Elif über Schmerz und Schweizer Raclette-Käse
Sängerin und Songwriterin Elif spricht mit blue News über Schmerz, Social Media – und warum sie in der Schweiz unbedingt Raclette essen will. Am 3. Februar 2023 erschien ihr neues Album «Endlich tut es wieder weh».
26.01.2023
Sängerin und Songwriterin Elif spricht mit blue News über Schmerz, Social Media – und warum sie in der Schweiz unbedingt Raclette essen will. Am 3. Februar erscheint ihr neues Album «Endlich tut es wieder weh».
Seit 4 Uhr am Morgen sei sie bereits auf den Beinen. Trotzdem wirkt die Berliner Sängerin und Songwriterin Elif Demirezer, die unter dem Künstlernamen «Elif» bekannt ist, beim Interview-Termin munter und aufgestellt. Vor dem Gespräch trinkt sie noch einen Pfefferminz-Tee und schwärmt von Toblerone.
«Endlich tut es wieder weh» – so heisst dein neues Album. Was genau muss wehtun? Und warum?
Wenn etwas wehtut, hat man die Möglichkeit zu wachsen. Man spürt, hier ist ein Punkt, den kann ich auflösen – wenn ich das möchte – um weiterzukommen. Und immer wenn ich das spüre, habe ich einen neuen Song geschrieben. Und so ist diese Platte entstanden.
Wann tat dir zuletzt etwas weh?
Ich hatte Liebeskummer. Dieses Gefühl von Ablehnung, jemand meldet sich nicht. Das ist ein ziemlich starkes Gefühl. Das ist auch etwas aus meiner Kindheit, das ich noch nicht richtig überwunden habe. Aber ich arbeite dran. Aber wenn ich dieses Vermissen-Gefühl habe, dann entstehen meine stärksten Songs. Und dafür bin ich dankbar.
Ist Liebeskummer der grösste Schmerz, den du je durchgestanden hast?
Nein. Der grösste Schmerz, den ich je durchgestanden habe, war der Verlust einer geliebten Person. Das ist etwas ganz anderes. Du weisst, es ist etwas Endgültiges. Und Vermissen, also dieses Vermissen – das kommt immer, wann es möchte. Das muss man zulassen. Sonst frisst man das in sich rein.
Wie gehst du mit Weltschmerz um?
Weltschmerz ist etwas, das du jederzeit haben kannst. Wir haben unsere Handys in unserer Tasche. Ich kann jederzeit drauf zugreifen, wenn ich mir angucken will, wenn etwas auf der Welt passiert. Und das Erste, was ich denke, ist: Ich muss es akzeptieren. Das bedeutet nicht, dass ich den Weltschmerz ignoriere. Sondern akzeptiere – okay, das passiert gerade.
Gibt es etwas, das dir hilft, diesen Schmerz auszuhalten?
Empathisch sein. Weil erst wenn man empathisch ist, fühlt man etwas. Und dann kann man von sich aus etwas verändern. Zum Beispiel Müll trennen, nicht so viel fliegen. Auf die Kleidung achten, die man kauft. Durch die Empathie kann man im Kleinen etwas verändern.
Wenn du nur mit Schmerz am kreativsten bist – muss dir immer etwas wehtun?
Schmerz ist für mich einfach zu beschreiben. Aber wie fühlt sich Liebe an? Liebe ist so etwas Unerforschtes – für mich ist es so. Ich kann Schmerz besser aufschreiben. Weil dieses Gefühl für mich klarer ist. Aber es ist kein Zustand, in dem ich immer bleiben möchte. Ich schreibe es auf, um weiterzukommen. Ich bin beim Schreiben von «Endlich tut es wieder weh» näher zu mir gekommen. Ich merke, dass ich mich von vielen toxischen Sachen löse – weil ich dem Schmerz einmal seinen Platz gegeben habe.
«Du atmest Gefühle ein und machst Musik draus.»
«Elifs Stimme lässt mich fühlen.»
