Zwei Grammys in die Schweiz? Familie Renold hofft auf die Sensation

Von Bruno Bötschi

3.2.2023

Mit Lydia und Sharon Renold sind zwei Schwestern aus dem Kanton Solothurn für einen Grammy nominiert. Verrückt, aber wahr: Ihre Eltern sind ebenfalls im Rennen um den wichtigsten Musikpreis der Welt.

Von Bruno Bötschi

In der Nacht auf Montag findet in Los Angeles die 65. Grammy-Verleihung statt.

Mit dem Musikpreis werden jährlich die besten Musikschaffenden der Welt in über 90 Kategorien ausgezeichnet, also Sänger*innen, Komponist*innen, aber auch Produktionsleiter*innen, Tontechniker*innen und Orchester.

Nominiert sind in diesem Jahr internationale Stars wie Beyoncé, Adele und Harry Styles, aber auch Bands wie Abba, Coldplay und die italienische Rockband Måneskin.

Einsam an der Spitze der Nominierten liegt Sängerin Beyoncé, welche am Ende des Abends mit sage und schreibe neun Preisen nach Hause gehen könnte.

65. Grammy-Verleihung live!
Frank Richter und Manuel Kellerhals kommentieren die Grammys durch die Schweizer Brille.

Im Free-TV auf blue Zoom mit Original-Ton in der Nacht auf Montag, 6. Februar ab 2 Uhr. 

Wiederholung mit den launigen Einschätzungen unserer Rampensäue Frank Richter und Manuel Kellerhals am 6. Februar ab 21 Uhr – ebenfalls auf blue Zoom.

Mehr Infos zur Übertragung findest du hier.

So viele Schweizer Musiker*innen wie noch nie nominiert

Aber auch für Schweizer Musikschaffende könnte es eine erfolgreiche, nein, sogar sehr erfolgreiche Nacht werden.

Das hat vor allem mit der Familie Renold aus dem solothurnischen Schönenwerd zu tun, die gleich zweimal für einen Grammy nominiert sind: Vater Fritz und Mutter Helen in der Kategorie der Jazzorchester, die beiden Töchter Sharon und Laydia in der Kategorie «Global Music Albums».

Die schlechte Nachricht: Schweizer Grammy-Ehren sind in der Geschichte die Ausnahme.

Der erste Musiker aus unserem Land, der einen Grammy gewann, war Andreas Vollenweider im Jahr 1987. Der Zürcher Harfenist siegte in der Kategorie «Best New Age Performance». Später reichte es dem heute 69-Jährigen noch zu weiteren Grammy-Nominationen, letztmals im Jahr 2007.

Harfenist Andreas Vollenweider machte sich weltweit mit sphärischen Harfenklängen einen Namen. 1987 gewann er als der erste Schweizer Musiker überhaupt einen Grammy Award.
Harfenist Andreas Vollenweider machte sich weltweit mit sphärischen Harfenklängen einen Namen. 1987 gewann er als der erste Schweizer Musiker überhaupt einen Grammy Award.
Bild: Keystone

Der letzte Schweizer Musiker, dessen Schaffen mit einem Grammy ausgezeichnet wurde, war Linus Wyrsch aus Küssnacht SZ. Der Klarinettist und Saxofonist,  der seit Jahren in New York lebt, gewann 2019 als Teil der Band Lucy Kalantari and the Jazz Cats einen Grammy in der Kategorie «Best Children’s Album».

Die gute Nachricht: In diesem Jahr gehen so viele Produktionen mit Schweizer Beteiligung wie noch nie, nämlich drei, ins Rennen um den wichtigsten Musikpreis der Welt.

1. Sharon und Lydia Renold und das Berklee Indian Ensemble

Die Renolds aus dem solothurnischen Schönenwerd sind dieser Tage ziemlich aus dem Häuschen. Der Grund: Gleich vier Familienmitglieder dürfen auf einen Grammy Award hoffen.

Lydia und Sharon, die beiden Töchter, sind zusammen mit dem Berklee Indian Ensemble mit dem Album «Shuruaat» der Kategorie des besten «Global Music Albums» nominiert.

Beide Frauen haben am Berklee College of Music studiert. Also dort, wo auch ihr Vater Fritz Student und Lehrbeauftragter war und ihre Mutter Helen, die indisch-malaysische Wurzeln hat, in Gesang und Jazzkomposition ausgebildet wurde.

Die 26-jährige Sharon ist als Sängerin und Bassistin beim Berklee Indian Ensemble aktiv. Sie hat zudem als Komponistin das Stückes «Aakash» ihren Teil zum Erfolg beigetragen. Die vier Jahre ältere Lydia ist als Sängerin und Produzentin am Album «Shuruaat» beteiligt.

