US-Vorwahlen In jeder Hinsicht ein Reinfall – diese App sorgte für das Iowa-Fiasko

dj

5.2.2020

Chaos bei den Abstimmungen der Demokraten in Des Moines, Iowa: Der Schuldige ist gefunden.
Chaos bei den Abstimmungen der Demokraten in Des Moines, Iowa: Der Schuldige ist gefunden.
Bild: Keystone

Eine unausgereifte App sorgte bei der Auszählung der Iowa-Wahl für das Debakel der Demokraten: Sie war von der Entwicklung über die Installation bis zur Bedienung in jedem Aspekt ungenügend.

Am Montag wollten die US-Demokraten in Iowa triumphal ins Wahljahr 2020 starten und den Amerikanern zeigen, dass sie echte Alternativen zu Donald Trump bereithalten. Stattdessen gab es Chaos, am Wahlabend wurden keinerlei Ergebnisse des Caucus veröffentlicht — erst knapp 24 Stunden später gab es erste, unvollständige Zahlen. Der vermeintliche Hauptverantwortliche für das Fiasko wurde dagegen schnell gefunden: eine App.

«IowaReporterApp» nennt sich der Schuldige. Mit dieser App sollten die Wahlvorsteher in den rund 1'700 Wahllokalen im Bundesstaat ihre Ergebnisse an die Parteizentrale der Demokraten in der Hauptstadt Des Moines übertragen. Doch quasi jeder Aspekt der App, von der Entwicklung über die Installation bis zur Bedienung, war ein absolutes Desaster.

Demokraten fielen bei Tech zurück

Die «IowaReporterApp» wurde von einer Firma namens Shadow entwickelt — im Nachhinein ein wenig vertrauenserweckender Name. Shadow ist ein Tochterunternehmen der gemeinnützigen «Digital Media»-Firma Acronoym, die sich zum Ziel gesetzt hat, Apps und andere Technologie-Lösungen für demokratische Organisationen und Politiker zu entwickeln.

Eine Fehlermeldung der «IowaReporterApp». Ja, da ist tatsächlich was falsch gelaufen.
Eine Fehlermeldung der «IowaReporterApp». Ja, da ist tatsächlich was falsch gelaufen.
Shadow

Zu Obamas Zeiten waren die Demokraten den Republikanern haushoch überlegen, wenn es um die digitale Präsenz ging. Die Wahl 2016 zeigte jedoch, dass sich diese Verhältnisse umgedreht hatten. Mangelhafte Sicherheitsvorkehrungen sorgten dafür, dass russische Hacker sensible Interna der Kampagne von Hillary Clinton klauen konnten.

Bei Werbung auf Facebook war die Kampagne von Donald Trump dank Mikrotargeting um ein Vielfaches effektiver als die Rivalin. Acronoym sollte dafür sorgen, dass die Demokraten im Tech-Bereich wieder Anschluss bekommen.

Troy Price, der Vorsitzende der Demokraten in Iowa, gab Shadow den Auftrag für die Entwicklung der App.
Troy Price, der Vorsitzende der Demokraten in Iowa, gab Shadow den Auftrag für die Entwicklung der App.
Keystone

Völlig überfordert

Doch dieser Aufgabe waren Acronym und Shadow, die im selben Büro arbeiten, ganz offensichtlich nicht gewachsen. Laut «The Outline» beschreibt ein Acronym-Mitarbeiter die Firma als den «mit Abstand am meisten desorganisierten Ort, an dem ich je gearbeitet habe». Die App wurde offenbar in kürzester Zeit entwickelt und nie ausreichend getestet.

Die «IowaReporterApp» wurde auch nicht über die App Stores verteilt, sondern über TestFairy und TestFlight, zwei Plattformen für Android respektive iOS, die für das Beta-Testing von Apps gedacht sind. Die Wahlvorsteher, alles Freiwillige und häufig gediegenen Alters, mussten also aktiv Sicherheitsvorkehrungen auf ihren Privat-Smartphones deaktivieren, um die App installieren zu können.

Laut der «New York Times» ist dies nur knapp einem Viertel der Wahlvorsteher gelungen. Doch selbst wer hier erfolgreich war, stiess auf massive Probleme. Zum Login musste die Zwei-Faktor-Authentisierung verwendet werden — eigentlich eine sinnvolle Sicherheitsmassnahme. Doch der generierte Code für das Einloggen funktionierte vielfach nicht, wie «Vice» berichtet.

Backup überlastet

Wenn dann ein Wahlvorsteher all diese Hürden überwunden konnte und die Ergebnisse aus seinem Wahllokal in der App eingetragen hatte, kam ein weiteres Problem hinzu. Ein «Coding-Problem», wie es die Partei ausdrückt, habe dazu geführt, dass korrekt von der App übermittelte Zahlen nicht korrekt ausgewertet wurden.

Als Backup war von der Partei eine Telefon-Hotline vorgesehen. Doch diese war in der Wahlnacht offenbar nicht auf Tausende Anrufe von Wahlvorstehern eingerichtet und wies stundenlange Warteschleifen auf. Als das führte dann dazu, dass sich die Demokraten vollends vor der Weltöffentlichkeit blamierten und Trump sich in Schadenfreude üben konnte.

Demokraten müssen aufholen

Acronym versuchte sich nach dem Debakel noch wenig erfolgreich von Shadow zu distanzieren. Auf der eigenen Website hiess es nun, man habe in Shadow nur «investiert» — wenige Tage zuvor stand dort noch, man habe Shadow «gestartet».

Und Demokraten landesweit haben nun ein Problem. Wenn sie Trump im November schlagen wollen, müssen sie im digitalen Bereich noch mächtig aufholen. Der erste Test kommt schon in wenigen Wochen. Der für den 22. Februar angesetzte Nevada Caucus sollte ebenfalls eine von Shadow entwickelte App nutzen. Die dortigen Verantwortlichen haben sich nun aber selbstredend von diesem Plan verabschiedet und suchen nach Alternativen.

Galerie: Chaotischer Wahlstart der Demokraten

Zurück zur Startseite