«Deine Musik gibt mir Kraft am Leben teilzunehmen.»
«Elifs Musik ist wie Therapie.»
«Du inspirierst mich Tag für Tag.»
So liest es sich, wenn man sich durch deine Social-Media-Kanäle klickt. Was bedeuten dir solche Kommentare?
Diese Kommentare bedeuten mir sehr viel. Denn es sind ehrliche Kommentare. Ich meine, schreibt das jemand einfach runter und jeder kann das lesen? Mir gibt das viel Kraft. Ich denke: Wow, krass, es kommt bei den Leuten an. Und das möchte man als Künstlerin. Man möchte, dass die Welt das hört.
Es gibt aber auch viel Hass im Netz. Du hast in einem Interview gar von Morddrohungen gesprochen. Was macht das mit dir?
Ich hab mittlerweile eine ziemlich dicke Haut. Mich juckt das nicht so, was andere sagen. Aber es gibt auch Kommentare, bei denen ich denke: Puuuh, das nehme ich gerade echt persönlich. Ich erinnere mich gar nicht mehr, was es war. Aber ich kann nicht verstehen, warum Leute gemein sind. Ich bin ein Mensch, ich sage lieber etwas Gutes, oder ich hinterlasse der Welt etwas Gutes. Oder ich lasse es lieber. Das bedeutet nicht, dass ich meine Wut in Songs rauslasse. Aber so ein Kommentar, das ist ein Angriff direkt auf die Person. Das ist feige und nicht cool.
Du warst in diversen deutschen Musik-Sendungen wie «Popstars», «Sing meinen Song» oder «The Voice of Germany» – als Künstlerin und als Coach. Was war deine beste Erfahrung, wo hast du am meisten gelernt?
Ich habe am meisten bei «Sing meinen Song» gelernt. Die Künstler, mit denen ich dort war, sind unglaublich toll. SDP hat mich dazu inspiriert, humorvoller mit den Dingen umzugehen. Das hört man auch auf meinem neuen Album. Da gibt es so drei, vier Songs, wo ich mit dem Thema Schmerz humorvoll, lustig oder sarkastisch umgehe.
Du beehrst gerade die Schweiz – was gefällt dir hier?
Ich war noch nicht so oft hier – aber ich habe hier ein Musikvideo gedreht: «Bitte geh». Aber ich war nur für eine Nacht da. So viel hab ich nicht gesehen. Aber ich will hier essen gehen: Raclette! Ich habe gehört, Raclette hat keine Laktose, ich habe Laktose-Intoleranz. Und ich freue mich, dass ich das essen kann, denn ich vermisse Käse am meisten. Darauf freue ich mich.
Ausser Raclette – was verbindest du sonst mit der Schweiz?
Berge, Urlaub – und es gibt hier so eine rote Bimmelbahn, mit der kann man so ganz langsam den Berg runterfahren. Das habe ich mir vorgenommen. Ich weiss, es ist total langweilig. Aber ich will auf dieser roten Bahn sitzen und ganz langsam den Berg runterfahren.
Du bist durch deinen Job viel am Reisen und übernachtest immer wieder in neuen Hotels. Hast du ein Ritual?
Ja, wenn ich auf Reisen bin, nehme ich immer Räucherstäbchen mit. Irgendwas, was nach meinem Zuhause schmeckt. Ich habe auch so kleine Blätter, die nach Rosen schmecken. Wenn ich lange auf Reisen bin, dann nehme ich die mit. Gerüche erinnern mich an Heimat.
Was bedeutet Heimat für dich?
Jede Stadt schmeckt anders. Berlin schmeckt anders als Hamburg. Hamburg hat so einen ganz eigenen Bahn-Geruch. Ich könnte mit verbundenen Augen erkennen, in welcher Stadt ich bin. Vielleicht hat auch die Schweiz ihren ganz eigenen Geruch.
Das neue Album von Elif «Endlich tut es wieder weh», erscheint am 3. Februar.
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