Historischer Prozess gestartetTheoretisch drohen Donald Trump jetzt 136 Jahre Gefängnis
Andreas Fischer
15.4.2024
Für Donald Trump ist es ein «Angriff auf Amerika». Für Amerika ist es ein Novum: Erstmals in der Geschichte der USA sitzt ein früherer US-Präsident in einem Strafprozess auf der Anklagebank. Der Prozess hat begonnen.
Andreas Fischer
15.04.2024, 17:49
24.04.2024, 14:57
Andreas Fischer
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
Donald Trump muss sich erneut vor Gericht verantworten: Als erster ehemaliger US-Präsident ist er in einem Strafprozess angeklagt.
Der Prozess beginnt mit der Auswahl der Geschworenen – ein Prozedere, das sich über mehrere Tage hinziehen kann.
Trump wird vorgeworfen, nach der Zahlung von Schweigegeld an eine Pornodarstellerin Geschäftsunterlagen gefälscht zu haben.
Heute hat das erste Strafverfahren gegen einen ehemaligen Präsidenten in der Geschichte der USA begonnen. Donald Trump, der im Herbst zurück ins Weisse Haus will, steht in New York vor Gericht.
Trump ist am Morgen (Ortszeit) am Gerichtsgebäude in Manhattan eingetroffen. Er gab sich gewohnt siegessicher und bezeichnete den Prozess vor Medien als «Angriff auf Amerika», orchestriert von einer unfähigen Regierung unter Joe Biden.
Zum Auftakt steht die Auswahl der Geschworenen auf der Tagesordnung. Dieses Prozedere allein könnte sich über mehrere Tage hinziehen. Insgesamt könnte der Prozess nach Gerichtsangaben bis zu acht Wochen dauern. Trump muss bei dem Prozess immer anwesend sein, vier Tage die Woche.
So läuft die Auswahl der Geschworenen
Damit der eigentliche Prozess gegen Donald Trump um Schweigegeldzahlungen beginnen kann, müssen erst einmal zwölf Geschworene und sechs Ersatzkandidaten ausgewählt werden. Dazu werden im Gerichtssaal Dutzende Menschen befragt. Sie werden nur mit Nummern bezeichnet, bis auf Staatsanwälte und Verteidiger soll niemand ihre Namen wissen.
Nachdem sie einige grundlegende Informationen über den Fall und den Dienst als Geschworene gehört haben, werden die angehenden Geschworenen gebeten, die Hand zu heben, wenn sie glauben, dass sie nicht als Geschworene fungieren können oder nicht fair und unparteiisch sein können. Diejenigen, die dies tun, werden entlassen, wie Merchan in der letzten Woche mitteilte. Die übrigen werden zugelassen und müssen sich 42 vorab genehmigten, manchmal mehrstufigen Fragen stellen.
«Haben Sie starke Meinungen oder feste Überzeugungen in Bezug auf den ehemaligen Präsidenten Donald Trump oder die Tatsache, dass er derzeit für das Präsidentenamt kandidiert, die Ihre Fähigkeit beeinträchtigen würden, ein fairer und unparteiischer Geschworener zu sein?», lautet etwa eine der Fragen.
In anderen Fragen wird nach der Teilnahme an Trump- oder Anti-Trump-Kundgebungen, nach Meinungen darüber, wie er in dem Fall behandelt wird, nach Nachrichtenquellen und vielem mehr gefragt – darunter auch nach «politischen, moralischen, intellektuellen oder religiösen Überzeugungen oder Meinungen», die den Fall beeinflussen könnten.
Auf der Grundlage der Antworten können die Anwälte einen Richter bitten, Personen «aus wichtigem Grund» auszuschliessen. Ausserdem kann der Ausschluss von zehn potenziellen Geschworenen und zwei Ersatzkandidaten ohne Angabe von Gründen beantragt werden.
Der 77-Jährige ist im Zusammenhang mit Schweigegeldzahlungen an die Pornodarstellerin Stormy Daniels angeklagt. Die Staatsanwaltschaft legt Trump Fälschung von Geschäftsunterlagen zur Last. Insgesamt geht es um 34 Straftatbestände, die jeweils mit bis zu vier Jahren Gefängnis bestraft werden könnten. Trump hat auf «nicht schuldig» plädiert.
Im Fall einer Verurteilung könnte Trump, der im November erneut zum US-Präsidenten gewählt werden will, eine mehrjährige Gefängnisstrafe drohen. Theoretisch könnte Trump zu 136 Jahren Gefängnis verurteilt werden.
Hintergrund ist, dass Trump 2016 kurz vor seiner Wahl zum Präsidenten 130'000 US-Dollar Schweigegeld an Stormy Daniels zahlen liess. Daniels hatte behauptet, sie habe Sex mit Trump gehabt. Trump bestreitet zwar die Affäre, aber nicht, dass Geld geflossen ist.
Schweigegeld sollte vertuscht werden
Alvin Bragg, Staatsanwalt von Manhattan, muss den Geschworenen nun beweisen, dass Trump seinen damaligen Anwalt Michael Cohen angewiesen hat, die Zahlung an Daniels zu leisten, um die Wahl 2016 zu beeinflussen. Konkret: Indem er mit der Zahlung verhinderte, dass unschöne Geschichten über Trump veröffentlicht wurden.
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Amerika wählt am 05. November einen neuen Präsidenten. Aber nicht nur der Präsident, sondern auch 35 Senatssitze, das komplette Repräsentantenhaus sowie elf Gouverneure werden neu gewählt. blue News begleitet die heisse Phase des Duells um das Weisse Haus nicht nur mit dem Blick aus der Schweiz, sondern auch mit Berichten direkt aus den USA.
Patrick Semansky/AP/dpa
Laut Anklageschrift hatte Trump Cohen während seiner ersten Monate als Präsident im Jahr 2017 420’000 US-Dollar in einem Dutzend Raten geschickt. Verbucht wurden die Zahlungen in internen Dokumenten der Trump-Organisation fälschlicherweise als Rechtskosten, unter Berufung auf eine Honorarvereinbarung. Allerdings waren in dem Betrag 130’000 Dollar als Erstattung für das Schweigegeld enthalten. Trump hat neun der Schecks persönlich unterzeichnet.
Schweigevereinbarungen zwischen zwei Parteien sind nicht grundsätzlich illegal. Trump wird aber vorgeworfen, er habe die Zahlungen unrechtmässig verbucht, auf illegale Weise zu verschleiern versucht und damit andere Gesetzesverstösse vertuschen wollen.