«Kirby und das vergessene Land» Das ultimative Gute-Laune-Spiel?

Domagoj Belancic

23.3.2022

Das rosafarbene Nintendo-Maskottchen bekommt mit «Kirby und das vergessene Land» endlich sein erstes «richtiges» 3D-Spiel spendiert – und das hat es in sich.

Domagoj Belancic

Wer schon mal ein «Kirby»-Game gespielt hat, wird sich auch im «vergessenen Land» sofort zu Hause fühlen. Das Grundprinzip der Spielserie bleibt im neuesten Ableger nämlich unangetastet. Der ballförmige Hauptprotagonist rennt, hüpft und schwebt in gewohnter Jump’n’Run-Manier durch liebevoll gestaltete Spielwelten. Dabei kann er verschiedene Gegenstände und Gegner einsaugen und dadurch ihre Fähigkeiten kopieren und selbst einsetzen.

Neu passiert das Ganze nicht in simplen 2D-Levels, sondern in relativ ausgeklügelten 3D-Umgebungen, in denen es zahlreiche versteckte Bereiche und Geheimnisse zu entdecken gibt.

Schöne neue 3D-Welt

Kirby und seine «Waddle Dee»-Freunde werden am Anfang des Games durch einen interdimensionalen Strudel in eine mysteriöse postapokalyptische Welt transportiert, die von einem bösartigen «Bestienrudel» beherrscht wird.

Auf seinem Abenteuer muss Kirby nun möglichst viele seiner Kumpel aus den Fängen dieser Bestien befreien. Dabei verschlägt es ihn in unterschiedliche Regionen mit verlassenen Einkaufszentren, heruntergekommenen Fabriken und vereinsamten Vergnügungsparks.

Das postapokalyptische Thema wird dabei auf eine erfrischende Art und Weise angegangen – statt düsterer Endzeitstimmung, versprühen die Ruinen der «vergessenen Welt» eine fröhliche und unbeschwerte Atmosphäre. Das liegt nicht zuletzt auch an den zuckersüssen Gegnern, die Kirby in den Levels besiegen muss. Die Viecher sind teilweise so niedlich, dass man sie gar nicht wirklich angreifen will.

Auch die technische Umsetzung des Games macht Freude. Abgesehen von vereinzelten Framerate-Einbrüchen und einer relativ eingeschränkten Weitsicht, ist «das vergessene Land» mit seinen detailverliebten, farbenfrohen und sehr abwechslungsreichen Welten wohl das schönste Kirby-Game aller Zeiten.

Der heitere Soundtrack rundet den hervorragenden visuellen Eindruck zudem mit zahlreichen Ohrwurm-Liedern ab.

Strandfeeling pur: Kirby verschlägt es auf seiner Reise auch in ein wunderschönes Tropenparadies.
Strandfeeling pur: Kirby verschlägt es auf seiner Reise auch in ein wunderschönes Tropenparadies.
Nintendo

Auf geheimer Mission

Neben den zahlreichen «Waddle Dees», die in den Levels auf ihre Rettung warten, gibt es auch geheime Missionen zu entdecken, die den Spieler mit sammelbaren Gegenständen, Münzen und Blaupausen für Fähigkeiten-Upgrades belohnen. Die teilweise gut versteckten Aufgaben machen Spass und motivieren dazu, die Levels ganz genau zu erforschen und mehrmals durchzuspielen.

Um einige der geheimen Missionen zu absolvieren, muss Kirby ab und zu kleine Puzzles lösen, die auf clevere Art und Weise in die Umgebung eingebunden sind. Das sind zwar meistens keine super komplizierten Rätsel auf «Zelda»-Niveau, sie bringen aber trotzdem eine willkommene Abwechslung in den Jump’n’Run-Alltag. Zudem zwingen die Puzzles den Spieler mit den verschiedenen Fähigkeiten zu experimentieren, die Kirby mit dem Einsaugen der Gegner kopieren kann.

Im «vergessenen Land» kann Kirby aber nicht nur seine Gegner verspeisen – dank des neuen «Vollstopf-Modus» kann der nimmersatte Allesfresser neu auch grosse Gegenstände in den Mund nehmen. Von ganzen Autos, bis hin zu Getränkeautomaten, Treppen und sogar Achterbahnwagons – nichts ist vor Kirbys unersättlichem Appetit sicher. Die Abschnitte, in denen dieser neue Modus eingesetzt werden kann, sind an Absurdität kaum zu überbieten und stellen mit den kreativen Gameplay-Mechaniken ein klares Highlight des Spiels dar.

