Roboter imitiert F1-LegendeFamilie Schumacher geht gegen Fake-Interview vor
Von Dirk Jacquemien
20.4.2023
Eine deutsche Illustrierte hat ein «Interview» mit Formel-1-Legende Michael Schumacher gedruckt, das komplett aus einem Chatbot kommt. Jetzt leitet dessen Familie juristische Schritte ein.
Von Dirk Jacquemien
20.04.2023, 12:53
21.04.2023, 08:03
Dirk Jacquemien
Auf den ersten Blick sieht es tatsächlich nach der «Welt-Sensation» aus, die eine deutsche Illustrierte auf ihrem Titelblatt verspricht. «Michael Schumacher: Das erste Interview» steht gross auf dem Cover von «Die Aktuelle». In etwas kleinerer Schrift heisst es in der Unterzeile dann weiter, «Es klingt täuschend echt» sowie «Was dahinter steckt».
Erst wenn die Leser*innen die Zeitschrift gekauft und zu Hause aufgeblättert haben, erfahren sie, was hinter der scheinbaren Sensation steckt. Denn die Antworten des vermeintlichen Schumachers in dem «Interview» stammen aus einem Chatbot, konkret von der Website character.ai.
«Die Aktuelle» lässt den falschen Schumacher so Auskünfte über seinen Zustand geben. «Ich bin heute sehr viel besser als noch vor Jahren. Ich kann mithilfe meines Teams sogar wieder alleine stehen und sogar ein paar Schritte laufen», schreibt der Chatbot-Schumacher etwa.
Der echte Schumacher zog sich im Dezember 2013 bei einem Skiunfall in den französischen Alpen schwerste Kopfverletzungen zu. Seitdem wurde er nicht mehr in der Öffentlichkeit gesehen und seine Familie verweigert konsequent Auskunft über seinen konkreten Gesundheitszustand. «Michael ist ja da. Anders, aber er ist da», sagte seine Frau Corinna 2021 in einer Netflix-Dokumentation als eine der ganz wenigen Äusserungen über seinen Zustand.
Gegen Medien, die Spekulationen anstellen, geht die Familie regelmässig juristisch vor. Das wird jetzt auch gegen die «Die Aktuelle», die im Funke-Verlag erscheint, vorbereitet, wie das Management des Rennfahrers «Übermedien» bestätigte.
Die Familie von Michael #Schumacher geht juristisch gegen „Die Aktuelle“ vor. Das hat uns Schumachers Management bestätigt. Das Blatt hatte KI-Antworten als „Das erste Interview!“ mit Schumacher verkauft.
Die Insinuation, Angehörige oder gar Schumacher selbst hätten den Chatbot mit Informationen versorgt, dürften die Anwält*innen der Familie dabei besonders in den Fokus nehmen. Denn «Die Aktuelle» schrieb im Begleittext zum «Interview»:
«Woher weiss diese KI die persönlichen Hintergründe? Über Ehe, Kinder und Krankheiten? Jemand muss die Informationen – wie in Wikipedia – im Internet eingegeben haben. War es wirklich Schumi selbst, der aus dem Krankenbett heraus die Infos eintippte? Oder etwa jemand aus der Familie, Pfleger oder Angestellte? Die Antworten klingen jedenfalls täuschend echt! Zu schön, um wahr zu sein?»
Chatbots erfinden ständig Aussagen
Wie inzwischen allgemein bekannt sein sollte, erfinden Chatbots vor allem sehr viele Dinge. Denn sie sind gut darin, kohärente Sätze zu formulieren und weniger gut darin, die Wahrheit zu verkünden. Das gilt besonders für die Website character.ai, die allein zu Unterhaltungszwecken existiert.
Dort gibt es einen Schumacher-Bot, der offenbar von «Die Aktuelle» verwendet wurde. Doch im Chatfenster steht auch in nicht zu übersehender roter Schrift: «Denk daran: Alles, was die Characters sagen, ist erfunden.»