Sheryl Sandberg verlässt Facebook Einst war sie Zuckerbergs engste Vertraute

Dirk Jacquemien

2.6.2022

Meta-Co-Geschäftsführerin Sheryl Sandberg tritt zurück

Meta-Co-Geschäftsführerin Sheryl Sandberg tritt zurück

Facebook-Urgestein Sheryl Sandberg tritt als Geschäftsführerin des Tech-Giganten Meta zurück. «Nach 14 Jahren werde ich Meta verlassen», schrieb Sandberg am Mittwoch auf ihrer Facebook-Seite.

02.06.2022

Sheryl Sandberg trug 14 Jahre lang entscheidend dazu bei, dass Facebook zu dem Tech-Giganten wurde, der er heute ist. Doch ihr Stern sank in den letzten Jahren ebenso tief wie der Ruf des Unternehmens.

Dirk Jacquemien

Sheryl Sandberg hat angekündigt, dass sie nach 14 Jahren als Chief Operating Officer und nominelle Nummer 2 von Meta ehemals Facebook im Herbst zurücktreten werde. Sie wolle allerdings weiterhin Mitglied des Meta-Verwaltungsrates bleiben und sich vorerst auf ihre Familie sowie gemeinnützige Projekte konzentrieren.

Sandberg stiess 2008 zu Facebook, als Gründer Mark Zuckerberg gerade einmal 23 Jahre alt war und wenig Ahnung von Unternehmensführung hatte. Die erfahrene ehemalige Google-Managerin Sandberg war verantwortlich für den Aufbau des Werbegeschäfts von Facebook, das bis heute die einzige relevante Einnahmequelle des Konzerns ist. Unter ihrer Leitung vervielfachten sich die Werbeumsätze, und Facebook wurde zeitweilig zu einem der wertvollsten Unternehmen der Welt.

Starker Kontrast zum Roboter Zuckerberg

In der öffentlichen Wahrnehmung erschien Sandberg vor allem in den 10er-Jahren als gleichberechtigte Anführerin von Facebook. Den Eindruck, Facebook werde von einer Doppelspitze geführt, förderte das Unternehmen aktiv. In Interviews gab die eloquente Sandberg gerade im Vergleich zum eher roboterhaften Zuckerberg dem Facebook-Konzern ein freundliches Gesicht.

«Mit ihrem 2013 veröffentlichten Buch «Lean in», das Frauen zu mehr Selbstbewusstsein in der Arbeitswelt ermutigen sollte, konnte sich Sandberg dann auch ausserhalb ihrer Rolle bei Facebook einen prominenten Platz im öffentlichen Diskurs sichern und wurde zu einer der bekanntesten Persönlichkeiten der Wirtschaftswelt.»

2016 galt sie noch als eine mögliche Ministerin in einem Kabinett von Präsidentin Hillary Clinton. Doch daraus wurde nichts. Und in jenem Jahr begann auch die lange Krise bei Facebook, in deren Verlauf auch Sandbergs Ruf zusehends litt.

2013 war Sandberg am Zenith ihres Einflusses angekommen, galt als Vertraute von Hillary Clinton.
2013 war Sandberg am Zenith ihres Einflusses angekommen, galt als Vertraute von Hillary Clinton.
Getty Images

Facebook-Skandale ruinierten auch Sandbergs Ruf

Im Nachgang der US-Präsidentschaftswahl 2016 wurde bekannt, dass auf Facebook eine riesige russische Desinformationskampagne aktiv war, gegen die das Unternehmen nichts unternahm. Ausserdem wurden noch die Machenschaften von Cambridge Analytica enthüllt. Das Datenanalyse-Unternehmen hat persönliche Informationen von Millionen Facebook-Nutzer*innen ohne deren Einverständnis gesammelt.

Sandberg versuchte die Skandale unter den Teppich zu kehren und gab Schmierkampagnen gegen Kritiker*innen in Auftrag. Als diese Taktiken nach hinten losgingen, verschwand Sandberg im Hintergrund. Zuckerberg wurde wieder das alleinige Gesicht von Facebook und musste bei Kongressanhörungen den Kopf hinhalten.

Auch innerhalb des Konzerns wurde dann ganz schnell wieder klar, dass er die alleinige Nummer 1 von Facebook ist. Ihr einst glückliches Händchen bei der öffentlichen Kommunikation konnte Sandberg nicht zurückgewinnen. Nachdem der Sturm auf das US-Kapitol im Januar 2021 zu grossen Teilen auch in Facebook-Gruppen organisiert wurde, stritt Sandberg in Fernseh-Interviews zunächst jegliche Verantwortung des Konzerns ab und ging dann erneut auf Tauchstation.

Männer übernehmen wieder bei Meta

Schliesslich ist auch Sandbergs Philosophie des «Lean-in-Feminimus» schlecht gealtert. Andere Feminist*innen kritisieren vor allem, dass Sandberg Ratschläge ausschliesslich für privilegierte Menschen wie sie selbst anwendbar sind und nicht für die grosse Mehrheit der Frauen. «Manchmal funktioniert diese Scheisse nicht», lautet etwa das Urteil einer besonders bekannten Kritikerin, der ehemaligen First Lady Michelle Obama.

Neben Zuckerberg sind inzwischen andere Führungskräfte zu den Gesichtern von Meta geworden – ausschliesslich Männer. Dazu gehören etwa Nick Clegg, ehemaliger britischer Vize-Premierminister und de facto Sprecher des Konzerns, Andrew Bosworth, der die Hauptverantwortung für die Metaverse-Bestrebungen des Konzerns trägt, oder Instagram-Chef Adam Mosseri.