Ziemlich praktisch: Mit einem Auto im Mund, kann Kirby seine Gegner ganz einfach überfahren.
Ziemlich praktisch: Mit einem Auto im Mund, kann Kirby seine Gegner ganz einfach überfahren.
Nintendo

Verrückte Upgrades

Wenn Kirby mal nicht durch die Levels hüpft und Gegner frisst, kann er sich seine Zeit in der «Waddle Dee Stadt» vertreiben. Die Heimat von Kirbys Kumpels dient als zentraler Hub des Spiels. Je mehr «Waddle Dees» in den Levels befreit werden, desto belebter wird die Stadt und desto mehr neue Funktionen und Spielwelten werden freigeschaltet. Kurzweilige Minispiele, ein Kino mit Kirby-Videos und sogar ein Kolosseum mit diversen Wettkämpfen werden dem Spieler im Verlauf des Abenteuers unter anderem zugänglich gemacht.

Besonders spannend ist der Waffenladen, in dem Kirby seine kopierten Fähigkeiten permanent weiterentwickeln kann. Wer über die notwendigen Upgrade-Blaupausen verfügt und in den Levels genug Sterne und Münzen gesammelt hat, kann die anfangs eher lahmen Fähigkeiten des rosafarbenen Helden relativ schnell in sensationell inszenierte und übermächtige Waffen hochleveln. Mit der voll entwickelten Feuer-Fähigkeit kann sich Kirby beispielsweise in einen feuerspeienden Drachen verwandeln, der seine Feinde aus der Luft angreifen kann.

Wer das Game nicht ganz alleine spielen will, kann sich im «Team-Modus» übrigens jederzeit einen zweiten Spieler zur Seite holen. Schade ist nur, dass dieser zweite Spieler im Gegensatz zu Kirby keine besonderen Fähigkeiten einsetzen kann und auf relativ unspektakuläre Speer-Attacken reduziert wird, die ihren Reiz relativ schnell verlieren.

Überraschung! Mit der Bohrer-Fähigkeit kann Kirby seine Feinde aus dem Untergrund angreifen.
Überraschung! Mit der Bohrer-Fähigkeit kann Kirby seine Feinde aus dem Untergrund angreifen.
Nintendo

Das Problem mit dem Schwierigkeitsgrad

Wer auf der Suche nach einem anspruchsvollen Jump’n’Run ist, wird bei «Kirby und das vergessene Land» definitiv nicht fündig. Das Game richtet sich mit seinem sehr niedrigen Schwierigkeitsgrad und der kinderfreundlichen Aufmachung vor allem an jüngere und unerfahrene Gamer. Leider wirkt sich das auch negativ auf das allgemeine Spielerlebnis aus. Theoretisch bietet das Spiel mit all seinen verrückten Ideen rund um die freischaltbaren Fähigkeiten sehr viel Abwechslung. Einige Fähigkeiten sind aber so übermächtig, dass sie grosse Teile des Spiels belanglos einfach machen.

Zudem zwingt das Game den Spieler nur sehr selten, wirklich Gebrauch von den verschiedenen Fähigkeiten zu machen. Nur die Puzzles, manche Bosskämpfe und einige zeitlich begrenzte Bonus-Levels motivieren dazu, ein bisschen strategischer zu denken und sich vertiefter mit den teilweise echt ausgeklügelten Gameplay-Mechaniken auseinanderzusetzen.

Ein bisschen mehr Balance und Abstimmung im Schwierigkeitsgrad hätte dem Game insgesamt also sehr gutgetan. Schade, denn Nintendo hat mit zahlreichen anderen vergleichbaren Jump’n’Runs bereits bewiesen, dass es durchaus möglich ist, sowohl absolute Neueinsteiger als auch erfahrene Gamer mit einer skalierbaren Schwierigkeit bei Laune zu halten. Nichtsdestotrotz ist «Kirby und das vergessene Land» ein gelungener erster Aufschlag des pinken Maskottchens in der «richtigen» 3D-Welt. Ich bin gespannt, in welche Dimension es den kleinen Allesfresser als nächstes verschlägt.