«Kantönligeist ist überholt» Emil Steinberger schämt sich für den Schweizer Einbürgerungstest

bb

1.8.2024

«Man sollte in gewissen Bereichen die Kantonsgrenzen stärker ignorieren»: Emil Steinberger.
«Man sollte in gewissen Bereichen die Kantonsgrenzen stärker ignorieren»: Emil Steinberger.
Bild: Keystone

Emil Steinberger hat die Schweizer*innen schon oft zum Lachen gebracht. Manche hiesigen Eigenheiten bereiten dem Kabarettisten jedoch Mühe. So findet er die Einbürgerungsfragen fies und den Kantönligeist überholt.

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  • Emil Steinberger ist auch mit 91 nach wie vor ein Aushängeschild des Schweizer Humors.
  • In einem Interview mit «Blick» spricht der Kabarettist über seine Familie, den Schweizer Einbürgerungstest und den Kantönligeist.
  • «Ich erwische mich immer wieder dabei, wenn ich im Ausland eine Schweizer Fahne sehe, dass mich dies direkt berührt», sagt Steinberger.

Emil Steinberger hat sich bei einer Vorführung des Films «Schweizermacher» in New York trotz des Lachens der anderen Gäste für den Schweizer Einbürgerungsprozess «in Grund und Boden» geschämt.

Das erzählt der Kabarettist im Interview mit «Blick». «Vor allem hatte ich gerade ein paar Tage zuvor in einer Schweizer Zeitung gelesen, dass der Einbürgerungsprozess in gewissen Gemeinden noch verschärft werden soll.»

Das habe ihm zudem, so Steinberger weiter, kürzlich ein deutsches Paar bestätigt.

«Es ist doch wirklich abenteuerlich, wenn man vor einem Beamten steht, der wissen will, wie der Metzger zum Nachnamen heisst. Und wenn man die Frage nicht beantworten kann, gilt man direkt als zu wenig integriert.»

Emil findet den Einbürgerungsprozess «nicht richtig»

Der Film «Schweizermacher», der 1978 in die Kinos kam und in welchem Steinberger und Walo Lüönd die Hauptrollen spielen, sei nach wie vor aktuell, so der 91-Jährige, der in diesem Jahr vom Zurich Film Festival (ZFF) für sein Lebenswerk geehrt wird.

Kabarettist Emil Steinberger und seine Frau Niccel sind seit mehr als 25 Jahren verheiratet.
Kabarettist Emil Steinberger und seine Frau Niccel sind seit mehr als 25 Jahren verheiratet.
Bild: Keystone

Wie könne es sein, fragt sich Steinberger im «Blick», dass eine Schweizer Gemeinde die Staatsbürgerschaft verweigert und die gleiche Person einige Hundert Meter in einem anderen Kanton eingebürgert wird?

«Allein das ist aus meiner Sicht nicht richtig. Das breitet sich ja dann auch aufs Schul- oder Polizeiwesen aus.»

Emil Steinberger: «Kantönligeist ist nicht mehr angebracht»

Föderalismus sei schön und gut, sagt der Kabarettist, «aber in einer Zeit, in der wir schauen müssen, dass alle Gemeinden finanziell über die Runden kommen, ist dieser Kantönligeist nicht mehr überall angebracht».

Und weiter: «Man sollte in gewissen Bereichen stärker die Kantonsgrenzen ignorieren.»

Während seiner bisherigen Karriere als Komiker setzte sich Steinberger regelmässig mit der Schweiz und ihren Eigenheiten auseinander. Er hat sein Heimatland Land und dessen «Mödeli» auch immer wieder ad absurdum geführt.

Emil Steinberger findet die Schweizer Politik oft etwas kompliziert. Gleichzeit ist aber auch stolz darauf, über welche Themen die Stimmbürger*innen mitreden dürfen.

Bei aller Kritik ist der Kabarettist auch stolz auf seine Heimat. «Ich erwische mich immer wieder dabei, wenn ich im Ausland eine Schweizer Fahne sehe, dass mich dies direkt berührt. Sie ist ein Symbol, das mich glücklich macht», so Steinberger im «Blick».

Für Emils Eltern sind seine Auftritte «Dummheiten» gewesen

Im Hinblick auf den neuen Film «Typisch Emil» von Phil Meyer, der am ZFF Weltpremiere feiern wird, sagt der 91-Jährige, dass seine Familie früher seine Kunst ignoriert habe.

Für seine Eltern seien seine Auftritte «Dummheiten» gewesen. Er habe als junger Mensch oft weinen müssen, hege heute aber keinen Groll, so der 91-Jährige, der seit über einem Vierteljahrhundert mit seiner Frau Niccel gemeinsam durch das Leben geht.

«Meine Familie hat sich auch nie etwas von mir angeschaut – ausser, ich habe sie vielleicht mal gezwungen, in den Zirkus zu kommen. Es ist ein hartes Leben – du gehst arbeiten, kommst nach Hause, gehst auf die Bühne, kommst zurück – und niemand interessiert sich.»


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