cher: Jetzt schon! Ich glaube, die Band war in den USA nicht so populär wie an anderen Orten auf der Welt. Mir gefielen die grossen Hits - aber nicht alle. Mit dem Film «Muriel’s Wedding» ist mir die Musik erst richtig eingefahren. Ich war auch schon für den ersten «Mamma Mia!»-Film im Gespräch, aber es passte nicht in meinen Kalender, weil ich damals tourte. Mir war nicht bewusst, wie kompliziert diese Songs eigentlich sind. Ich dachte, das seien doch einfache Pop-Songs. Aber nein, es geht von Hook zu Hook, und am Schluss ist alles verbunden. [Inzwischen ist Cher so ABBA-Fan geworden, dass sie ein Album mit Coversongs herausbringen will, wie sie gerade verlauten liess, Anm. d. Red.]

Sie waren ja 2004 mal in einem Eurovisions-ABBA-Video …

Das hatte ich total vergessen. Ich bin im Internet über «The Last Video» gestolpert. Ein tolles Video mit Puppen. Plötzlich tauche ich da auf - ich bin durch eine Glasscheibe im Studio beim Abrocken und Applaudieren zu sehen. Keine Ahnung, wieso. Ich konnte mich zuerst auch nicht erinnern, das gedreht zu haben.

Bei 4:28 ist Cher zu sehen. Witzig ist aber das ganze Video.

Und jetzt spielen Sie in «Mamma Mia! Here We Go Again» also die Grossmutter von Amanda Seyfried, sprich die Mutter von Meryl Streep. Wie haben Sie sich in die Truppe eingefügt?

Ich war sehr nervös. Ich kannte ja eigentlich niemanden ausser Meryl. Beim Drehen der «Fernando»-Szene schlich sie hinter den Kulissen herum und sah zu. Als ich sie entdeckte, fielen wir uns kreischend in die Arme. Das Ganze lief am Anfang nicht sehr gut, denn ich mochte meinen Dialog nicht. Niemand schien diese Frau zu verstehen, ich musste den Text umschreiben. Den Dialog in Spanisch brachte ich schon gar nicht über die Lippen, was mich immer nervöser machte. Aber der Regisseur war super nett und sagte, ich solle mir soviel Zeit nehmen, wie ich brauche.

Sie spielten ja vor 35 Jahren mit Meryl Streep im Film «Silkwood», der Ihnen eine Oscar-Nomination und einen Golden Globe einbrachte. Sind Sie über die Jahre mit Meryl Streep in Kontakt geblieben?

Ja, Meryl und ich telefonieren und mailen uns ab und zu. Ich habe mich bei ihr auch beschwert, weil mir mein Look auf den «Mamma Mia!»-Entwürfen nicht gefallen hat. Ich fand mich zu düster. Sie schrieb zurück, ich solle mich nicht so aufregen und das Oberflächliche loslassen. Am Ende mache das doch keinen grossen Unterschied. Ich sagte, okay - aber tat natürlich das Gegenteil und kämpft weiter. [lacht]

Wie kamen Sie sich als Grossmutter vor?

Gut, ich wäre ja selber gerne Grossmutter. Ehrenwort! Grosseltern sind doch cool. Ich kam mit meinen beiden Omas sehr gut aus. Die eine war zwar etwas schwieriger als die andere. Man musste sich benehmen und nicht kindisch tun. Das konnte ich gut. Die andere fand alles, was ich tat, fantastisch und hinreissend. Sie war mit 84 noch Abwartin in einem Wohnblock in Texas und mischte sich in aller Leute Angelegenheiten. Aber jeder mochte sie.

Ihre Söhne haben Sie also noch nicht zum Grosi gemacht. Ist es schwierig für die beiden, eine Mutter wie Cher zu haben?

Es macht sicher nicht immer Spass, aber ich war ja ihr ganzes Leben berühmt. Sie kennen nichts anderes. Ich kann mich an einen Schulausflug mit Chaz erinnern: Es war totales Chaos, Chaz musste sich in den Schulbus retten. Die Stimmung war ruiniert. Andererseits kennen mich meine Kinder so, wie ich zu Hause bin. Das heisst: nicht aufgebrezelt und ohne Make-up. Meine Showbiz-Personality hat letztlich nicht so viel mit meinem Ich - oder mit ihnen - zu tun.

Und wie sieht es mit der Liebe aus?

Es ist noch nicht so lange her, da hatte ich einen Freund. Aber Männer sind letztlich wie Desserts: Sie können fantastisch sein, aber man braucht sie nicht immer. [lacht] Ich weiss nicht, ob man das nachvollziehen kann, aber wenn man in der Öffentlichkeit steht, enden Beziehungen meistens in Tränen. Für mich hat es jedenfalls nie wirklich gut funktioniert. Robert ist das perfekte Beispiel: Die Medien verfolgten uns, aber er musste ins Gefängnis. Dabei hatte er nichts getan! [Rob Camilletti, ihr Freund Ende der 80er-Jahre, kam wegen eines Streits mit Paparazzi vor Gericht, Anm. d. Red.]

Bereuen Sie etwas, wenn Sie auf Ihr Leben zurückblicken?

Ach du meine Güte! Dafür reicht die Zeit nicht aus! Natürlich bereue ich das eine oder andere.

Zum Beispiel?

Zum Beispiel die Infomercials, die ich einer Freundin zuliebe Anfang der 90er-Jahre gemacht habe – lange bevor Stars wie Julia Roberts in Beauty-Werbe-Spots auftraten. Das war ein Alptraum, niemand wollte mehr etwas mit mir zu tun haben. Ich war zwei Jahre arbeitslos. Aber letztlich sind Flops auch notwendig. Sie werden sehr unterschätzt. Man denkt darüber nach, sucht Erklärungen und Lösungen. Die Erfolge analysiert man nachher nicht so ausgiebig. Es sind letztlich die Niederlagen, die einen weiterbringen.

«Mamma Mia! Here We Go Again»: Die Bilder

Sie gaben ja schon mal eine Abschiedstournee. In Rente sind Sie trotzdem nicht gegangen. Können Sie sich das überhaupt vorstellen: In Pension gehen?

Irgendwann wohl schon. Mir fiel das Arbeiten eigentlich immer leicht, ich brauche relativ wenig Erholungszeit. Erst mit 60 habe ich angefangen, mich wie 40 zu fühlen [lacht]. Meine Stimme ist heute 100 Mal besser und stärker als früher. Das tönt vielleicht überraschend und pompös, aber es ist wahr. Dazu kommt: Ich kann nicht gut Nein sagen. Als ich «Mamma Mia! Here We Go Again» drehte, arbeitete ich gleichzeitig auch an einem Album. Und krank war ich auch noch. Entweder habe ich viel am Hut oder gar nichts.

Was machen Sie, wenn mal nichts im Terminkalender steht?

Ich schaue mir Filme an - alte in schwarz-weiss und neue -, ich male, treffe mich mit Freunden zum Grillieren oder sehe einfach, wohin der Tag mich treibt. Und jetzt gehts dann bald ab in die Ferien mit einer Freundin - mein letzter Urlaub liegt zwei Jahre zurück. Eine Freundin hat ein Boot, und wir segelten zu dritt im Mittelmeer herum. Ich ass in jedem Hafen ein Eis. Ich bin jedenfalls auf jedem Foto mit einem Glacé abgebildet. Das erlaube ich mir zu Hause sonst nie!

«Mamma mia! Here We Go Again» läuft ab Donnerstag, 19. Juli, in unseren Kinos.

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