Swisscom Magazin Zuschauen statt selbst spielen? Wo ist da der Reiz?

Hansjörg Honegger

19.3.2019

«Let`s Plays» haben auf YouTube Millionen von Zuschauern.
«Let`s Plays» haben auf YouTube Millionen von Zuschauern.
Bild: Swisscom

Es ist ein Phänomen, das viele Erwachsene nicht so richtig verstehen: Kinder und Jugendliche schauen auf Youtube und Twitch anderen beim Videospielen zu. Warum nur tun sie das?

Videogames sind ein heikles Thema für Eltern. Welche Games, wie viel, mit wem sind häufige Diskussionspunkte. Komplett verständnislos sind Eltern aber häufig, wenn der Nachwuchs nicht selbst spielt, sondern lediglich anderen Spielern auf Youtube oder Twitch zuschaut. Wenn Kinder und Jugendliche begeistert von einem «Let’s Play» erzählen, schütteln die Eltern nur den Kopf – um es sich gleich darauf vor dem Fernseher gemütlich zu machen und sich bei ihrer Lieblingssendung zu entspannen. Was beim Nachwuchs denselben Gähn-Effekt haben dürfte.

Die Zahlen zeigen aber: Manch ein TV-Sender würde sich die Finger ablecken, wenn er auch nur annähernd so viele Zuschauer hätte, wie gewisse Youtube-Kanäle. Unter den 10 erfolgreichsten Youtubern der Welt findet man nicht nur Superstars wie Rihanna oder Taylor Swift, sondern eben auch einige Gamer. Der erfolgreichste von allen Youtubern überhaupt ist der Schwede Felix Kjellberg mit aktuell 88 Millionen Abonnenten. Unter dem Nicknamen PewDiePie schuf er sich ab 2010 als Let’s Player von Horrorgames eine wachsende Fangemeinde. Im deutschen Sprachraum war Erik Range alias Gronkh lange Zeit der erfolgreichste Youtuber, er hat aktuell noch gut 4,8 Millionen Abonnenten.

Eigentlich total langweilig

Warum aber schauen sich Millionen junger Menschen diese Videos an? Unterhaltung und Information sind die beiden häufigsten Motivationen. Ist das Let’s Play unterhaltend, steht der Spieler – oder besser: der Moderator – im Vordergrund und nicht unbedingt das Game selbst. Besonders schön zeigt Gronkh, wie das funktioniert: Der deutsche Youtuber spielt selten massentaugliche Titel, sondern beschäftigt sich gern mit unbekannten, merkwürdigen oder sogar etwas langfädigen Spielen. Er fesselt seine Zuschauer mit Witz und Charme. So kann es vorkommen, dass ihm Zehntausende 40 Minuten lang in einem so genannten Survival Game zuschauen, wie er Bäume fällt. Ein Rohstoff, den er für den Bau einer Basis braucht. Er überbrückt diese Zeit mit Nonsens, Philosophie, Verweisen auf ältere Games und lockerem Geplauder. Ganz so, wie es grosse Comedians am Fernsehen tun.

Wer selbst spielt, schaut Let’s Plays auch, um sich zu informieren und letztlich besser zu werden. Was tun gute Spieler? Welche Taktik wenden sie an, wie ist ihr Game eingestellt und wie verhalten sie sich? Die Person des Spielers tritt in den Hintergrund, das Spiel selbst ist der wichtige Treiber für die Zuschauer. Diese Spieler decken vor allem häufig gespielte Games ab, die taktisch anspruchsvoll sind. Echtzeit-Strategie-Games wie League of Legends etwa oder Shooter wie Fortnite oder Battlefield. Der Polnisch-Kanadier Michael Grzesiek alias Shroud ist so einer: Unterhaltsam wie trockenes Brot, begeistert er seine rund 4,8 Millionen Fans mit seinen schon fast überirdischen Fähigkeiten als Spieler.

Youtube ist sowas von gestern

Youtube ist für Grzesiek allerdings mittlerweile nur noch ein Zweitverwertungskanal. Er ist seit einiger Zeit auf dem Streaming-Portal Twitch sehr erfolgreich präsent. Wo Youtube Videos jederzeit zur Verfügung stellt, hat Twitch fixe Sendezeiten: Die Zuschauer finden sind zu Live-Übertragungen ein und kommentieren das Geschehen in Echtzeit. Ein Zusammenschnitt der besten Szenen landet dann noch auf Youtube. Shroud hat auf Twitch gut 5,9 Millionen Followers und bis Ende Februar 2019 sagenhafte 214 Millionen Video Views. Etwas absurd ist es ja schon: In Zeiten von zeitversetztem Fernsehen versammelt sich die Jugend wieder zu einem bestimmten Zeitpunkt vor dem Bildschirm.

Interaktives Fernsehen mit dem Liebsten

Neben den ganzen Let’s Playern mit Millionenpublikum gibt’s auch noch Menschen wie Gaby: Sie schaut ihrem Freund zu, wenn er spielt, ganz ohne Youtube. «Red Dead Redemption» beispielsweise. «Das ist besser, als gemeinsam einen Film anzuschauen. Wir können die Handlung beeinflussen, diskutieren, was als nächstes getan werden sollen, lachen zusammen über Missgeschicke und freuen uns, wenn wir eine Aufgabe lösen.» Interaktives Fernsehen – der Traum vieler Programmverantwortlichen – gibt’s also ganz unspektakulär bereits heute.

Dieser Artikel stammt aus dem «Swisscom Magazin», wo man auch weitere Geschichten rund um das Thema Digitalisierung findet.

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