1000. Sendung Fabienne Gyr: «‹Samschtig-Jass› war Liebe auf den zweiten Blick»

Carlotta Henggeler

3.1.2025

Fabienne Gyr ist das Schweizer Sackmesser bei SRF: Die Zugerin moderiert mehrere grosse TV-Formate. Ein Gespräch über Schicksalsschläge – und das Haltbarkeitsdatum des «Samschtig-Jass».

Carlotta Henggeler

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Die Zugerin Fabienne Gyr moderiert die 1000. «Samschtig-Jass»-Sendung. Ausgestrahlt wird sie am 4. Januar um 20.05 Uhr auf SRF1. Die Show ist die älteste noch ausgestrahlte Unterhaltungssendung Europas.
  • Fabienne Gyr moderiert zudem das «Sportpanorama», «SRF bi de Lüt live» und die «Sports Awards» auf SRF.

Fabienne, du bist angefressene Pilzlerin. Was wärst du für ein Pilz?

Oh, wow, gute Frage. Ich liebe Steinpilze, ich habe bis vor Kurzem auch viele gefunden. Ich wäre ein knackiger Steinpilz, den ich mit einer feinen Tagliatelle essen würde. 

Bist du auch ein Glückspilz?

Ja, absolut.

Obwohl du bereits mehrere Schicksalsschläge verkraften musstest – deine Mutter ist Ende 2023 an Multipler Sklerose gestorben. Wie gehst du damit um?

Es gibt Momente im Leben, da denkt man: «Da ist gerade der Wurm drin», wenn wir schon beim Pilzeln sind. Jeder trägt seinen eigenen Rucksack im Leben, und wenn man diesen annimmt, erkennt man nach einer gewissen Zeit wieder das Positive.

Eine schöne Sicht.

Ja, oft stehe ich auf und denke: Wow, was für eine wunderbare Familie ich habe, meine Liebsten um mich, und was für einen grossartigen Job. Da kann ich mich wirklich nur als absoluten Glückspilz bezeichnen.

Du moderierst «Samschtig-Jass», «SRF bi de Lüt» und auch das «Sportpanorama» bei SRF. Du spielst quasi in der Champions League mit.

(lacht) Ich weiss nicht, ob Rainer (Anm. d. Red.: damit ist Arbeitskollege Rainer Maria Salzgeber gemeint) das so unterschreiben würde.

Beim Schweizer Fernsehen haben es bisher nur wenige geschafft, sowohl Sport- als auch Unterhaltungssendungen zu moderieren. Was machst du besser als die anderen?

Der Sport hat mich schon immer begleitet. Bereits beim Regionalfernsehen war ich als Sportjournalistin tätig. Ich hatte also ein Know-how, das mir bei SRF plötzlich wieder etwas gebracht hat. Wenn man so etwas um jeden Preis erreichen will, wäre es gar nicht möglich gewesen – bei mir hat es sich einfach so ergeben. Ich empfinde es als riesiges Privileg. Und weil ich nicht gezielt danach gesucht habe, ist es umso besonderer. Beim «Samschtig-Jass» war es übrigens auch erst Liebe auf den zweiten Blick.

Weshalb?

Die Sendung war für mich lange untrennbar mit Monika Fasnacht und Reto Scherrer verbunden. Deshalb wäre ich nie auf die Idee gekommen, sie selbst zu moderieren – bis SRF mich für das Casting angefragt hat. Als Moderatorin der Schwingsendungen und absolutes «Landei» steckt man in einer gewissen Schublade. Da hat sich das Schweizer Fernsehen wohl gedacht, dass es mit dem Jassen vielleicht passen könnte.

Ein Supermatch. 

Ja, beim Casting habe ich erkannt, was für eine grossartige Sendung das ist. Sie dreht sich um den Nationalsport Jassen, begrüsst tolle Gäste und bietet Showacts auf der Bühne. Es gibt so viele Möglichkeiten, sich in dieser Sendung kreativ auszutoben. Beim Casting wurde mir klar: Ich will diesen Job unbedingt, das ist meine Sendung – und genauso fühlt es sich bis heute an.

Die 1000. «Samschtig-Jass»-Sendung steht am 4. Januar an. Bammel?

Als wir in der Redaktion die Jubiläumssendung vorbereitet haben, wurde uns bewusst, dass dies ein Moment für die Fernsehgeschichte ist. Wir haben Kontakt zu Paola Felix aufgenommen, die mir erzählt hat, wie stolz Kurt gewesen wäre, dass es eine 1000. Sendung gibt. Auch bei den prominenten Gästen haben wir gespürt, wie geehrt sie sich fühlten, von uns eingeladen worden zu sein.

Interessant.

Hinzu kommt, dass es viele Kultsendungen inzwischen nicht mehr gibt. «Benissimo» oder «Wetten, dass ..?» sind Geschichte – und der «Samschtig-Jass» feiert seine 1000. Sendung. Bei der Aufzeichnung musste ich schauen, dass ich diese emotional schaffe. Es hat mich unglaublich gefreut, ein Teil dieses besonderen Jubiläums zu sein.

