Harte Sanktionen Biden verschärft den Chip-Krieg gegen China

Von Dirk Jacquemien

24.10.2022

Biden und Xi haben sich seit Amtsantritt des US-Präsidenten nur virtuell getroffen.
Biden und Xi haben sich seit Amtsantritt des US-Präsidenten nur virtuell getroffen.
Getty Images

Joe Biden eskaliert den von Donald Trump gestarteten Tech-Krieg gegen China und will dessen Chip-Industrie ausbremsen. Das Land soll nicht eigenständig werden können, so die Motivation in Washington.

Von Dirk Jacquemien

US-Präsident Joe Biden will mit aller Macht verhindern, dass China in absehbarer Zeit autonom in der Lage sein wird, Halbleiterchips nach neuster Technik zu produzieren. US-Sanktionen und -Einschränkungen könnten dabei die chinesische Chipindustrie um Jahre zurücksetzen.

Vor knapp zwei Wochen führte die Biden-Regierung neue Exportbeschränkungen ein. Für Verkäufe von Hightech an bestimmte chinesische Unternehmen und Organisationen, zu denen quasi alle Chiphersteller des Landes zählen, braucht es künftig eine Lizenz.

Und das gilt nicht nur für US-Unternehmen, sondern für alle Firmen weltweit, die bei der Herstellung ihrer Produkte US-Technologie einsetzen — was im Hightech-Sektor praktisch überall der Fall ist. Auch dürfen US-Bürger*innen nun nicht mehr ohne Genehmigung bei diesen chinesischen Firmen arbeiten.

Trump war Vorreiter

Erstmals eingesetzt wurde dieser Ansatz während der Amtszeit von Donald Trump. Doch damals galten die Einschränkungen nur für einige wenige Firmen, vor allem Huawei. Dessen Smartphone-Geschäft brach daraufhin um knapp die Hälfte ein. Dieser Erfolg scheint die US-Regierung nun motiviert zu haben, das Netz noch viel breiter aufzuspannen.

Offiziell begründet sie das mit Sorgen, dass die Technologie militärisch eingesetzt werden könnte, China also damit etwa die Genauigkeit seiner Raketen verbessern könnte. Aber Haupteffekt wird sicherlich sein, dass der Fortschritt der chinesischen Chipindustrie jäh abgebremst wird.

US-Chipindustrie wenig beeindruckend

Dabei ist die amerikanische Chipindustrie fast genauso rückständig, nur Europa ist wie so oft noch weiter abgehängt. Denn wenn es um wirklich hochmoderne Chips mit neuster Bauweise geht, sitzen die Marktführer im ausserchinesischen Asien, vor allem in Südkorea mit Samsung und Taiwan mit TSMC.

Zu Hause in den USA soll der im Sommer verabschiedete Chips Act mit milliardenschweren Subventionen und Steuervergünstigungen die Chip-Produktion ankurbeln. Ob dieses Giesskannen-Prinzip aber wirklich merkliche Verbesserung bei den heimischen Kapazitäten bringen wird, ist noch völlig unklar.

Massnahme zum Schutz Taiwans?

Paradoxerweise könnte die teilweise Abkoppelung Chinas vom High-Tech-Weltmarkt dafür sorgen, dass das Land noch länger auf den Zugang zu ebenjenem angewiesen ist. Denn erklärtes Ziel von Staats- und Parteichef Xi Jinping ist die «Souveränität» Chinas in allen Bereichen. Die Fertigung von High-Tech-Chips ist einer der wenigen Bereiche, wo man noch auf Hilfe von aussen angewiesen ist.

Sollte China nun aber auch hier die Eigenständigkeit erreichen, hätte es möglicherweise weniger Skrupel, die internationale Ordnung zu stören, etwa mit einer Invasion von Taiwan. Daher solle dieser Moment so weit wie möglich hinausgezögert werden, so die Gedankengänge der Entscheidungsträger in Washington.

Reaktion Chinas unklar

Wie China in der näheren Zukunft auf die Massnahmen regieren wird und ob es zum Gegenschlag ansetzen wird, etwa durch Einschränkungen beim Export von für die Branche wichtigen Ressourcen wie Seltenen Erden, ist unklar. Das Industrieministerium hat aber bereits eine Krisensitzung mit den Chip-Herstellern einberufen, wie «Bloomberg» berichtet.

Die Staats- und Parteiführung war in den vergangenen Wochen mit dem alle fünf Jahre stattfindenden Parteitag der Kommunistischen Partei beschäftigt, auf der Xi für eine dritte Amtszeit bestätigt wurde, als erster oberster Führer seit Mao Zedong.

Ausserdem steckt China derzeit in einer veritablen Wirtschaftskrise, die eine Eskalation des Chip-Konflikts noch verschärfen könnte. Dass die Veröffentlichung der neusten Zahlen zum Bruttoinlandprodukt ohne Erklärung verschoben wurde, deutet ebenfalls auf erhebliche Schwierigkeiten hin.