Auf dem Album «Shuruaat» sind insgesamt fast 100 Musiker*innen aus 39 Ländern zu hören, darunter indische Spitzenmusiker wie Tabla-Maestro Zakir Hussain, die Sänger Shankar Mahadevan und Vijay Prakash und auch Bollywood-Superstar Shreya Ghoshal.

Das Berklee Indian Ensemble wurde vor zehn Jahren gegründet, um indische Musik mit Einflüssen aus Jazz und progressivem Rock zu vereinen.

Kleiner Wermutstropfen: Die Konkurrenz in der Kategorie «Global Music Albums» ist mit der beninischen Singer-Songwriterin und Sängerin Angelique Kidjo, dem nigerianischen Künstler Burna Boy, dem libanesischen Trompeter Ibrahim Maalouf, der indisch-amerikanischen Sitaristin, Komponistin und Sängerin Anoushka Shankar, dem Metropole Orkest, Jules Buckley und Manu Delago sowie dem japanischen Multiinstrumentalisten Masa Takumi extrem gross.

2. Fritz Renold und die Jazzaar Festival Big Band

Gut zu wissen deshalb, dass die Renolds noch ein zweites heisses Eisen im Feuer haben. Vater Fritz und Mutter Helen sind Gründer des Jazzaar Festivals, das in Aarau stattfindet, und für das die Renolds jeweils eine spezielle Big Band zusammenstellen.

Die Jazzaar Festival Big Band aus dem Jahr 2019 figuriert auf der Nominationsliste der besten fünf Jazzorchester. Der Big Band gehörten damals zwölf ausgewählte Studierende der Jazzschulen in Luzern, Basel und Zürich und die 85-jährige Jazzlegende Ron Carter an.

Beteiligt waren zudem die international renommierten Instrumentalisten Ryan Quigley (Trompete), Donald Vega (Piano), Carl Allen (Schlagzeug) und Antonio Hart (Saxofon) und Jason Jackson (Posaune). Unter der Leitung von Christian Jacob studierten die 17 Musiker*innen zusammen eine Hommage an Jazzvirtuose Bob Freedman ein.

Produktionen des Jazaar Festivals haben es in den letzten Jahren mit schöner Regelmässigkeit auf die «Entry List» (Longlist) der Grammys geschafft. In die Endrunde, also unter die besten Fünf, kam bisher aber noch kein Album.

Was auch damit zu tun hat, dass nichtamerikanische Produktionen es schwer haben, sich im Ursprungsland des Jazz gegen die einheimische Konkurrenz durchzusetzen. «Für unsere erstmalige Nomination hat die Beteiligung von Jazzlegende Carter an unserer Big Band sicher viel dazu beigetragen», glaubt Fritz Renold.

3. Reto Peter und die Alphabet Rockers

Und damit wären wir bei der dritten Grammy-Nominierung mit Schweizer Beteiligung: Sie geht auf das Konto von Sound-Engineer und Schlagzeuger Reto Peter.

Der gebürtige Aargauer, der seit über 30 Jahren in Kalifornien lebt und arbeitet, hat das Album «The Movement» für die Alphabet Rockers gemixt, ein Hip-Hop-Kindermusik-Kollektiv aus Oakland.

Die Berufsbeschreibung auf Peters Visitenkarte lautet kurz und knapp «Music Production Specialist». Was vor allem damit zu tun hat, dass die Aufzählung Produzent, Mischer, Tontechniker, Komponist, Lehrer, Studiomusiker und stimmberechtigtes Mitglied der Grammy Recording  Academy auf einem derart kleinen Stück Papier kaum genug Platz hätte.

Einmal abgesehen von seinen diversen beruflichen Fähigkeiten ist Reto Peters grösste Stärke, dass er sich mit komplexen Zusammenhängen der Musikproduktion auskennt wie kaum ein anderer.

Resultat davon war etwa die Zusammenarbeit mit der US-amerikanischen Rockband Green Day für deren Album «American Idiot»,  welches 2004 erschienen ist.

Seine Schweizer Wurzeln hat Peters übrigens in all den Jahren nie ganz vergessen. Er arbeitet bis heute auch immer wieder mit Schweizer Musiker*innen zusammen – zuletzt etwa mit Adrian Stern und der Rock'n'Roll-Band The Vibes.


Klick dich durch die obige Bildergalerie, dann erfährst du es, welche Schweizer Musikschaffenden bereits einen Grammy Award gewonnen haben.