Hat der «Samschtig-Jass» seinen Zenit erreicht – gar überschritten?

Beides nicht. Wenn wir die Zuschauerzahlen des «Donnschtig-Jass» im Sommer betrachten, ist das absolut beeindruckend. Die Sendung erreicht regelmässig über 45 Prozent Marktanteil und jeweils ein riesengrosses Publikum. Beim «Samschtig-Jass» ist es genauso. Die Sendung hat ihren Zenit noch lange nicht erreicht. Wir probieren kleine, aber stets volkstümliche Änderungen aus.

Zum Beispiel?

Dass ein Luca Hänni mitjasst und gleichzeitig auf der Bühne steht – das wäre vor zehn Jahren noch undenkbar gewesen. Zur Europameisterschaft gab es eine Spezialsendung, in der sich Huggel und Salzgeber beim Jassen gegenseitig auf die Kappe gegeben haben. Solche Weiterentwicklungen sind immer wieder möglich. Deshalb bin ich überzeugt: Der Zenit ist noch lange nicht erreicht.

Du bist die SRF-Allzweckwaffe, überall einsetzbar.

Das empfinde ich gar nicht als Kompliment.

Wieso nicht?

Das würde implizieren, dass man mich in jede Sendung stecken könnte – und es würde funktionieren. Es ist eher so, dass ich meine Gärtli habe, in denen ich mich daheim fühle. Bei «10vor10» oder in der «Tagesschau» würde es wohl nicht so gut funktionieren.

Womit hat deine Vielseitigkeit zu tun?

Das hängt mit meiner Charaktereigenschaft zusammen, dass ich mich für viele Dinge stark begeistern kann. Das hilft im Job, wenn man eine gewisse Vielseitigkeit mitbringt. Ich kann mich für viele Themen und die Menschen dahinter interessieren. Es spielt keine Rolle, ob ich eine Modelleisenbahnbauerin bei «SRF bi de Lüt» interviewe oder Marco Odermatt bei mir im «Sportpanorama» sitzt.

Moderierst du die Sendung in zehn Jahren noch?

Das habe ich nicht gesagt. Moderatoren sind ersetzbar, es gibt viele Leute, die das gut machen würden. Im Moment macht es mir noch viel zu viel Spass, als dass ich freiwillig gehen würde. Man müsste mich vom Jasstisch wegzerren.

Du moderierst am 4. Januar die 1000. «Samschtig-Jass»-Jubiläumssendung und am Tag darauf die «Sports Awards»-Gala. Keine Panik, dass die SRF-Zuschauer*innen eine Gyr-Überdosis haben?

Angst davor habe ich keine, aber ich habe mir das schon überlegt. Danach moderiere ich wieder alle zwei Wochen den «Samschtig-Jass» und alle vier Wochen das «Sportpanorama», deshalb besteht diese Gefahr nicht unmittelbar. Als Moderatorin darf man sich nicht zu wichtig nehmen, die Sendung funktioniert gut, weil sie an sich gut ist. Ich würde auch jeden Abend die «Tagesschau» mit Florian Inhauser schauen, nicht wegen Inhauser, sondern weil ich die «Tagesschau» schauen möchte. Der Inhalt steht über dem Gastgeber der Sendung.

Gibt es noch etwas wie eine Traumsendung, die du noch gern moderieren würdest?

Mit all den Formaten, die ich moderieren darf, und da ich noch nicht so lange dabei bin, wäre es vermessen, schon wieder an ein neues Format zu denken – und mit den «Sports Awards» ist ein Lebenstraum in Erfüllung gegangen.

Ein Leser des TV-Magazins «Tele» hat dich folgendermassen kritisiert: «‹SRF bi de Lüt – live› kann man absetzen. Das Moderationsduo Fabienne Gyr und Salar Bahrampoori ist zu langweilig – und der Koch Fabian Zbinden sehr selbstverliebt.» Was machen solche Kritiken mit dir?

Das kommt stark auf den Inhalt an. Bei keinem Job wirst du so gnadenlos analysiert wie im Fernsehen. Wenn die Kritik lautet, dass die Kleider und Haare von Frau Gyr hässlich sind, lösche ich den E-Mail-Kommentar einfach. Bei «SRF bi de Lüt» verstehe ich eine gewisse Kritik. Es ist ein schwieriges Format, weil es nur zweimal im Jahr stattfindet. Da musst du die Zuschauer immer wieder neu abholen: Warum sollten sie die Sendung schauen? Wir machen uns viele Gedanken zu den Themen und Beiträgen. Solche Punkte diskutieren wir immer wieder. Ich bin jemand, der seine Sendungen sehr kritisch noch einmal anschaut.

2025 ist noch frisch. Hast du Vorsätze fürs neue Jahr?

Ich bin kein Mensch, der sich Vorsätze nimmt. 2024 habe ich mir privat etwas mehr Luft verschafft, indem ich oft Anlässe und private Verpflichtungen abgesagt habe. Das nehme ich mir fürs neue Jahr vor: beruflich etwas herunterzufahren. Mal sehen, ob mir das gelingt.


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