Streaming-DienstNetflix will gegen das Passwort-Teilen vorgehen
Dirk Jacquemien
17.3.2022
Das Netflix-Passwort mit Familie und Freunde zu teilen gehört inzwischen zum guten Stil. Jetzt könnte der Streaming-Anbieter dem Treiben ein Ende zu setzen.
Dirk Jacquemien
17.03.2022, 16:14
Dirk Jacquemien
Netflix plant offenbar, gegen das weit verbreitete Teilen von Passwörter vorzugehen. In drei lateinamerikanischen Ländern führt der Video-Dienst nun eine Gebühr ein, die Kund*innen zahlen müssen, falls eine Person ausserhalb ihres Haushaltes den Account nutzt.
In den Nutzungsbestimmungen von Netflix hiess es schon immer, dass ein Konto nur von Mitgliedern des selben Haushalt verwendet werden darf. In der Praxis hält sich allerdings kaum ein/e Netflix-Abonnent*in daran. Die Zugangsdaten werden vielfach an in anderen Haushalten lebenden Familienmitgliedern und Freund*innen weitergegeben.
Passwort-Sharing ist Kulturgut
Dieser Umgang mit den Netflix-Zugangsdaten ist so ein fester Bestandteil der Kultur geworden, dass manche getrennte Paare gar das fortwährende Teilen des Passworts in ihrer Scheidungsvereinbarung festhalten, wie jüngst die «Associated Press» berichtete.
Natürlich ist auch Netflix bekannt, wie weit verbreitet die Praxis ist und tolerierte sie über ein Jahrzehnt lang. Sollte das Unternehmen nun dagegen vorgehen, dürfte das für sehr grossen Unmut in der Kundschaft sorgen, der sich zweifellos auch in Kündigungen widerspiegeln würde.
Anderes als noch vor wenigen Jahren geht es mit Netflix nicht mehr kontinuierlich bergauf. Die Zahl neuer Abonnent*innen stagniert, der Aktienkurs hat sich in den letzten sechs Monate fast halbiert. Um die Gewinnerwartungen zu retten, erhöhte das Unternehmen in den vergangenen Monaten weltweit die Preise, in der Schweiz kostet der Standard-Plan seit Januar 18.90 Franken im Monat. Will man Inhalte in 4K sehen, sind sogar 24.90 Franken fällig.
Die als Test deklarierte Gebühr wird zunächst in den vergleichsweise kleinen Märkten Peru, Chile und Costa Rica erhoben. Netflix-Nutzer*innen hierzulande müssen hoffen, dass die lateinamerikanischen Kund*innen nach Einführung der Gebühr reihenweise Reisaus nehmen. Sonst müssten auch Schweizer Nutzer*innen zukünftig tiefer in die Tasche greifen, wenn das Grosi oder der Ex die neuste Staffel «Squid Game» sehen wollen.